Deutsche Bank und John Cryan: Ein Vorstandswechsel allein ändert nichts
Muss John Cryan gehen, ist das nicht nur er gescheitert sondern auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Ein Kommentar
Selbst mit dem Berliner Großflughafen BER wird die Deutsche Bank nun schon verglichen. Das Geldinstitut sei „der Berliner Flughafen der Finanzbranche“, sagen Investoren. Und so ganz unrecht haben sie damit nicht. Beide sind eine Dauerbaustelle, bei beiden gehören Pannen zum Alltag. Bei der Deutschen Bank könnten diese Chaostage damit enden, dass sie einen neuen Chef bekommt. Denn John Cryan, der sich seit drei Jahren als Chef von Deutschlands größtem Geldinstitut abmüht, muss um seinen Posten bangen. Obwohl sein Vertrag noch bis 2020 läuft, wird bereits über Nachfolger spekuliert.
Cryan musste zuletzt zu viel erklären
Klar ist: Cryan musste zuletzt gleich mehrere Rückschläge hinnehmen. Angetreten ist er vor drei Jahren mit dem Ziel, die Deutsche Bank aus der Krise zu führen. Obwohl auch seine beiden Vorgänger daran schon gescheitert sind, hatte man das dem nüchternen Briten durchaus zugetraut. Er gilt schließlich als harter Sanierer – aber leider nicht als guter Kommunikator. Und genau daran könnte er nun scheitern. Denn kaum hat Cryan eine Sache auch nur ansatzweise erklärt, kommt die nächste Hiobsbotschaft daher.
Da ist zum Beispiel die Geschäftsbeziehung zu Trumps Immobilienkonzern, die immer wieder in den Fokus gerät. Da ist der erneute Jahresverlust – wohlgemerkt der dritte in Cryans Amtszeit. Da ist der Großaktionär HNA, dem das Geld auszugehen droht. Da sind die hohen Boni für die Investmentbanker, für die Cryan sich rechtfertigen muss, weil 50 von ihnen sogar mehr verdienen als er selbst. Und als wäre all das nicht genug, wettert Vorstandskollegin Kim Hammonds auch noch: die Deutsche Bank sei das „dysfunktionalste Unternehmen“, bei dem sie je gearbeitet habe – mit anderen Worten: ein Saftladen.
Auch der Aufsichtsrat steht unter Beobachtung
Bei alldem ist es eigentlich ein Wunder, dass Cryan noch ernsthaft behauptet, ihm fange der Job an Spaß zu machen. Zumal inzwischen auch der Rückhalt durch Aufsichtsratschef Paul Achleitner fehlt. Der soll jetzt höchstpersönlich auf die Suche nach einem Nachfolger für Cryan gegangen sein. Einerseits ist das nachvollziehbar. Andererseits müsste auch Achleitner gehen, wenn es einen konsequenten Neuanfang bei der Deutschen Bank geben soll. Schließlich ist er bereits sehr viel länger im Amt als Cryan und hat sowohl dessen Strategie als auch die seiner Vorgänger mitgetragen. Außerdem hat Achleitner das aktuelle Vorstandsteam mit ausgesucht. Scheitert Cryan als Vorstandschef, ist das auch sein Versagen.