Leiharbeit: Deutsche Unternehmen beschäftigen fast eine Million Leiharbeiter
Immer mehr Firmen in Deutschland setzen Zeitarbeiter ein. Vor allem die Metall- und Elektrobranche greift gerne auf Leiharbeiter zurück.
Sie arbeiten am Fließband, helfen bei der Produktentwicklung aus oder liefern Teile für die Automobilherstellung: In Deutschland sind so viele Leiharbeiter beschäftigt wie noch nie. Nach Angaben der Bundesregierung waren im Jahr 2015 insgesamt 961000 Leiharbeiter in den Betrieben tätig. „Die Wirtschaft brummt, aber dennoch ist die Leiharbeit auf Rekordhöhe“, kommentierte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst, am Donnerstag die Auskunft der Bundesregierung auf eine Anfrage seiner Fraktion.
Leiharbeiter verdienen deutlich weniger als Festangestellte
Ein Leiharbeitsverhältnis ist eine Art Dreiecksbeziehung zwischen einem Arbeitnehmer, einem Verleiher und einem Entleiher. Angestellt und entlohnt wird der Arbeitnehmer vom Verleiher. Dieser nutzt die Arbeitskraft des Arbeitnehmers jedoch nicht selbst, sondern stellt sie einer anderen Firma, dem Entleiher, zur Verfügung. Dafür erhebt er eine Gebühr, die meist rund das Doppelte des Stundenlohns des Leiharbeitnehmers beträgt. Leiharbeiter werden in der Regel deutlich schlechter bezahlt als Stammbelegschaften und nur zeitlich befristet beschäftigt.
Die Zahl der Zeitarbeiter nimmt seit Jahren zu
Der Umfang der Leiharbeit steigt nach Angaben der Bundesregierung seit Jahren. So waren 2015 knapp 50000 Menschen mehr in Leiharbeit als 2014, als es etwa 912000 Leiharbeiter waren. In den Jahren zuvor lag die Zahl teilweise deutlich darunter, wie etwa 2009, als knapp 610000 Leiharbeiter gezählt wurden. Leiharbeiter verdienen weniger als Festangestellte: Nach den jüngsten Zahlen der Bundesregierung lag das mittlere Brutto-Monatsgehalt von Leiharbeitern bei 1700 Euro. Im Vergleich dazu lag das Durchschnittsgehalt bei den sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bei 2960 Euro. Dabei arbeiteten zwei Drittel der Leiharbeiter zu besonders niedrigen Löhnen, also unter der amtlich definierten Niedriglohnschwelle von 1973 Euro. 5,7 Prozent der Leiharbeiter haben sogar Anspruch auf ergänzende staatliche Leistungen und stocken ihr Gehalt durch Hartz IV auf.
Leiharbeiter sind befristet beschäftigt
Leiharbeit ist in der Praxis zeitlich befristete Beschäftigung. Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, besteht nur jedes vierte Leiharbeitsverhältnis nach neun Monaten noch. Nur zwölf Prozent sind 18 Monate oder länger beschäftigt. Mehr als jeder dritte Leiharbeiter (36 Prozent) ist in der Metall- und Elektrobranche tätig, elf Prozent davon im Maschinenbau und zehn im Fahrzeugbau. Zudem greifen auch immer mehr Dienstleister auf Zeitarbeiter zurück.
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hält Zeitarbeit für unverzichtbar
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall bezeichnete das Niveau der Leiharbeit in der Branche in einer Stellungnahme als niedrig. Ihr Anteil im Vergleich zu den Stammbeschäftigten belaufe sich auf gerade einmal fünf Prozent. Gleichwohl bleibe Zeitarbeit für den Wirtschaftszweig ein „unverzichtbarer Baustein, um auf plötzliche Auftragsschwankungen, aber auch gesetzlich geregelte Personalausfälle wie beispielsweise Elternzeiten reagieren zu können“.
Arbeitsministerin Nahles will die Löhne von Zeitarbeitern und Stammbelegschaften angleichen
Der Linken-Politiker Ernst bedauerte, dass sich in den Betrieben „ein Zweiklassensystem etabliert“ habe. Daran werde auch die von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geplante Reform der Leiharbeit nichts ändern. Ihr Entwurf sieht vor, dass Leiharbeiter künftig nach neun Monaten genauso bezahlt werden wie die Stammbelegschaften. Zudem sollen die Zeitarbeiter künftig höchstens 18 Monate bei einem Entleihunternehmen beschäftigt sein dürfen. Außerdem will Nahles mit der Reform die Tarifautonomie stärken. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nach dem Gesetzentwurf die maximale Verleihdauer tarifvertraglich regeln. Der Gesetzentwurf war im Juni vom Kabinett verabschiedet worden, im Herbst wird der Bundestag über Nahles’ Vorschlag debattieren.
Im Oktober werden neue Tarifverträge für Leiharbeiter ausgehandelt
Die Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DBG) verhandeln am 7. Oktober mit den Arbeitgeberverbänden, Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen über die neuen Tarifverträge in der Leiharbeit.
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