Yahoo behält doch Alibaba-Anteile: Ein Internetpionier stemmt sich gegen den Niedergang
Yahoo behält 15 Prozent am Amazon-Konkurrenten Alibaba und spaltet stattdessen sein Kerngeschäft ab. Wie ein einstiger Internetriese in die Bedeutungslosigkeit rutscht.
Der amerikanische Internetkonzern Yahoo wird seine Anteile am chinesischen Versandhändler Alibaba nicht verkaufen, dies teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Stattdessen wird aber das Kerngeschäft aus Online-Werbung und Suchmaschine abgespalten. Yahoo-Chefin Marissa Mayer bereitet damit der endgültigen Zerschlagung des einst stolzen Internetpioniers den Weg. Trotz hartem Sparkurs und Neuausrichtung rutschte der einstige Internetriese immer mehr in die Bedeutungslosigkeit ab.
"Wunder könnte sie vollbringen" - so wurde Marissa Mayer im Juli 2012 beim amerikanischen Internetpionier Yahoo angekündigt. Die Stanford-Absolventin und ehemalige Vizepräsidenten des Internetriesen Google wechselte als neue Vorstandsvorsitzende zu dem kriselnden Internetkonzern.
Von ihrem Vorgänger Fred Amoroso übernahm sie einen Scherbenhaufen - Yahoo liefen die User weg und das für Internetkonzerne essentielle Geschäft der Online-Werbung lief schlechter und schlechter - zudem mangelte es dem einzigen Vorreiter an innovativen Konzepten. Zu Mayers ersten Amtshandlungen gehörte daher die Einführung eines neuen Logos: Moderne Formen, ein erwachsenes, schlankes Auftreten - Attribute, die auch die neue Ausrichtung des Konzerns prägen sollten.
Schnell nach Amtsübernahme fing Mayer an, Yahoo grundlegend umzubauen: Der Internetkonzern investierte in immer mehr Branchen - und wurde dabei ganz im Gegensatz zu seinem neuen Logo nicht schlanker sondern breiter. Alleine zwischen Januar 2013 und August 2014 kauft Yahoo mehr als 7 Start-ups und kaufte namenhafte Konzerne wie den Fotodienst Tumblr und die Werbeplattformen Snip.it, Flurry und Clarity Ray.
Die aufgekauften Technologien flossen in neue Produkte, alleine im Juni 2014 schloss Yahoo zwölf eigene Dienste. Yahoo unterliegt dem Fluch der gesamten Internet-Branche, erklärte Marissa Mayer 2014: Nur durch Innovation und stetige Expansion könne man sich auf dem Markt halten. Die Expansion Yahoos war teuer - kam an der Börse aber gut an: Die Aktie von Yahoo verzeichnete zwischen 2013 und 2015 Gewinne von über 300 Prozent.
Suchmaschine hat gegen Google keine Chance
Trotz der umfangreichen Zukäufe besteht Yahoos Kerngeschäft weiterhin vor allem aus zwei Bereichen: Der hauseigenen Suchmaschine Yahoo Search und, direkt damit verbunden, dem Verkauf von Online-Werbung beispielsweise in mobilen Browsern auf dem Smartphone. Die meisten Leser werden sich jetzt aber denken: Ich nutze ausschließlich Google oder Microsofts Suchmaschine Bing und die störende Werbung auf Websites unterbinde ich mit Adblockern. Adblocker sind meist kostenlose Programme, die Werbung auf Internetseiten unterbindet. In etwa als würde eine Roboter vor dem Lesen einer Zeitung die darin abgedruckte Werbung ausschneiden.
Genau hier offenbart sich, auf welch wackligen Beinen der ehemalige Internetpionier seit Jahren steht: Yahoos Suchmaschine hat gegen Googles Algorithmen keine Chance - gerade einmal 1,66 Prozent Marktanteil erreichte sie Suchmaschine in diesem Jahr. Auch eine 2010 eingeläutete Kooperation mit Microsofts Suchmaschine Bing hatte kaum Erfolg - gemeinsam kommen beide Webseiten auf knapp 5 Prozent Marktanteil. Platzhirsch Google dagegen konnte 2015 seinen Marktanteil bei Suchmaschinen sogar weiter ausbauen - auf fast 95 Prozent.
