Bund zu Bahn-Projekten: Die Bahn soll schneller, besser, pünktlicher werden
Kürzere Fahrzeiten, bessere Anbindung, mehr Pünktlichkeit: Der Bund stuft Bahn-Projekte als dringlich ein
In Köln, Frankfurt am Main, Hamburg oder München brauchen Bahn-Reisende besonders starke Nerven. An den überlasteten Knotenpunkten im Schienennetz, wo an den großen Bahnhöfen viele Verbindungen zusammenlaufen, stockt der Verkehr regelmäßig – mit fatalen Kettenreaktionen im gesamten Netz. „Hart an der Kapazitätsgrenze“ operiere die Deutsche Bahn (DB) an den Knoten, räumt Bahn-Chef Richard Lutz ein. Doch das Problem soll sich nach dem Willen des Bahn-Eigentümers Bund lösen.
Einen „Riesenschritt“ zu einer pünktlicheren und verlässlicheren Bahn und zum „Wow-Effekt auf der Schiene“ versprach Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Dienstag geplagten Bahn-Kunden. Was Scheuer optimistisch macht: Das Ministerium hat zahlreiche Bahnprojekte im Bundesverkehrswegeplan in die Top-Kategorie mit einer gesicherten Finanzierung hochgestuft. Das klingt nach Bürokratie, soll sich aber für Pendler, Reisende und für den Güterverkehr praktisch und positiv auswirken. Denn 29 zusätzliche Schienenprojekte können nun konkret umgesetzt und geplant werden und für eine Entlastung des Schienenverkehrs sorgen. Darunter 22 Neu- und Ausbauvorhaben, sechs Ausbauvorhaben an den Eisenbahnknoten und Maßnahmen für den Einsatz von extralangen 740-Meter-Güterzügen. Unter anderem soll sich die Fahrzeit auf der Strecke Berlin-Stralsund oder zwischen Nürnberg und Erfurt verkürzen. Auch die Verbindung Dresden-Prag soll ausgebaut werden. Zweigleisig ausgebaut werden soll auch die Strecke Morsum-Tinnum in Schleswig-Holstein auf der sogenannten Marschbahn, die das Festland mit der Insel Sylt verbindet.
Verkehrsminister rechnet noch mit Diskussionsbedarf
Ein Ziel der Hochstufung der Projekte ist unter anderem die Umsetzung des „Deutschlandtakts“, der in den kommenden Jahren im gesamten Bahn-Netz das Umsteigen erleichtern und die Fahrpläne von Fern- und Regionalverkehr harmonisieren soll. „Wir schaffen mehr Kapazitäten und stellen die Infrastruktur für den Deutschlandtakt bereit“, sagte Scheuer.
Wie schnell aus der Vision Wirklichkeit wird, hängt nun vom Tempo der Umsetzung ab. „Zeitnah“ müssten die Planungen nun beginnen, mahnte Enak Ferlemann, Beauftragter der Bundesregierung und Staatssekretär im Verkehrsministerium. SPD-Fraktionsvize und -Verkehrsexperte Sören Bartol hob die Bedeutung eines gut ausgebauten Schienennetzes für den Wirtschaftsstandort Deutschland hervor. „Damit wir auf der Schiene nicht im Stau stecken bleiben, müssen wir die Planung der Projekte schnell angehen.“ Wie die neuen Schienenprojekte konkret ausgebaut werden, müsse in den kommenden Jahren im Rahmen einer guten Bürgerbeteiligung vor Ort besprochen werden.
Scheuer betonte, dass es sich um mittel- und langfristige Projekte handle, bei denen es nicht „morgen“ einen Spatenstich gebe und die „übermorgen“ fertig seien. Es werde bei den konkreten Planungen noch erhebliche Diskussionen geben.
Der Bundesverkehrswegeplan 2030 werde mit den hochgestuften Projekten nun "de facto mit zwei Jahren Verspätung vorläufig abgeschlossen", sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel. "Das ist kein Ruhmesblatt für die Verkehrspolitik von Schwarz-Rot." Denn während bei den Straßenbauvorhaben die Bewertungen "auch für die unwichtigste Ortsumgehung" bereits im Frühjahr 2016 abgeschlossen worden seien, hinke die Bundesregierung bei der Schiene hinterher.
Mehr als 100 Milliarden für Bahnprojekte bis 2030
„Für einen intelligenten Ausbau der Schieneninfrastruktur brauchen wir noch zusätzliche Überhol- und temporäre Abstellgleise für Güterzüge, damit längere Güterzüge bis zu 740 Meter ebenso realisiert werden können“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete und Berichterstatter für den Bundesverkehrswegeplan, Christian Jung. Der Netzzustand sei der „Schlüssel zum Erfolg, was die massiven Probleme 2017 bei der Tunnelhavarie in Rastatt und der anschließenden 51-tägigen Sperrung der Rheintalbahn gezeigt haben“.
Im Bundesverkehrswegeplan 2030 gibt es neben den dringlichsten Neubau- und Ausbauprojekten auch solche der Kategorie „potenzieller Bedarf“. Nun steigen viele Vorhaben in den sogenannten Vordringlichen Bedarf auf, weil eine „positive gesamtwirtschaftliche Bewertung“ vorliegt. Der geltende Bundesverkehrswegeplan 2030 war 2016 beschlossen worden. Er sieht Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserwege in ganz Deutschland von mehr als 270 Milliarden Euro vor. 40 Prozent der Mittel gehen an Bahnprojekte. Für den Plan waren über 2000 Vorhaben angemeldet und nach Kosten, Nutzen und Umweltfolgen bewertet worden. Zum Verkehrsnetz des Bundes gehören die Autobahnen und Bundesstraßen, das Netz der bundeseigenen Deutschen Bahn sowie Flüsse und Kanäle. (mit dpa)