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Viele Kinder, wie diese in einem Kinderheim bei Johannesburg, werden durch Aids zu Waisen. Häufig sind sie selbst infiziert.
©  Jürgen Bätz/dpa

Welt-Aids-Konferenz: Eine Tablette am Tag kann reichen

Mit neuen Therapien kann das HI-Virus gut in Schach gehalten werden. Infizierte haben inzwischen eine gute Lebenserwartung.

„HIV wird mit uns sein die nächsten Jahrtausende.“ Das sagt kein Geringerer, als der Präsident der Deutschen Aids-Gesellschaft, der Internist Georg Behrens von der Medizinischen Hochschule in Hannover. Wenn ein solcher Satz – kurz vor der Welt-Aids-Konferenz in Durban ausgesprochen – dennoch nicht ganz so dramatisch klingt wie vor 25 Jahren, dann hat das auch mit den Durchbrüchen in der Therapie zu tun.

Zur Immunschwächekrankheit Aids muss es nicht mehr kommen, wenn es gelingt, nach der Infektion das HI-Virus in Schach zu halten. Mit einer Kombinationstherapie aus mehreren Wirkstoffen, die es auf jeweils verschiedenen Wegen schaffen, die Vermehrung des Virus im Körper zu verhindern. Und die als Teamplayer in der Antiretroviralen Therapie (ART) so gut sind, dass Infizierte heute eine annähernd vergleichbare Lebenserwartung wie Nichtinfizierte haben.

Waren es anfangs Dutzende von Pillen, die täglich geschluckt werden mussten, so kommen die meisten Betroffenen heute mit einer Tablette am Tag aus. Als neuer Bestandteil der Therapie sind die sogenannten Integrasehemmer ins Spiel gekommen. Sie verhindern, dass HIV sein Erbgut in den menschlichen Zellkern einbaut.

Und es wird an Depotspritzen geforscht. Die kann man einmal im Monat oder sogar nur einmal im Quartal in den Muskel spritzen, um dann, wenn alles gut läuft, HIV für eine Weile zu vergessen.

Sogar Verzicht auf Kondom möglich

Wenn ein Infizierter in einer festen Partnerschaft lebt und dank der Medikamente jahrelang das Virus in seinem Blut unter der Nachweisgrenze bleibt, dann kann er sogar das Kondom weglassen, wie Studien belegen. Inzwischen kann man sich auch vor einer Infektion schützen, indem man Pillen mit Wirkstoffen aus der ART zur sogenannten Präexpositionsprophylaxe einnimmt.

Keikawus Arastéh, Chefarzt der Gastroenterologie und Infektiologie am Vivantes-Klinikum Auguste Viktoria in Berlin, hält das für eine kluge Idee. „Das heißt nicht, dass Kondome überflüssig würden. Es geht vielmehr um eine zusätzliche Hilfestellung, um sich und andere zu schützen – und das in einer zeitlich meist sehr begrenzten Lebensphase“.

Und die Vision, das Retrovirus ganz aus dem Körper zu verscheuchen? Mit molekularen „Genscheren“ versuchen Forscher aus Hamburg und Dresden, HIV aus dem Erbgut herausschneiden, was im Labor und bei Mäusen schon klappte. Eine von dänischen Forschern vorangetriebene Strategie besteht darin, schlummernde Viren aus ihren Verstecken im Körper zu treiben, um sie dann attackieren zu können.

Internist Behrens hält es aber für heikel, das in klinischen Studien zu testen. „Die Patienten, die für solche Heilungsansätze infrage kommen, können mit einer einfach handhabbaren Therapie ohne große Nebenwirkungen eine normale Lebenserwartung haben, ohne Risiken. Eine echte Alternative zur Heilung.“

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