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© Tsp/Bartel

Zukunft der Energie: Energie im Doppelpack

Strom und Wärme gleichzeitig zu erzeugen, spart Energie. Was große Kraftwerke schon lange können, gibt es jetzt auch für zu Hause.

Wärme ist überall. Klar, wir alle heizen, duschen und waschen zuhause. In Fabriken wird aber noch viel mehr Wärme benötigt, damit aus vielen Rohstoffen die unterschiedlichsten Produkte entstehen. Hier wie da geht es darum, Wärme mit möglichst geringem Energieaufwand zu erzeugen. Im Vergleich schneidet ein Verfahren gut ab, das im Fachsprech Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) heißt. Hier entstehen Strom und Wärme gleichzeitig. Mal mehr Wärme und weniger Strom, mal umgekehrt. In beiden Fällen wird insgesamt weniger Energie aufgewendet, als wenn die Strom- und Wärmeerzeugung getrennt erfolgen würde. Im Idealfall wird der Brennstoff zu 95 Prozent in Energie umgewandelt.

Zwei weitere Vorteile hat die Technik: Es gibt sie in fast jeder Größenordnung, vom großen, mit unterschiedlichen Brennstoffen betriebenen Heizkraftwerk des Stadtwerks bis zu kleineren Blockheizkraftwerken (BHKW) für die Industrie oder der Brennstoffzelle fürs Mehrfamilienhaus. Für den Einsatz zur Strom- und Wärmeproduktion werden von den Herstellern derzeit mehr als 1300 unterschiedliche BHKW-Module im Leistungsbereich von weniger als einem Kilowatt bis zu 20 Megawatt angeboten. Die ganz kleinen Aggregate, wie etwa Brennstoffzellen, gehören zur sogenannten Micro-KWK, die für die Energieversorgung von Gebäuden entwickelt wurde.

Nach Zahlen des Umweltbundesamtes wurden im Jahr 2015 rund 107 Milliarden Kilowattstunden Strom aus KWK-Anlagen erzeugt. Diese Netto-Erzeugung stieg zwischen 2003 und 2010 zunächst kontinuierlich an und blieb dann jahrelang auf knapp unter 100 Milliarden Kilowattstunden relativ konstant. Den Zubau seit 2003 führen die Statistiker insbesondere auf den verstärkten Einsatz von Biomasse in KWK-Anlagen und auf die Installation von Blockheizkraftwerken mit dem Brennstoff Erdgas zurück. Ähnlich verhält es sich mit der Wärmeproduktion.

Bis 2020 soll KWK-Strom 25 Prozent der deutschen Stromproduktion ausmachen

Etwa 80 Prozent der Fernwärmeerzeugung werden durch KWK-Anlagen bereitgestellt. Oft sind das große Heizkraftwerke von Stadtwerken. Zuletzt lag die Wärmeerzeugung aus KWK-Technik bei 219 Milliarden Kilowattstunden jährlich. Bis zum Jahr 2020 sollte nach den Vorstellungen der Bundesregierung der KWK-Strom zunächst 25 Prozent der deutschen Stromproduktion ausmachen. Dieses prozentuale Ziel wurde im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz durch absolute Ziele ersetzt. So soll die Stromerzeugung aus KWK-Anlagen nun 110 Milliarden Kilowattstunden bis 2020 erreichen und 120 Milliarden Kilowattstunden bis 2015. Gesteuert wird die Menge hauptsächlich über das KWKG und das Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG), das den Einsatz von Anlagen etwa mit Biogas als Brennstoff regelt. Beide Gesetze stellen unterschiedliche Instrumente zur finanziellen Förderung von KWK-Anlagen bereit.

Unstrittig ist, dass sich mehr Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland einsetzen ließe, um unsere Wärmeversorgung effizienter zu machen. Eine Möglichkeit sind hier Nahwärmenetze: In diese speisen dann nicht nur Blockheizkraftwerke ihre Energie ein. Die Netze können auch Abwärme aus Betrieben sammeln und für Heizzwecke nutzbar machen. Auch für größere Kessel, die Holz als Brennstoff nutzen, ist ein Nahwärmenetz eine wesentliche Voraussetzung. Denn allein genutzt rechnet sich ein Biomassekessel durch den Wärmeverkauf nur schwer.

Beim weiteren Ausbau der KWK in unserem Energiesystem muss diese allerdings flexibler werden. Gerade im Fernwärmebereich laufen viele Anlagen in der Grundlast, um zuerst den Wärmebedarf zu decken. Sie speisen damit zugleich eine konstante elektrische Leistung ins Stromnetz ein. Mittlerweile haben sich durch die hohe Wind- und Solarstromproduktion die Anforderungen an dezentrale Stromeinspeiser geändert. Gesucht sind jetzt Aggregate, die mit ihrer Produktion die Lücken füllen, die Wind und Sonne gerade nicht decken. Der KWK-Einsatz muss sich deswegen künftig stärker am Strommarkt orientieren.

Der Trend zu mehr Flexibilisierung ist bei großen Fernwärme-Kraftwerken angekommen

Technisch ist das durchaus machbar, wie insbesondere die Biogas-Branche zeigt. Dort wird – angereizt durch die sogenannte Flex-Prämie – viel mehr elektrische Leistung in zusätzlichen Blockheizkraftwerken installiert als zunächst geplant war. Der Sinn dieser „Überbauung“: Die Aggregate springen immer dann an, wenn der Strombedarf im Netz und die Preise an der Strombörse gerade besonders hoch sind.

Mittlerweile ist der Trend zu mehr Flexibilisierung auch bei großen Fernwärme-Kraftwerken angekommen. Derzeit im Bau sind drei Heizkraftwerke mit Leistungen von 30, 100 und 130 Megawatt, die aus mehreren großen Motor-BHKW-Modulen bestehen. Ihnen gemeinsam ist, dass jeder der Motoren individuell regelbar ist und in weniger als fünf Minuten auf Volllast fahren kann. Die Anlagen sind damit in ihrer Leistung sehr viel flexibler als die bisher eingesetzten, schnell startenden Gasturbinen.

Mit dem Konzept kann die Kraft-Wärme-Kopplung die Transformation des Energiesystems wirkungsvoll unterstützen – auch, weil sich die Anlagen auf Brennstoffe umrüsten lassen, die aus erneuerbaren Energien gewonnen werden.

Armin Müller

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