Biotechnologie-Report: Deutsche Biotech-Branche hinkt Europa hinterher
In Deutschland werde das Potential der Branche nicht genutzt, heißt es in einer Studie von Ernst&Young. Experten fordern mehr Unterstützung von der Bundesregierung.
Rekorde beim Umsatz, bei der Beschäftigung und bei der Finanzierung - und trotzdem hinkt die deutsche Biotechnologie-Branche im Vergleich zu anderen Länder in Europa hinterher. Der Abstand zu den USA hat sich in den letzten 20 Jahren sogar noch vergrößert. „Das ist erschütternd. Der große Sprung der Branche in Deutschland nach vorne bleibt aus“, sagte Siegfried Bialojan, Experte vom Life Science Center der Unternehmensberatung Ernst&Young.
Am Montag legte er zusammen mit Peter Heinrich, Chef des Branchenverbandes BIO Deutschland, in Frankfurt den jüngsten Biotechnologie-Report vor. In Deutschland werde das Potential der Branche und der Wissenschaft bei weitem nicht genutzt. Von der neuen Bundesregierung fordern die beiden Experten deutlich mehr Unterstützung, etwa eine breiter aufgestellte Forschungsförderung.
Enttäuschung trotz neuem Rekord
Auf den ersten Blick sehen die Zahlen der Branche für das vergangene Jahr gut aus. Der Umsatz der rund 650 deutschen Biotech-Firmen mit ihren 25.900 Beschäftigten (plus 12 Prozent) kletterte um acht Prozent auf den neuen Rekordwert von vier Milliarden Euro. Die Finanzierung stieg sogar um mehr als ein Drittel auf den Höchstwert von 627 Millionen Euro. Der größte Teil entfiel mit 340 Millionen aber auf Kapitalerhöhungen. Dagegen wagte nur eine einzige deutsche Biotech-Firma den Sprung an die Börse und dies an der US-Technologie-Börse Nasdaq - das Jenaer Unternehmen InflaRx erlöste rund 86 Millionen Euro.
Trotzdem ist man in der Branche über die Entwicklung enttäuscht. Die Zahl neuer Biotechfirmen steigt nur langsam. Generell waren die Wachstumsraten in den vergangenen Jahren höher. Zum anderen schrumpfte das Risiko-Kapital für junge Biotech-Start-Up-Unternehmen von 213 auf 201 Millionen Euro. Auch die Investitionen in Forschung und Entwicklung gingen um drei Prozent auf 1,2 Milliarden Euro zurück.
Ganz anders sieht es nach Angaben von Bialojan in anderen Ländern Europas aus. In Frankreich machten Risikokapital-Geber für die Biotechs im vergangenen Jahr 250 Millionen Euro locker, ein Plus von 85 Prozent. In Großbritannien waren es 672 und in der Schweiz 450 Millionen Euro. Und in Europa gab es insgesamt 27 Börsengänge von Biotech-Firmen. Die Kluft zu den USA wächst weiter: Dort wurden im vergangenen Jahr 2,56 Milliarden Dollar neu für Biotech-Firmen bereitgestellt. 29 Firmen gingen an die Börse.
Die meisten Neugründungen in Berlin und Potsdam
Wenn in Deutschland in Biotechfirmen investiert wird, kommt das Geld meist von ausländischen Fonds und Investoren. Von deutscher Seite aktiv waren dem Report zufolge im vergangenen Jahr unter anderem dievini Hopp BioTech (des SAP-Gründers Dietmar Hopp), Boehringer Ingelheim und Evotec. Die meisten Neugründungen von Biotechfirmen gab es 2016 und 2017 mit sechs in Berlin/Potsdam und in München (zusammen mit Planegg, Starnberg und Martinsried). In Baden-Württemberg waren es fünf, in Ostdeutschland dagegen nur drei.
Bialojan und Heinrich zufolge bedarf es eines gemeinsamen Engagements von Politik und Gesellschaft, um die Branche endlich richtig nach vorne zu bringen. „Wir brauchen einen Ruck“. Es gehe um Innovationen getragen von Forschung, Unternehmergeist und Kapitalverfügbarkeit. Die beiden Experten setzen dabei auf die neue Bundesregierung. Immerhin hat sich der neue Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum nächsten Branchentreffen angesagt.
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