Unter Zugzwang: Chinesen könnten bei Bombardier einsteigen
Gehen Bombardier und Siemens im Geschäft der Bahnhersteller zusammen? In der Branche rechnet man eher mit einem Einstieg aus einer ganz anderen Richtung.
Der Bahnhersteller Bombardier, der von Berlin aus seine weltweiten Geschäfte lenkt, sucht einen Partner. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ hat der kanadische Konzern dabei auch bei Siemens angeklopft, einer der Hauptkonkurrenten in Deutschland. In der Branche hält man eine solche Fusion allerdings für unwahrscheinlich. Eher infrage komme dagegen ein Partner aus China, sagte ein Insider dem Tagesspiegel. Weder Bombardier noch Siemens wollten sich am Mittwoch zu dem Bericht äußern.
Der Markt der Bahnhersteller ist hart umkämpft. Aufträge sprudeln nicht mehr – und es gibt neue Konkurrenten für die einstigen Platzhirsche in Deutschland. Die Deutsche Bahn hat neue Triebwagen bei Pesa in Polen bestellt; für den schnellen Regionalverkehr zwischen Nürnberg und München kauft sie Lokomotiven und Doppelstockwagen bei Škoda in Tschechien. Vor allem bei Doppelstockwagen war bisher Bombardier mit seinem Werk in Görlitz führend.
Gemeinsam bauen sie den ICx
Bombardier will in der Bahnsparte zu Geld kommen, weil der Flugzeugbau in Kanada derzeit auch hohe Kosten verursacht. Dafür gebe es mehrere Varianten – und viele Gespräche, heißt es im Unternehmen. Denkbar sei ein Börsengang, der Einstieg eines Partners oder eine Zusammenarbeit mit einem Unternehmen.
Obwohl Bombardier und Siemens gemeinsam Wagen für die neue Fernzuggeneration der Deutschen Bahn, ICx genannt, bauen, gilt es als unwahrscheinlich, dass beide Unternehmen unter einem Dach zusammengefasst werden. Das Produktangebot sei fast identisch: von der Straßenbahn über Lokomotiven und Triebwagen bis zu den Hochgeschwindigkeitszügen, heißt es in der Branche. Ein Zusammengehen würde wahrscheinlich dazu führen, dass Stellen gestrichen oder sogar Werke geschlossen würden.
Der größte Anbieter der Welt kommt aus China
Der größte Standort von Bombardier befindet sich in Hennigsdorf nördlich von Berlin. Derzeit sind dort nach Angaben von Werkschef Ulrich Büttner rund 2800 Mitarbeiter beschäftigt, etwa 600 von ihnen haben befristete Verträge. Die Hoffnung, in Hennigsdorf durch den Bau von neuen S-Bahnen für Berlin bis zu tausend Arbeitsplätze auf Jahre zu sichern, sind gescheitert. Favorit ist ein Konsortium von Stadler und Siemens. Bei einem Zusammengehen mit Siemens könnte Bombardier doch noch ins S-Bahn-Geschäft einsteigen. Eine Variante, an die man in der Branche nicht glaubt.
Beim – erfolglosen – Versuch, die Energiesparte des französischen Unternehmens Alstom, das auch Züge baut, zu übernehmen, war Siemens sogar bereit, seinen Bahnbereich abzugeben. Zudem hat der Konzern derzeit so viele innerbetriebliche Probleme, dass ein Zukauf in der kriselnden Bahnsparte sehr unwahrscheinlich ist. Voraussetzung für ein Zusammengehen mit Bombardier wäre zudem das Einverständnis des Kartellamtes. Diese Hürde wäre auch sehr hoch.
Gute Chancen gibt man in der Branche dagegen einem Zusammenschluss mit einem Unternehmen aus China. Dort ist durch eine Fusion der größte Bahnanbieter der Welt entstanden. Und dieser will auch in Europa Fuß fassen.