Quartalszahlen: Die Commerzbank macht weniger Gewinn - und sucht eine neue Strategie
Niedrige Zinsen und der starke Wettbewerb setzen der Commerzbank zu - im zweiten Quartal sackte der Gewinn deutlich ab. Auch bei der Konkurrenz, der Deutschen Bank, gibt es Probleme.
Im Frühjahr war die Welt der Commerzbanker noch in Ordnung. Ihr Chef Martin Blessing durfte zum Abschied einen Milliardengewinn präsentieren, die Zeit der Zitterpartie schien vorbei. Doch jetzt ist Sommer und die Sorgen sind zurück. Eine Woche vor der geplanten Präsentation der Quartalsergebnisse hat die Commerzbank ihre Aktionäre mit schwachen Zahlen überrascht. Und zwar mit so schwachen Zahlen, dass Gerüchte über neue Sparmaßnahmen die Runde machen. Wie viel da dran ist, ist schwer zu sagen. Denn Blessings Nachfolger, Martin Zielke, schweigt. Seit seinem Amtsantritt ist er abgetaucht – nimmt kaum öffentliche Termine wahr, gibt keine Statements ab. Stattdessen soll er an einer neuen Strategie für die Bank basteln, die er im Herbst vorstellen will. Und das ist auch bitter nötig, meinen Experten mit Blick auf die Zahlen.
Der Gewinn der Commerzbank schrumpft deutlich
Um fast ein Drittel ist der Überschuss der Commerzbank im zweiten Quartal eingebrochen auf 209 Millionen Euro. Als Gründe machen Beobachter die niedrigen Zinsen aus, sowie die geringere Kreditnachfrage der Mittelständler. Fondsmanager Helmut Hipper von Union Investment spricht von „einer klaren Enttäuschung“. Nun bleibe nur die Hoffnung, dass Zielke tatsächlich „einen überzeugenden Business-Plan“ vorlege.
Zutrauen kann man Zielke das. Er gilt als knallharter Sanierer. Ein Ruf, den er sich als Chef der Privatkundensparte erworben hat. Auch dieser Bereich stand lange unter Druck: Mit Kleinsparern lässt sich in Niedrigzinszeiten kaum noch Geld verdienen, gleichzeitig rechnen sich die Filialen immer weniger. Doch Zielke hat kräftig gespart – auch an Arbeitsplätzen – und so aus einem Problembereich wieder einen Gewinnbringer gemacht.
Jetzt versucht er sein Glück auf Konzernebene. Doch dort ist der Fall um einiges schwieriger. Allein schon deshalb, weil die Commerzbank längst nicht mehr alle Geschäfte machen will, zu denen sie in der Vergangenheit ja gesagt hätte. So schrumpft zum Beispiel das Netz an Auslandsbanken kräftig zusammen, mit denen die Commerzbank kooperiert. Auf diese Weise soll das Institut weniger anfällig für Strafen werden: Zuletzt musste das Haus wegen des Verstoßes gegen Iran-Sanktionen 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Doch weniger Geschäfte im Ausland heißt auch: weniger Erträge.
Als nächstes könnte Zielke bei der Mittelstandsbank sparen
Deshalb fordert Jochen Schmitt vom Bankhaus Metzler, Zielke müsse nun „die Profitabilität der Bank steigern“. Das heißt: Es muss mehr Geld in die Kasse kommen und dort auch bleiben. Mehr zu verdienen ist derzeit allerdings schwer. Bleibt daher nur die zweite Lösung: Kosten senken. Experten glauben, dass Zielke sich die hauseigene Mittelstandsbank genauer anschauen wird. Bei den bisherigen Sparrunden war sie außen vor geblieben. Doch inzwischen halten auch Mittelständler sich mit Krediten zurück. Wie die Agentur Reuters berichtet, sollen bereits 20 Prozent der 5700 Arbeitsplätze bei der Mittelstandsbank auf der Kippe stehen.
Bei den Aktionären kommt diese neue Sinnsuche ebenso wie die schwachen Zahlen nicht gut an. Die Aktie der Commerzbank verlor am Dienstag fast fünf Prozent. Mittlerweile kostet ein Anteilsschein der Bank nur noch 5,50 Euro – vor einem Jahr zahlten Aktionäre dafür noch mehr als das Doppelte. Auch für den Staat sieht es da mau aus. Mit 15 Prozent ist er immer noch an der Commerzbank beteiligt, nachdem die Regierung das Institut in der Finanzkrise retten musste. Über einen kompletten Ausstieg des Staates redet derzeit erst mal keiner mehr.
Auch die Deutsche Bank steht unter Druck
Dabei ist die Commerzbank längst nicht die einzige Großbank mit Problemen. Bei der Deutschen Bank sieht es nicht besser aus. Auch ihr Aktienkurs fällt und fällt. Auch am Dienstag – einen Tag, bevor das Institut ebenfalls seine Quartalszahlen vorlegt – haben die Papiere kräftig nachgegeben. Grund waren dabei nicht nur die Zahlen der Konkurrenz, sondern auch neue Vorwürfe. Ein Unternehmen und zwei Einzelpersonen werfen der Deutschen Bank in den USA vor, sie im Vorfeld der Finanzkrise nicht richtig über die Risiken im Zusammenhang mit Hypothekenkrediten aufgeklärt zu haben. Sie argumentieren: Hätten sie gewusst, worauf sie sich einlassen, hätten sie nicht Papiere für 5,4 Milliarden Dollar gekauft. Das Bezirksgericht Manhattan hat die Klage in Teilen zugelassen – womit die Deutsche Bank noch eine neue Baustelle hat.
Dabei steht deren Chef, John Cryan, ohnehin unter Druck. Da ist etwa der Internationale Währungsfonds (IWF), der gerade erklärt hat: Von keinem anderen Institut gingen so viele Risiken aus wie von der Deutschen Bank. Auch die Ratingagenturen sind vorsichtig geworden. Standard & Poor’s droht dem Institut bereits mit einer Herabstufung. Dabei geben die Analysten dem Haus schon jetzt nur die mittelmäßige Note BBB+. „Wir sehen ein Risiko, dass es für die Deutsche Bank eine Herausforderung sein könnte, ihre Ziele im Rahmen der ,Strategie 2020’ zu erreichen“, schreiben die Analysten. Umso genauer werden sie sich die Zahlen anschauen. Tritt ein, was Experten erwarten, wird Cryans Job nicht leichter. Sie rechnen für das zweite Quartal mit einem Nettogewinn von elf Millionen Euro – im Vorjahr waren es noch 800 Millionen Euro.
Und über alldem stehen weitere Sorgen: Ende der Woche, am späten Freitagabend, werden die Ergebnisse des europäischen Bankenstresstests veröffentlicht. Es geht um die Frage: Wie anfällig sind die Häuser für eine neue Krise? Der Termin ist bewusst gewählt. Erst wenn alle wichtigen Börsen geschlossen sind, gibt die Aufsicht die Ergebnisse bekannt – zu groß ist die Angst vor einer Panik an den Märkten. Das zeigt: Die Gewitter sind womöglich erst im Anzug.