Stabile Geschäfte, Nachteile im Wettbewerb: Deutsche Bahnindustrie fordert politischen Beistand
Die Auftragsbücher der deutschen Hersteller von Lokomotiven und Schienentechnik sind voll. Dennoch macht sich die Branche Sorgen.
Volle Auftragsbücher stimmen die deutsche Bahnindustrie optimistisch. Mit Blick auf den scharfen internationalen Wettbewerb – insbesondere in China – wünscht sich die Branche mit ihren 53 000 Beschäftigten aber mehr politische Rückendeckung.
Nach soliden Geschäften im ersten Halbjahr sei er „recht optimistisch“, dass sich auch die zweite Jahreshälfte positiv in den Bilanzen der heimischen Hersteller von Lokomotiven, Schienentechnik und Stellwerken niederschlagen werde, sagte Martin Lange, Vorsitzender des Branchenverbandes VDB am Dienstag in Berlin. In den ersten sechs Monaten des Jahres hatte die Bahnindustrie einen Auftragsschub von gut 50 Prozent erlebt. Mit 8,5 Milliarden Euro Ordervolumen wurde nicht nur der schwache Wert des Vorjahreszeitraums von 5,6 Milliarden Euro deutlich übertroffen, sondern auch fast wieder das Volumen aus dem Jahre 2013 erreicht. Der Umsatz blieb im Halbjahr mit 5,2 Milliarden Euro stabil.
Das Infrastrukturgeschäft läuft "notorisch schwach"
Gingen vor zwei Jahren die neuen ICX-Züge für die Bahn in die Gesamtrechnung ein, fielen im ersten Halbjahr Großbestellungen bei Siemens für den Rhein- Ruhr-Express (RRX) ins Gewicht. Allein dieser Auftrag machte 1,7 Milliarden Euro aus. „Notorisch schwach“ verläuft das Geschäft mit Infrastrukturausrüstungen aus, wie Lange sagte. Die Anfang des Jahres erhöhten Finanzmittel zum Erhalt des Schienennetzes (LuV-Mittel) seien noch nicht bei den Unternehmen angekommen. In den kommenden fünf Jahren stehen jährliche eine Milliarde Euro mehr für Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung. Diese werden zunächst für die Sanierung von Bauwerken eingesetzt.
Sorgen bereitet der deutschen Bahnindustrie, die mehr als 50 Prozent ihres Geschäfts im Ausland bestreitet, das starke Auftreten chinesischer Wettbewerber, insbesondere des fusionierten Riesenkonzerns CRRC. „Aufträge bekommt, wer die Finanzierung mitbringt“, sagte VDB-Präsident Lange. Hier seien aber chinesische Anbieter „gedeckt durch schier unerschöpfliche staatliche Finanzmittel“ klar im Vorteil – inzwischen auch bei Aufträgen in Industriestaaten wie den USA.
Hermes-Bürgschaften für Großaufträge
Die Bahnindustrie forderte die Politik auf, „deutlicher Farbe zu bekennen für den Schienenverkehr“. So müssten Hermes-Bürgschaften, mit denen die Regierung Exporte gegen politische Risiken absichert, auch für große Aufträge eingesetzt werden können. Die Regierung vernachlässige zudem die Forschungsförderung. „Während die Elektromobilität auf der Straße umfassend gefördert wird, genießt die auf der Schiene kaum Aufmerksamkeit“, sagte Lange. VDB-Hauptgeschäftsführer Ben Möbius ergänzte, der Bund müsse sich für einen „Mainstream für nachhaltige Mobilität“ einsetzen. Dazu gehörten faire Rahmenbedingungen im Wettbewerb mit Fernbussen oder die Sanierung veralteter Technik. Ein Drittel der 3400 Stellwerke sei im Schnitt 80 Jahre alt.
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