Bündnis Jefta: EU und Japan schließen Handelsabkommen
Der Pakt mit Japan ist das bislang umfangreichste Handelsabkommen der EU. Die einen halten es für einen "Volltreffer" – NGOs sind weniger begeistert.
Es geht um Käse, Wein und grünen Tee, um Autos, Drucker und Gasturbinen. Auf 99 Prozent der Waren, die Japan und die EU sich gegenseitig verkaufen, sollen die Zölle wegfallen, teils sofort, teils nach Übergangsfristen. So sieht es das Handelsabkommen vor, das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Japans Premierminister Shinzo Abe am Dienstag in Tokio unterschrieben haben. „Wir feiern die Unterschrift unter ein sehr ehrgeiziges Abkommen zwischen zwei der größten Volkswirtschaften der Welt“, erklärten Juncker und Abe.
Fünf Jahren haben die EU und Japan über diesen Handelspakt verhandelt. EPA (Economic Partnership Agreement) heißt er offiziell, besser bekannt ist er als Jefta (Japan-EU Free Trade Agreement). Für die EU ist es das umfangreichste Abkommen, das sie bislang geschlossen hat. Auch für den Welthandel ist es von Bedeutung: Zusammen stehen die EU und Japan für ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. 130 Milliarden Euro sind die Waren wert, die sie sich schon jetzt jedes Jahr gegenseitig verkaufen.
Europäische wie japanische Autobauer sollen profitieren
Mit dem Abkommen soll der Handel zwischen der EU und Japan für Unternehmen leichter werden. Auf diverse Produkte fallen die Zölle weg. Zum Beispiel auf Autos. Wollen Honda, Toyota, Nissan oder Mitsubishi ihre Wagen in der EU verkaufen, zahlen sie darauf bislang eine Strafabgabe von zehn Prozent. Die soll nun mit einer Übergangsfrist von sieben Jahren wegfallen. Umgekehrt wird es für die Europäer leichter, Lebensmittel nach Japan zu verkaufen. Auf Weichkäse wie Camembert verlangt der Inselstaat bislang etwa einen Strafzoll von fast 30 Prozent. Auch der wird nun abgeschafft, bei null wird er mit Rücksicht auf die japanischen Landwirte aber erst nach 16 Jahren liegen. Die Importabgabe auf Schweinefleisch senkt Japan binnen zehn Jahren auf 38 Cent.
Die Angst japanischer Landwirte war lange der Knackpunkt in den Verhandlungen. Auch deshalb hat die Regierung in Tokio für sie lange Übergangsfristen ausgehandelt. Dafür akzeptiert Japan künftig mehr als 200 geografische Produktbezeichnungen aus Europa wie „Parmesan“ oder „irischer Whiskey“. Käse und Hochprozentiges aus diesen Regionen sind damit künftig in Japan geschützt, die Europäer können sie dort entsprechend vermarkten. Für Autos und Maschinen fallen zusätzliche Prüfungen, Zertifizierungen oder Kennzeichnungen weg. In der deutschen Industrie kommt das Abkommen deshalb gut an. „Mit Ihren Unterschriften setzen die EU und Japan ein starkes Zeichen für den Freihandel“, sagte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI.
Auch mit anderen Ländern arbeitet die EU an Handelsabkommen
Seitdem US-Präsident Donald Trump die Welt mit Strafzöllen überzieht, ist die EU bemüht, Handelsabkommen mit anderen Staaten zu schließen. Erst am Montag hat sie sich mit China auf eine engere Zusammenarbeit verständigt: Die Volksrepublik will europäischen Firmen den Zugang zum chinesischen Markt zu erleichtern. Nach Japan plant die EU Abkommen mit Mexiko, Singapur und Vietnam. Auch mit den Mercosur-Staaten, will die EU verhandeln.
Das Abkommen mit Japan ist aber allein aufgrund der Größe des Landes für die EU von besonderer Bedeutung. 127 Millionen Menschen leben in dem Inselstaat, der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. Für die deutsche Wirtschaft sei das Abkommen deshalb „ein handelspolitischer Volltreffer“, sagte Eric Schweitzer, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Allein Deutschland exportiert jedes Jahr Waren im Wert von 19,5 Milliarden Euro nach Japan. In der EU, rechnet der DIHK vor, hängen mehr als 600.000 Arbeitsplätze mit Exporten nach Japan zusammen.
Umwelt- und Sozialaspekte bleiben außen vor
Trotzdem sind vom Handelsabkommen nicht alle begeistert. Umwelt- und Verbraucherschützer kritisieren, dass soziale und ökologische Standards außen vor geblieben sind. Wenn Rinderhälften und Schweinefleisch deutscher Fleischkonzerne „in Japan massiv billiger werden und sich häufiger verkaufen, dann sickert in Deutschland künftig noch mehr Nitrat in den Boden, landen noch mehr Antibiotika auf unseren Tellern und bläst die Massentierhaltung noch mehr Treibhausgase in die Luft“, meint Martin Hofstetter von Greenpeace.
Dazu kommt, dass das Handelsabkommen auch nicht alle Punkte abdeckt, die für enge Wirtschaftsbeziehungen entscheidend sind. Nicht einigen konnten sich die EU und Japan beim Investorenschutz: Die Handelspartner konnten sich nicht verständigen, vor welchen Gerichten Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten landen sollen. Die Europäer wollen dafür einen Investitionsgerichtshof einrichten, die Japaner lehnen das ab. Deshalb hat man das Thema ausgeklammert, es soll separat diskutiert werden.
Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität