Abgasaffäre: Diesel-Razzia bei Porsche
In Bayern und Baden-Württemberg haben 190 Beamte zehn Objekte durchsucht. Es geht um drei Beschuldigte aus dem Porsche-Management - darunter ein Vorstand.
Berlin - Staatsanwälte und Polizei haben am Mittwoch Räumlichkeiten des Sportwagenbauers Porsche in Bayern und Baden-Württemberg durchsucht. Die groß angelegte Razzia mit 190 Einsatzkräften fand im Rahmen der Ermittlungen im Dieselskandal statt. Es geht um den Verdacht des Betruges und strafbarer Werbung mit manipulierten Dieselabgaswerten. Die Ermittlungen waren Mitte 2017 zunächst gegen „Unbekannt“ begonnen worden.
Inzwischen ist die Justiz klüger: Zum Kreis der Beschuldigten gehöre ein aktives Vorstandsmitglied der Porsche AG, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. Das ist ein Novum, denn bisher wird in diesem konkreten Verdachtsfall bei deutschen Autobauern nur gegen ehemalige Vorstandsmitglieder und Manager unter der obersten Führungsebene ermittelt. Porsche-Chef Oliver Blume, der seit vergangener Woche dem VW-Konzernvorstand angehört, zählt aber offenbar nicht zum Kreis der Beschuldigten.
Porsche-Holding nicht betroffen
Parallel zu diesem Verfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart unter anderem auch gegen den ehemaligen VW- Konzernchef Matthias Müller wegen des Verdachts der Marktmanipulation im Dieselskandal. Es geht dabei um seine Tätigkeit für die Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE, die Haupteigentümerin von Volkswagen ist. Dort sitzt Müller seit 2010 im Vorstand. Die Porsche SE sei nicht von den aktuellen Razzien betroffen, sagte der Stuttgarter Staatsanwalt Heiner Römhild dem Tagesspiegel. Die Ermittlungen gegen Müller liefen parallel weiter, es gebe aber keinen neuen Erkenntnisstand, über den die Staatsanwaltschaft berichten könne. Ein möglicher Zusammenhang zwischen Müllers Abberufung von der Volkswagen-Spitze und den Stuttgarter Ermittlungen besteht demnach offenbar nicht. Müller soll Berichten zufolge in Kürze auch als Vorstandsmitglied der Porsche SE ausscheiden.
Staatsanwaltschaft Römhild erklärte, es gehe bei den aktuellen Ermittlungen bei der Porsche AG neben dem aktiven Vorstand um einen höherrangigen Manager und einen Ex-Porsche-Manager. In München sitzt als einziger Beschuldigter der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz in Untersuchungshaft, der bei Audi und im VW-Konzern die Motorenentwicklung geleitet hatte. Bei der VW-Tochter Audi, die Dieselmotoren an Porsche geliefert hatte, ermittelt die Staatsanwaltschaft München neben Ex-Vorständen und Ingenieuren auch in Vorstandskreisen, allerdings noch gegen „Unbekannt“. Bei Audi hatte es mehrere große Razzien gegeben, auch am Mittwoch wurden zwei Standorte in die Ermittlungen einbezogen, beteiligt waren das Landeskriminalamt Bayern und die Staatsanwaltschaft München.
Porsche rückte im Dieselskandal erst nach der Konzernmutter Volkswagen, die Abgasmanipulationen im September 2015 zugab, und dem Schwesterunternehmen Audi ins Visier der Strafverfolger. Die Ermittlungen wurden im Sommer 2017 bekannt. Auch bei verschiedenen Porsche-Modellen sind Motoren im Einsatz, die die Stickoxid-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand und nicht auf der Straße einhalten. Doch diese werden von Audi gebaut. Das Bundesverkehrsministerium hatte im Juli 2017 ein Zulassungsverbot für den Porsche Cayenne verhängt. Porsche hatte zuvor wegen der Manipulationsvorwürfe von sich aus den kleineren Geländewagen Macan zurückgerufen.
Nicht nur gegen den VW-Konzern und seine Töchter Audi und Porsche, sondern auch gegen Daimler, BMW und den Zulieferer Bosch wird wegen Abgasbetruges ermittelt. mit rtr
Henrik Mortsiefer