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Bundesfinanzminister Olaf Scholz stellt die Eckwerten des Haushalts für 2020 und des Finanzplans bis 2023 vor.
© dpa

Hohe Sozialausgaben: Die Rechnung zahlt die nächste Generation

Der Bundesfinanzminister will sparen – nur nicht bei den Sozialausgaben. Sie sollen weiter steigen. Das könnte sich rächen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Die fetten Jahre sind vorbei, sagt Bundesfinanzminister Olaf Scholz – und ruft seine Kollegen zum Sparen auf. Den Etat für das Entwicklungsministerium hat er schon mal gekürzt, für die Verteidigung fällt das Plus kleiner aus als erwartet. Nur an einer Stelle denkt Scholz nicht ans Sparen: bei den Sozialausgaben. Die sollen weiter steigen – von 180 Milliarden Euro in diesem Jahr auf fast 200 Milliarden Euro in 2023. Scholz sagt: „Wir können nicht alles finanzieren, was man sich wünscht, aber ziemlich viel.“ Die Politik ist kein Wunschkonzert. Da hat der Finanzminister recht. Nur muss das fürs Soziale ebenso gelten wie für jeden anderen Bereich auch.

Zumal die Bundesregierung nicht erst unter dem SPD-Finanzminister ihre soziale Ader entdeckt hat. Schon seit Längerem gibt Deutschland jedes Jahr mehr Geld für seine Bürger aus. Da wird eine Mütterrente eingeführt, da steigen Kindergeld und Bafög, da wird das Wohneigentum für Familien gefördert und da werden die Pflegeleistungen erhöht.

All das kommt gut an, es signalisiert: Die Politik tut etwas für die Bürger, sie kümmert sich. Scholz rechtfertigt die steigenden Sozialausgaben dann auch damit, dass man „den sozialen Zusammenhalt stärken“ wolle, dass man dafür Sorge trage, „dass der wirtschaftliche Erfolg bei allen Bürgerinnen und Bürgern ankommt“. Mit solchen Sätzen gewinnt man Wählerstimmen, die gerade die Volksparteien heute dringender denn je brauchen.

Die Kosten trägt der Steuerzahler

Die Frage ist nur, was uns solche Sätze als Gesellschaft am Ende kosten werden. Schließlich muss jemand das Ganze bezahlen. Und dieser Jemand ist nicht der Staat – sondern der Steuerzahler.

Damit das nicht falsch verstanden wird: Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Menschen, die finanzielle Unterstützung brauchen, müssen diese auch erhalten. Das gehört zur DNA der Bundesrepublik. Der Sozialstaat ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Ebenso klar ist aber auch: Nur weil wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben, rechtfertigt das noch lange nicht jede Ausgabe, auf der das Etikett „sozial“ prangt.

Das beste Beispiel dafür ist die von der SPD ins Spiel gebrachte Grundrente. Menschen, die im Alter auf die Unterstützung des Staats angewiesen sind, sollen demnach nicht erst aufs Amt gehen und um Hilfe bitten müssen. Und Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, sollen als Rentner mehr als die reine Grundsicherung bekommen. So weit, so verständlich, so gerecht. Das Problem ist nur: Weil die SPD eine Prüfung der Bedürftigkeit des Einzelnen kategorisch ausschließt, würden von der Grundrente viele profitieren, die auf eine Stütze gar nicht angewiesen sind. Warum aber sollte der Staat etwa einer Frau im Alter eine Grundrente zahlen, deren Ehemann für zwei verdient hat?

Auf die junge Generation kommt schon genug zu

Sozial zu sein, das heißt auch, an die nachfolgende Generation zu denken. Und auf die kommt angesichts des demografischen Wandels ohnehin schon unglaublich viel zu. Muss jemand, der 1970 geboren wurde, in seinem Erwerbsleben im Schnitt 570.000 Euro an Sozialabgaben zahlen, werden es beim Jahrgang der 2010 Geborenen bereits 740.000 Euro sein. Das hat jüngst die Bertelsmann Stiftung vorgerechnet.

Deshalb haben wir im Sozialstaat geradezu die Pflicht, genau zu prüfen, wofür wir Steuergelder ausgeben – auch wenn es um Sozialausgaben geht. Ein Baukindergeld zum Beispiel ist in der derzeitigen Form Murks. Der Staat hat es eingeführt, um Familien zu unterstützen und den Neubau zu fördern – zwei gesellschaftlich sinnvolle Ziele. Abgerufen wird das Baukindergeld nun aber zum Großteil, um den Kauf von Bestandsimmobilien zu finanzieren. Mehr Wohnungen schafft man so nicht, Zweck verfehlt.

Gerade in diesen Zeiten ist das fatal. Die Wirtschaft schwächt sich ab, der Staat muss mit sinkenden Steuereinnahmen rechnen. Da ist weniger Geld zu verteilen, bei dem man umso genauer überlegen muss, wie man es einsetzt. Denn in einem könnte Scholz recht behalten: Die fetten Jahre sind womöglich bald vorbei.

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