Die geringe Reichweite seiner Suchmaschine hemmt Yahoos zweites Standbein: Das Geschäft mit dem Verkauf von Online-Werbung. Trotz zahlreicher Zukäufe von Start-ups aus dem Bereich Online-Werbung ist Googles Werbeprogramm "Google Adwords" deutlich attraktiver als Yahoos und Microsofts Pendant "Yahoo Bing Network". Die zunehmende Verbreitung von Adblockern ist Werbetreibenden zudem ein Dorn im Auge: Alleine in Deutschland nutzen mehr als ein Viertel der Internetuser die kleinen Programme: Potenzielle Kunden, die mit Online-Werbung nicht mehr erreicht werden können.
Durch die Öffnung von Apples Betriebssystem iOS für Adblocker fallen auch immer mehr Handynutzer für die Werbeindustrie weg. Auch werden im Smartphone-Geschäft mobile Browser immer unattraktiver - Apps bereiten Inhalte deutlich komfortabler auf und bieten Unternehmen mehr Entfaltungsmöglichkeiten als klassische Webseiten. Einnahmen von Werbung in Apps jedoch fließen zumeist an Apple oder, beim Betriebssystem Android, direkt an Google.
Alibaba-Beteiligung ist Yahoos Goldstück
Angesichts der Entwicklungen für das Yahoos Kerngeschäft mit Suchmaschinen und Online-Werbung bleibt fraglich, warum die Aktie von des amerikanischen Unternehmens seit 2013 eine solch positive Entwicklung einschlug. Einziger Grund sind die Anteile, die Yahoo am chinesischen Online-Händler Alibaba hält. 15 Prozent hält der US-Konzern am Amazon-Konkurrent. Aktueller Wert: Rund 31 Milliarden Dollar. Yahoo hatte 2005 rund 40 Prozent des chinesischen Konzerns für umgerechnet 1 Milliarde Dollar gekauft, 7 Jahre später jedoch 25 Prozent für rund 7,1 Milliarden Dollar wieder veräußert. Die 15-prozentige Beteiligung an Alibaba macht nahezu die gesamte Marktkapitalisierung von Yahoo von rund 32,75 Milliarden Dollar aus.
Erst kürzlich entschied sich Yahoo dazu, seine Alibaba-Aktien nicht zu verkaufen. Zuvor hatten US-Fernsehsender berichtet, Yahoo wolle seine Anteile verkaufen und mit dem Geld neue Unternehmen aufkaufen. Zusammen mit dem Anteil an Yahoo Japan wären die Beteiligungen Yahoos an Alibaba sogar teurer als der ganze Konzern, schätzen Branchenexperten. Der chinesische Versandhändler Alibaba machte in den vergangenen Jahren mit Gewinnsprüngen und starkem Wachstum auf sich aufmerksam.
Verbleibendes Kerngeschäft praktisch wertlos
Statt dem Verkauf von Alibaba-Aktien hat Yahoo nun beschlossen, sein bisheriges Kerngeschäft, bestehend aus Suchmaschine und Online-Werbung, abzuspalten. Dies kommt jedoch der eigenen Abwicklung gleich. Das bisherige Unternehmen soll nur noch aus der Alibaba-Beteiligung bestehen. Zudem werde ein neues Unternehmen gegründet, in das alle anderen Geschäfte eingebracht würden. Die Aktien dieser neuen Firma sollten dann unter den "alten" Yahoo-Anteilseignern aufgeteilt werden.
Ein möglicher Käufer für das neu entstandene Unternehmen steht schon bereit: Der US-Telekommunikationskonzern Verizon. Das Unternehmen hatte erst kürzlich den einstigen US-Internetstar AOL für 4,4 Milliarden Dollar gekauft. Synergieeffekte könnte sich Verizon vor allem von Yahoos riesiger Nutzerzahl erhoffen - alleine in den USA sind das nach Schätzungen knapp einhundert Millionen Internetuser. In dem aus der Spaltung von Yahoo entstandenen Unternehmen, könnte es Teile geben, "die zu AOL passen würden", sagte Verizon-Chef Lowell McAdam am Dienstag. Der Druck auf Yahoo-Chefin Marissa Mayer steigt. Den Lorbeeren-Vorschuss zu ihrem Amtsantritt vor mehr als 3 Jahren hat die 40-Jährige schon lange aufgebraucht.
Daniel Mosler