Angeblich Panzer und Hubschrauber an Bord: Die Kim-Dynastie und ihre Züge
Auch zum Russland-Gipfel nach Wladiwostok ist Nordkoreas Machthaber mit dem Zug gereist. Sein Großvater Kim Il Sung fuhr per Bahn sogar bis in die DDR.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un ist mit dem Zug zum Gipfeltreffen in Wladiwostok mit Russlands Präsident Wladimir Putin gereist. Damit setzt er eine Familientradition fort: Auch sein Vater Kim Jong Il und sein Großvater Kim Il Sung bevorzugten aufwändig präparierte Züge für ihre Reisen inner- und außerhalb Nordkoreas. Die Bahnreise nach Wladiwostok ist bereits Kims vierte Zugfahrt zu einem Gipfeltreffen im Ausland.
Lächeln und Händeschütteln vor der Abfahrt: Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA zeigte Bilder von Kim vor der Abreise. Wo genau in Nordkorea Kim abfuhr, blieb dabei unklar. Klar ist jedoch, dass er rund neun Stunden bis in die Stadt im Osten Russlands brauchte. Eine Kurzstreckenfahrt im Vergleich zu der zweieinhalbtägigen Marathonbahnreise nach Hanoi, wo sich Kim im Februar mit US-Präsident Donald Trump zu Gesprächen über Nordkoreas Atomprogramm getroffen hatte.
Die Herrscherfamilie Kim hat Berichten zufolge eine ganze Reihe von Spezialzügen, die mit einem gelben Streifen markiert sind und in einer Fabrik in Pjönjang gebaut werden.
Sie bestehen meist aus zwei Lokomotiven und 17 bis 21 Waggons und transportieren angeblich sogar Panzerwagen und kleine Hubschrauber. Unterwegs sind sie mit einer Spitzengeschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde.
Schon Vater und Großvater reisten per Bahn
Dass ihr Staatsoberhaupt lange Strecken mit dem Zug zurücklegt, ist für die Nordkoreaner nichts Neues: Kim Jong Uns Vater und Vorgänger Kim Jong Il war bekannt für seine Flugangst, was seine Reisen auf insgesamt zehn Überlandfahrten nach China und Russland beschränkte.
2011 legte er bei einem Chinabesuch 6000 Kilometer in seinem gepanzerten Zug zurück. Im gleichen Jahr reiste er in die sibirische Stadt Ulan-Ude, um den damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zu treffen. Bahnhofsanwohnern wurde gesagt, sie müssten in ihren Häusern bleiben und dürften bei Ankunft des Zuges nicht aus den Fenstern schauen.
Von den drei Kims war Staatsgründer Kim Il Sung wohl der reisefreudigste. Im Jahr 1949 besuchte er heimlich Moskau, um sich vom sowjetischen Machthaber Josef Stalin den Segen für einen Angriff auf Südkorea abzuholen. Im folgenden Jahr löste er mit einem Überfall auf den Süden den Koreakrieg aus.
Seine längste Zugreise führte den Staatsgründer Nordkoreas 1984 über die Sowjetunion nach Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien und die DDR.
Kim klagte über beschwerliche Reise
Heutzutage sind die Eisenbahnwaggons, die Kim Jong Il und Kim Il Sung benutzt hatten, in Pjöngjang ausgestellt. Auf Kim Jong Ils Schreibtisch steht sogar noch der Computer, an dem er einst gearbeitet hatte: ein alter Macintosh von Apple.
Ob Kim Jong Un auch in Zukunft für seine Reisen vor allem auf den Zug setzen wird, ist unklar: Nach seiner 60-Stunden-Fahrt zum erfolglosen Atomgipfel mit Trump in Hanoi und zurück soll er nach Informationen aus Diplomatenkreisen über Erschöpfung geklagt haben.
Laut einem Bericht der südkoreanischen Nachrichtenagentur Newsis zitierte der stellvertretende Außenminister Choe Son Hui den Machthaber bei einer Besprechung mit den Worten: "Warum sollte ich noch einmal eine solche Zugfahrt machen?" (AFP)