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FDP-Chef Christian Lindner hätte den Tankrabatt auch anders gestalten können - hat er aber nicht.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Tankrabatt dank Steuergeld: Es ist absurd, dass ausgerechnet die FDP so in den Markt eingreift

Es gehört zum Credo der Liberalen, dass die Preise verrückt spielen, sobald der Staat mitmischt. Warum hat Lindner das beim Tankrabatt vergessen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Thorsten Mumme

Die Inflation in Deutschland liegt bei 7,9 Prozent, die Reallöhne sanken seit Jahresbeginn im Durchschnitt um 1,8 Prozent. Für viele Bürger geht die Teuerungsspirale an die Substanz. Korrekterweise wies Christian Lindner der Bekämpfung der Inflation "oberste Priorität" zu.

Den Schuldigen und gleichsam den größten Handlungsdruck suchte er in seinen Statements vom Montag dabei in Frankfurt. Die Europäische Zentralbank müsse ihre expansive Finanzpolitik der vergangenen Jahre beenden. Auch damit liegt der FDP-Minister richtig. Gleichzeitig übersah er aber großzügig, was für ein Chaos die Bundesregierung bei der Inflationsbekämpfung selbst anrichtet.

Denn der Tankrabatt droht zu verpuffen. Von Juni bis Ende August wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europarechtlich mögliche Mindestmaß abgesenkt – bei Benzin sinken die Steuersätze um 29,55 Cent je Liter und bei Diesel um 14,04 Cent. Doch vor der Steuerentlastung ab Mittwoch haben die Spritpreise noch einmal kräftig zugelegt und erreichen fast das Niveau von Mitte März.

Benzin wird erstmal nicht billiger

So kostete Super E10 nach Zahlen des ADAC im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Sonntags 2,129 Euro pro Liter. Das sind 3,9 Cent mehr als am Dienstag vergangener Woche; Ende April war der Kraftstoff noch mehr als 17 Cent billiger. Regional wurden auch deutlich höhere Preise beobachtet.

Angesichts der jüngsten Anstiege könnten die Spritpreise auch nach der Steuersenkung somit höher als vor Beginn des Ukraine-Krieges sein. Am Tag vor dem russischen Angriff hatte E10 1,750 Euro pro Liter gekostet.

Lindner sagte dazu am Montag, das Bundeskartellamt sei in der Pflicht, die Preissetzung der Mineralölkonzerne zu beobachten. Es werde aber technisch bedingt ohnehin „einen Moment“ dauern, bis die Absenkung an der Zapfsäule ankomme. Kartellamtspräsident Andreas Mundt sagte der „Bild“-Zeitung, seine Behörde habe „jede einzelne“ Tankstelle genau im Blick: „Die Ölkonzerne sollten wissen: Wir beobachten jeden ihrer Schritte ganz genau.“

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Der Zentralverband des Tankstellengewerbes wies darauf hin, dass Autofahrer nicht überall sofort mit sinkenden Spritpreisen rechnen können. Das hänge damit zusammen, dass derzeit an den Tankstellen Kraftstoff vorrätig sei, den diese schon im Mai gekauft haben, also mit dem alten Steuersatz.

Die wenigsten Betreiber würden es sich leisten können, „das teurer eingekaufte Benzin und den teurer eingekauften Diesel billiger anzubieten“, sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Ziegner der „Rheinischen Post“.

Die FDP hätte das antizipieren müssen

All das sind Marktreaktionen, die man hätte antizipieren können. Gerade, wenn man eine Steuersenkung erlässt, deren Weitergabe an den Verbraucher noch nicht einmal vorgeschrieben ist. Als FDP, die sich den freien Markt ja auf die Fahnen geschrieben hat, hätte man diese Reaktionen sogar antizipieren müssen.

Denn dass die üblichen Preissetzungsmechanismen außer Kraft gesetzt werden, sobald der Staat eingreift, gehört eigentlich zum Credo der Liberalen. In anderen europäischen Ländern wurde die Entlastung der Autofahrer in anderer Form per Abgabe an der Kasse umgesetzt. Die Bundesregierung wählte aber den Weg über die Steuer.

Dass Lindner den Tankrabatt in dieser Form dennoch vorangetrieben hat, ist nach allem, wofür die FDP steht, unlogisch. Im besten Falle ist es eine Überkompensation, um sich des Arguments der sozialen Kälte zu erwehren. Im schlimmsten Falle ist es ein Rückfall in die Zeit der Mövenpick-Steuer. Dass Lindner nach einem derart ungezielten Einsatz vom Steuergeld auf die Einhaltung der Schuldenbremse 2023 pocht, wird noch auf ihn zurückfallen.

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