Umfrage unter Ökonomen: Erstmals seit 2013 könnte die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr wieder steigen
Experten rechnen damit, dass die Zahl der Arbeitslosen im August erneut angestiegen ist. Sie sehen keine Anzeichen für eine Besserung.
Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird auch im August weiter steigen. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Volkswirten großer deutscher Finanzinstitute hat ergeben, dass die meisten Experten mit einem Anstieg um rund 35.000 auf etwa 2,31 Millionen rechnen. Damit würde zwar der August-Anstieg größer ausfallen als noch im vergangenen Jahr (plus 26.000), die Gesamtzahl läge aber immer noch unter dem Vorjahreswert.
Neben saisonalen Effekten im August spielen für den leicht überdurchschnittlichen August-Anstieg auch konjunkturelle und strukturelle Einflüsse – etwa in der Autoindustrie – eine große Rolle. „Mit einer schnellen Entwarnung ist nicht mehr zu rechnen“, sagte Katharina Utermöhl, Volkswirtin bei der Allianz.
Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg wird ihre Statistik für den Monat August am kommenden Donnerstag vorstellen. Im Juli war die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Juni um 59.000 auf 2,275 Millionen gestiegen, was einer Quote von 5,0 Prozent entspricht. Saisonbereinigt sehen die Volkswirte einen Anstieg zwischen Null und 5000 Personen. Utermöhl geht davon aus, dass auch für das Gesamtjahr 2019 ein leichter Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr zu Buche stehen wird. Damit wäre erstmals seit 2013 kein Rückgang zu verzeichnen.
Die Konjunktur in Deutschland geht indes weiter am Stock. „Es hat sich über der deutschen Industrie ein perfekter Sturm aus schwächelndem Welthandel, Autosektor-Krise und erhöhten politischen Risiken zusammengebraut“, sagte Utermöhl. Etwa die Auto-Branche leide an politischen Risiken, einem schwächelnden Absatzmarkt in China und müsse zudem die Herausforderungen von technologischem Wandel, etwa weg vom Verbrennungsmotor schultern. Zuletzt hatten einige große Konzerne bereits massive Stellenabbau-Programme vorgestellt. So will etwa das Chemie-Unternehmen BASF 6000 Arbeitsplätze abbauen, auch Volkswagen und Daimler haben bereits Sparpläne angekündigt. Die Deutsche Bank will sogar 18.000 Stellen loswerden.
Marc Schattenberg, Volkswirt bei der Deutschen Bank, sieht sogar ein Rezession bevorstehen. Nachdem die Wirtschaftsleistung in Deutschland im zweiten Quartal um 0,1 Prozent sank, sieht er eine weitere Kontraktion um 0,25 Prozent voraus. Bei einem Absinken der Wirtschaftsleistung in mindestens zwei aufeinanderfolgen Quartalen spricht man von einer technischen Rezession.
Schattenberg rechnet wie sein Kollege Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank nicht vor Jahresende mit einer leichten Erholung. „Eine schnelle Trendumkehr wird es nicht geben“, sagte Tuchtfeld. Die Situationen bei den Auftragseingängen in der Industrie sei „ziemlich schlecht“. Hinzu kämen externe Risiken, wie der eskalierende Handelsstreit zwischen den USA und China, das Risiko von US-Zöllen auf europäische Autos und ein ungeregelter Brexit.
Es sei jetzt aber noch nicht die Zeit, in der Hilferufe aus der Wirtschaft an die Politik sinnvoll sein, betonte der Commerzbank-Experte. „Mit Blick auf die Konjunkturschwäche würden wir auf keinen Fall Politikmaßnahmen empfehlen“, sagte er. Es habe sich herausgestellt, dass dies nur die Öffentliche Hand belaste und zu deren Verschuldung beitrage. Für die Konjunktur würden solche Maßnahmen hingegen nur wenig gewonnen bringen. dpa/mum
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