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Annäherung. China (in der Mitte Ministerpräsident Li Keqiang) und die EU (links EU-Ratspräsident Donald Tusk, rechts EU-Präsident Jean-Claude Juncker) wollen zusammenarbeiten.
© Reuters

Gipfeltreffen in Peking: China geht auf die EU zu

China will Firmen aus der EU den Marktzugang erleichtern. Das ist ein Ergebnis des EU-China-Gipfels in Peking.

„Trump 2020 – Keep America Great“ steht auf den Flaggen aus dem Familienbetrieb von Yao Dan. Zu tausenden fertigen seine Arbeiter in der chinesischen Provinz Anhui die Flaggen mit dem Slogan für den Präsidentschaftswahlkampf 2020, wenn Donald Trump sein Amt verteidigen muss. „Wir können locker mehr als 10000 Trump-Wahlkampfflaggen pro Woche verkaufen“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP Yao Dan. Alternativ hat seine Firma US-Sternenbanner im Angebot, auch sie gehören zu den meistverkauften Artikeln des chinesischen Betriebs. Ausgerechnet. Schließlich stört sich Trump gerade an den hohen Exporten der Chinesen in die USA und wirft ihnen vor, auf diese Weise die Industrie in den Vereinigten Staaten zu zerstören.

Diese Geschichte ist nur eine Fußnote im Handelsstreit, aber sie zeigt, wie absurd der Konflikt mit US-Präsident Trump mittlerweile ist. Dennoch müssen die großen Handelsnationen einen Weg finden, mit Trumps Strafzöllen umzugehen. Eine Folge: Die EU und China rücken enger zusammen. Auf dem Gipfel der Staatenunion und der Volksrepublik in Peking haben sie sich am Montag unter anderem auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe verständigt, die Vorschläge für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) machen soll.

Für deutsche Autobauer ist China ein wichtiger Markt

Auch in einem anderen Streitpunkt nähern sich die EU und China an: bei der Öffnung der Volksrepublik für Konzerne aus dem Ausland. Denn die haben es bislang oft schwer, wenn sie in China ihre Waren verkaufen oder gar vor Ort eine Fabrik aufmachen wollen. Vor allem die deutschen Autobauer leiden darunter, denn für sie ist China ein wichtiger Markt. Volkswagen etwa verkauft in keinem anderen Land so viele Fahrzeuge wie im Reich der Mitte – ist dabei aber bislang gezwungen, mit lokalen Partnern zusammenzuarbeiten. Nur indem sie mit Chinesen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, können Konzerne wie VW vor Ort aktiv werden. Zwischen Brüssel und Peking ist das schon lange ein Streitpunkt: Es ist ein Grund, warum es bislang kein Freihandelsabkommen zwischen der EU und China gibt, obwohl Peking sich das wünschen würde.

Nun – vor dem Hintergrund des Handelskonflikts mit den USA – geht die Volksrepublik aber auf die Europäer zu. Erst vergangene Woche haben sie BASF den Bau einer neuen petrochemischen Anlage in der Provinz Guangdong erlaubt. Der Chemiekonzern darf dort in Eigenregie bauen, braucht keinen chinesischen Partner an seiner Seite. Der Autobauer Mercedes soll derweil seine Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Konzern Brilliance erhöhen dürfen. Auch das ist ein Zeichen des Entgegenkommens. Bis 2022 soll der Joint-Venture-Zwang für die PKW-Produktion sogar vollständig entfallen. Bei den Europäern kommt das gut an. China „wisse, wie man sich öffnet“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Peking.

Die Chinesen hoffen durch ein solches Entgegenkommen, die Zusammenarbeit mit der EU vertiefen zu können. Noch spürt die Volksrepublik die Strafzölle der USA zwar kaum, Chinas Wirtschaft ist im zweiten Quartal erneut um 6,7 Prozent (nach 6,8 Prozent im Vorquartal) gewachsen. Doch das kann sich schnell ändern. Ein erstes Warnzeichen ist die Industrieproduktion, die im Juni mit sechs Prozent bereits schwächer zugelegt hat als erwartet.

Das Handelsbilanzdefizit der EU mit den USA wird größer

Aber auch die Europäer müssen sich womöglich nach neuen Handelspartnern umschauen. Noch verkaufen sie viele Waren in die USA, die demnächst jedoch mit Strafzöllen belegt werden könnten. Zwischen Januar und Mai ist das Handelsbilanzdefizit der EU mit den Vereinigten Staaten weiter gewachsen: um 14 Prozent auf 54,8 Milliarden Euro. Das heißt: Die Europäer haben den Amerikanern erneut sehr viel mehr Waren verkauft als umgekehrt – eben das kritisiert Trump. Die neuen Zahlen dürften ihn deshalb eher darin bestätigen, die Strafzölle auch gegenüber der EU auszuweiten.

Das Verhältnis der EU mit China entspannt sich auch, weil chinesische Investoren hierzulande wieder zurückhaltender sind. Nachdem sie sich beim Autobauer Daimler und beim Maschinenbauer Kuka eingekauft hatten, mehrten sich in Deutschland die Sorgen vor einem Ausverkauf des Know-hows. Doch jetzt gehen Chinas Investitionen in Europa zurück: Im ersten Halbjahr schrumpfte die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen in Europa auf 111, zeigt eine Analyse der Unternehmensberatung EY. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Minus von zwölf Prozent. Das Investitionsvolumen sank sogar um die Hälfte auf 14,9 Milliarden Dollar.

„Es gibt teilweise politische Bedenken und die Sorge vor einem Ausverkauf von Know-how“, sagte EY-Expertin Yi Sun. In manchen Fällen hätten andere Investoren aber auch schlicht bessere Angebote vorgelegt. Außerdem seien in China die regulatorischen Anforderungen verschärft worden. Demnach sind Investitionen in Fußballclubs oder Hotels im Ausland in Peking nicht mehr gewünscht. Generell werde der Kapitalfluss stärker kontrolliert.

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