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Volle Nuss. Woher stammt das Aroma Piperonal in der Ritter-Tafel?
© picture alliance / dpa

Ritter Sport gegen Stiftung Warentest: Eine Frage des guten Aromas

Im Streit um die Kennzeichnung eines Vanille-Aromas treffen sich der Schokoladenhersteller Ritter und die Stiftung Warentest am Dienstag erneut vor Gericht.

Für die einen steht der Verbraucherschutz auf dem Spiel, für die anderen der gute Ruf des Unternehmens: Am Dienstag geht der Streit zwischen der Stiftung Warentest und Ritter Sport um einen Geschmacksstoff in die nächste Runde. Das Oberlandesgericht München muss in dem Berufungsverfahren klären, ob die Verbraucherschützer behaupten dürfen, dass die Sorte „Voll-Nuss“ des süddeutschen Unternehmens ein synthetisch hergestelltes Vanillearoma enthält.

Die Sorte "Voll-Nuss" enthält das Vanille-Aroma Piperonal

Die Warentester hatten Ende 2013 verschiedene Nussschokoladen unter die Lupe genommen. In der „Voll-Nuss“ entdeckten sie Piperonal. Da das Aroma in der Natur nur selten vorkommt und kein Verfahren zur Gewinnung des Stoffs bekannt ist, schlussfolgerten die Tester, dass Ritter ein synthetisches Aroma verwendet. Die Kennzeichnung des Inhaltsstoffs auf der Verpackung als „natürliches Aroma“ sei irreführend. Die ansonsten gute Sorte „Voll-Nuss“ erhielt ein „Mangelhaft“. Sowohl die Behauptung als auch den Test hatte das Landgericht München Anfang des Jahres per einstweiliger Verfügung gestoppt. Ganz im Sinne von Ritter, denn die Schwaben wollen nichts falsch gemacht haben. Man habe das beanstandete Aroma für die Nussschokolade vom Zulieferer Symrise erhalten, der die Natürlichkeit des Stoffes in einer Erklärung garantiert habe. Das Piperonal werde entgegen den Behauptungen der Stiftung Warentest nicht „chemisch“ hergestellt, heißt es auf der Homepage des börsennotierten Herstellers von Duft- und Geschmacksstoffen. Laut EU-Regelwerk dürfen bei „natürlichem Aroma“ weder der Ausgangsstoff noch das Verfahren zur Gewinnung chemisch sein.

Im Berufungsverfahren geht es darum, wem das Gericht die Beweislast auferlegt

Die Berufungsverhandlung steht und fällt mit der Frage, welcher von beiden Seiten das Gericht die Beweislast in Sachen Piperonal auferlegt. Aus Sicht der Arbeitsgruppe Aromastoffe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) ist die Lage eindeutig, wie aus einem Positionspapier der wissenschaftlichen Institution zur Authentizität von Vanillearoma hervorgeht. „Die Beweislast für die Bezeichnung natürlicher Aromastoff im Sinne der Aromenverordnung liegt beim Hersteller“, heißt es dort. Somit müssten also Schoko-Fabrikant Ritter und Lieferant Symrise die Herkunft des verwendeten Vanillearomas vollständig offenlegen; nach Informationen des Tagesspiegels ist bislang nur bekannt, in welchem Land der Geschmacksstoff gewonnen wurde – nicht aber auf welchem Wege. Piperonal ist in kleinen Mengen beispielsweise in den Blütenölen von Echtem Mädesüß enthalten. Sollte Symrise den Stoff nicht aus den Pflanzen gewonnen haben, könnte es auch durch die Anwendung eines biotechnologischen Verfahrens zum Ziel gekommen sein. Die Umwandlung von Rohstoffen etwa durch Vergärung ist ein solcher Prozess – und gilt als „natürlich“.

Ritter erhofft sich vollständige Rehabilitierung

Für Ritter geht es am Dienstag um nichts weniger als die vollständige Rehabilitierung. „Wir wollen reingewaschen werden“, formuliert es Unternehmenssprecher Thomas Seeger. Die Sorte „Voll-Nuss“ ist nach seinen Angaben das „Aushängeschild“: Keine andere Sorte von Ritter Sport verkauft sich besser. An der Beliebtheit habe sich durch den Streit nichts geändert. Wohl aber sei die Marke Ritter Sport in der Gunst der Verbraucher im Laufe des Gerichtsverfahrens „deutlich gesunken“. Nach der mangelhaften Beurteilung habe es Berge von bitterbösen Zuschriften gegeben. „Unsere Marke wurde ins Blaue hinein beschädigt – dabei ist sie alles, was wir haben.“ Wenn es nach der Stiftung geht, muss die Anordnung des Münchner Landgerichts im Sinne des Verbraucherschutzes aufgehoben werden. „Wir sind hoffnungsfroh“, sagt Sprecherin Heike van Laak. Weiter will sie sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.

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