Abschied vom Fahrschein: Fahrgastverband hat nichts gegen digitale Tickets
Die Bahn wird digital und will in den kommenden Jahren den klassischen Fahrschein abschaffen. Die Kundenlobby begrüßt die Pläne - hat aber einige Wünsche.
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Pläne der Deutschen Bahn, in Zukunft klassische Fahrkarten zu Gunsten von digitalen Tickets abzuschaffen. „Das ist der Weg, den man gehen muss“, sagte Karl-Peter Naumann von Pro Bahn am Montag dem Tagespiegel. Ein wachsender Teil der Bahn-Kunden wolle künftig per Smartphone bezahlen sowie ein- und auschecken. Dabei müsse allerdings der Datenschutz „sehr ernst genommen werden“, fügte Nauman hinzu. Wenn der Zug der Zukunft erkennen könne, ob ein Passagier mit einem gültigen Ticket eingestiegen sei, dürften dabei keine individuellen Bewegungsprofile erstellt werden. „Es geht nur um Informationen über Reiserouten, die der Bahn eine bessere Angebotsplanung ermöglichen“, sagte Naumann. Natürlich verbilligten E-Tickets auch den Fahrkartenvertrieb. Die Umstellung dürfe dabei nicht „von heute auf morgen“ erfolgen, weil es immer noch viele Fahrgäste gebe, die ein Papierticket bevorzugten. „Ideal wäre es, wenn beide Systeme parallel anliefen und die Digitalisierung zusammen mit den Kunden entwickelt würde“, sagte Naumann.
"Touch & Travel" Ende 2016 eingestellt
Bahnchef Richard Lutz hatte am Wochenende in einem Interview gesagt, beim digitalen Ticketing sei die Bahn noch im Versuchsstadium. „Aber ich glaube, dass diese Entwicklung in den nächsten Jahren Stück für Stück kommen wird“, sagte Lutz. Künftig werde man „kein Ticket mehr für die Bahn brauchen“.
Neu sind die Überlegungen des Bahn- Chefs nicht. Ende 2016 hatte die Bahn ihr Ticket-System „Touch&Travel“ eingestellt, an dem zuletzt rund 100000 Kunden versuchsweise teilgenommen hatten. Allerdings war es kompliziert. Kunden mussten sich manuell einloggen und auschecken. „Ich war Test-Kunde, das war viel zu aufwändig“, sagte Karl-Peter Naumann. Die Bahn entwickelt die hinter „Touch& Travel“ stehende Technologie weiter. Zusammen mit dem Berliner Start-up Motion Tag stellte der Schienenkonzern im März einen Prototypen der Smartphone App „Ticket Easy“ auf der Computermesse Cebit vor.
Ab 2019 keine Papierfahrkarten mehr?
Nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) können heute drei Viertel der deutschen Wohnbevölkerung schon ein eTicket oder ein Ticket per Handy nutzen. Das entspricht rund 240 der 400 Kreise und kreisfreien Städte. Auch die Bahn verkaufte zuletzt pro Tag im Schnitt 27000 Handy-Tickets. Damit ist aber noch nicht die digitale Vernetzung von Passagieren und Angeboten verbunden. Das Verkehrsmininsteriuem fördert die digitale Vernetzung im ÖPNV. Bis 2019 sollen Papierfahrkarten für Busse und Bahnen in fast allen deutschen Städten überflüssig werden. Der VDV hält das für „ambitioniert“. Priorität habe die digitale Vernetzung. „Das Papierticket kann und wird es für bestimmte Zielgruppen auch weiterhin geben“, heißt es beim Verband.
Verbraucherschützer begrüßen das Engagement der Verkehrsverbünde und der Bahn beim Thema Vernetzung und Digitalisierung. „Das nimmt endlich Fahrt auf und nicht jeder Verbund macht mehr nur sein eigenes Ding“, sagte Marion Jungbluth, Verkehrsexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Der Zugang zum ÖPNV sei lange für viele Verbraucher zu kompliziert gewesen. „Es ist ein guter Weg, einfache digitale Lösungen zu finden.“ Dabei sei ein intelligenter Datenschutz möglich, zumal es sich um öffentliche Unternehmen handele. Problematisch werde es aber, wenn die Bahnbetreiber die gewonnenen, individuellen Daten für zusätzliche Geschäftsmodelle nutzen wollten.