Strategie der Bundesregierung: Deutschland will bei Künstlicher Intelligenz führend sein
Drei Milliarden will die Regierung bis 2025 in Künstliche Intelligenz investieren. Doch die neue Strategie hat Schwächen.
Wenn sich das Kabinett Mittwoch und Donnerstag zur Klausurtagung in Potsdam trifft, steht nicht weniger als Deutschlands Zukunftsfähigkeit auf dem Programm. Die Strategie Künstliche Intelligenz soll beschlossen werden. Das Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, ist mit seinen 80 Seiten fast ein kleiner Koalitionsvertrag. Zu finden sind darin zwar einige konkrete Maßnahmen – doch in manchen Punkten zeigt die Strategie Schwächen.
Drei Milliarden Euro will sie bis 2025 investieren, um Deutschland zu „einem weltweit führenden Standort für KI“ zu machen. Das klingt erst mal nach viel, ist aber im internationalen Vergleich zu sehen: Frankreich steckt bis 2023 1,5 Milliarden Euro in KI, China will bis 2030 eine staatlich geförderte 150-Milliarden-Dollar-Industrie schaffen.
Für 2019 sind vom Haushaltsschuss vorerst nur 50 Millionen Euro für KI-Forschung genehmigt, 450 Millionen Euro für die Folgejahre. 116 Millionen Euro kommen für die Agentur für Sprunginnovationen hinzu – dass noch mehr Geld draufgelegt wird, ist nicht ausgeschlossen. Die Regierung zeigt mit der Strategie bereits ihre Ambition, weitere Mittel zu beantragen. Ohnehin geht sie davon aus, dass durch ihre Förderung auch Investitionen in Wirtschaft, Wissenschaft und bei den Ländern ausgelöst werden, sodass es „mindestens zu einer Verdoppelung der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel“ kommt.
Die KI-Forschung selbst ist in Deutschland bereits jetzt exzellent. Damit das so bleibt, sollen sich mindestens zwölf Zentren zu einem Netzwerk zusammenschließen. Vom ursprünglich angekündigten deutsch-französischen Forschungszentrum in physischer Form ist am Ende aber nur ein „virtuelles Zentrum“ übrig.
Regierung will Gesamtpaket schnüren
Um Spitzenforscherinnen und -forscher zu halten und aus dem Ausland anzulocken, will die Regierung ein attraktives „Gesamtpaket“ schnüren. So soll es ein Dual-Career-Modell geben, das ihnen einen leichteren Wechsel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ermöglicht. Damit wird zwar einer der großen Knackpunkte angegangen: Die hervorragende Forschung findet bisher zu selten und zu langsam ihren Weg in marktfähige Produkte und Dienste von deutschen Unternehmen – so wie einst beim MP3-Player, als dessen Technik in Deutschland entwickelt wurde, das Geld aber Unternehmen aus Asien machten.
Keine konkrete Lösung findet sich aber in der Strategie, wie KI-Spitzenforscher künftig besser bezahlt werden können. Dafür wäre eine Anpassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) notwendig, doch bisher hat es angeblich keine Gespräche zwischen Verdi und dem Beamtenbund mit dem Wirtschaftsministerium gegeben. Hier müsste die Regierung noch nachlegen.
Forscher brauchen aber nicht nur gute Arbeitsbedingungen, sondern vor allem auch Daten. Deshalb will die Regierung die Forschung für Pseudonymisierungs- und Anonymisierungsverfahren vorantreiben. Werden hier überzeugende Modelle entwickelt, dürften auch mehr Bürgerinnen und Bürger bereit sein, ihre Daten zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen. Neben echten Daten will die Regierung aber auch vorantreiben, dass Daten künftig leichter synthetisch erstellt werden können. Unternehmen selbst sollen untereinander „Datenpartnerschaften“ eingehen, unter Einbindung der Kartellbehörden.
Der Mittelstand soll profitieren
Davon soll dann auch der Mittelstand profitieren, der in Sachen KI künftig Nachhilfe bekommen soll von sogenannten „KI-Trainern“. Mindestens 20 solcher Trainerinnen und Trainer sollen die kleinen und mittelständischen Firmen beraten und begleiten bei der Implementierung von KI. Welchen Effekt solche Maßnahmen haben, ist bisher schwer zu messen. Das soll sich nun ändern: Mit einem KI-Monitoring will die Regierung die Durchdringung von KI-Anwendungen ermitteln.
Neu gegründet werden soll auch ein Deutsches KI-Observatorium, das insbesondere beobachten soll, wie sich KI in der Arbeitswelt auswirkt. Es könnte künftig auch als Kontrollinstanz wirken und beispielsweise Bewerbungs- und Personalplanungssoftware auf Diskriminierung hin überprüfen. Keine Einigung gab es zwischen den Ministerien auf ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz. Hier wird wohl 2019 nachgelegt.
Ohnehin will die Regierung Anfang 2020 und damit ein Jahr vor Ablauf der aktuellen Legislaturperiode überprüfen, wie die Strategie wirkt und ob und wie sie an die neuen Entwicklungen angepasst werden muss – so, dass „KI – made in Germany“ ein Gütesiegel wird.
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