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Falls sich Edeka an die Vorgaben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält, darf der Marktführer die 450 Filialen des Konkurrenten übernehmen und kann so noch mächtiger werden.
© REUTERS

Übernahme von Kaiser's-Tengelmann durch Edeka: Der Super-Supermarkt

Edeka wird noch größer – dank Sigmar Gabriel. Doch die Zeche zahlen wir alle. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Sie haben hoch gepokert – und gewonnen. Edeka-Chef Markus Mosa und Karl-Erivan Haub, Noch-Eigentümer der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann, bekommen am Ende doch noch ihren Willen. Falls sich Edeka an die Vorgaben von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält, darf der Marktführer die 450 Filialen des Konkurrenten übernehmen und kann so noch mächtiger werden.

Daran ändern auch die Bedingungen Gabriels nichts. Fünf Jahre lang darf Edeka keine Filiale an selbstständige Kaufleute abgeben, weitere zwei Jahre lang sollen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sein. Die 16 000 Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann, die „hart arbeiten“, sollen so lange wie möglich einen sicheren Arbeitsplatz haben, sagt der Vize-Kanzler. Glaubt Gabriel das wirklich? Oder will der Minister nur sein Gesicht wahren?

Warum bekam nicht Rewe den Zuschlag?

Denn was wird wohl in fünf oder sieben Jahren geschehen, wenn die Fristen abgelaufen sind? Dann gehen die Filialen doch an die selbstständigen Kaufleute im Edeka-Verbund, die oft weder Betriebsräte haben noch Tarifverträge. Oder sie werden gleich dichtgemacht. Warum sollte Edeka eine Kette durchschleppen, die defizitär ist?

Viele der 133 Kaiser’s-Läden sind klein und altmodisch. Und viele stehen an Orten, in denen der nächste Edeka- oder Reichelt-Markt nicht weit entfernt ist. 302 Filialen hat Edeka bereits in Berlin. Weitere 133 braucht der Konzern sicherlich nicht. Berliner, die bislang an jeder Ecke einkaufen können, werden sich umstellen müssen. Für einige Menschen werden in Zukunft die Wege zum Einkaufen länger. Und: Hatte nicht auch Rewe versprochen, alle Arbeitnehmer zu übernehmen? Für die Nummer zwei wären die zusätzlichen Filialen und ihre Mitarbeiter eine gute Investition, um gegenüber Edeka Boden gutzumachen.

Eine bittere Entscheidung auch für die Lieferanten

Bitter wird es auch für die Lieferanten. Die großen vier Supermarktketten beherrschen 85 Prozent des Lebensmittelmarktes, sie können den Bauern und Lebensmittelproduzenten die Preise diktieren oder ihnen Rabatte abpressen. Unter den Großen ist Edeka der König – auch ohne Kaiser’s: Der Marktführer kann günstige Einkaufskonditionen durchsetzen und seine Marktmacht ausbauen. Mit Kaiser’s geht das jetzt noch schneller. Und ohne Kaiser’s haben die Erzeuger aus der Region einen Kunden weniger, dem sie ihren Apfelsaft, den Schinken oder die Marmelade verkaufen können.

Das Bundeskartellamt hatte das verhindern wollen, auch die Monopolkommission hatte vor dem Deal gewarnt. Sie haben das getan, was Gabriel hätte tun sollen: die Folgen für die Gesellschaft abschätzen.

Klar, Verbraucher können sich über die günstigen Preise freuen, mit denen sich die großen Ketten gegenseitig in Schach halten. Daran wird auch der Edeka-Kaiser’s-Deal nichts ändern. So lange die Discounter den Preisdruck hoch halten, müssen die Vollsortimenter mithalten. Doch billig ist nicht günstig. Die Zeche zahlen die Steuerzahler – dann nämlich, wenn die Milch im Laden so billig ist, dass die Bauern mit Nothilfen über Wasser gehalten werden müssen. Oder wenn die Verkäufer und Verkäuferinnen von Kaiser’s in sieben Jahren zu Sozialfällen werden.

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