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Eine bei Protesten gegen die Verteuerung und Rationierung von Benzin abgebrannte Tankstelle in Teheran. Bei den Demonstrationen wurden auch hunderte Menschen getötet.
© bdolvahed Mirzazadeh/ISNA/AP/dpa

Fünf Milliarden aus Russland: Der Haushalt des Irans ist eine Kampfansage an die USA

Präsident Ruhani will dem "Feind" zeigen, dass die Sanktionen nicht wirken. Trotz der Unruhen zeigt sich die Wirtschaft des Irans relativ robust.

Einen „Haushalt des Widerstandes“ hat der iranische Präsident Hassan Ruhani am Sonntag im Parlament von Teheran vorgelegt. Das Budget für das neue Jahr, das im Iran im März 2020 beginnt, werde dem „Feind“ – also den USA – zeigen, dass sich das Land von Wirtschaftssanktionen nicht unterkriegen lasse. Anders als von den Amerikanern erhofft, werde der Iran nicht zusammenbrechen, sondern weiter Fortschritte machen, sagte der Präsident. Hilfe bekommt der Präsident unter anderem durch eine „Investition“ von fünf Milliarden Dollar aus Russland.

Der Haushalt zeigt jedenfalls: Auch wenn die jüngsten Proteste gegen Benzinpreiserhöhungen zeigen, wie unzufrieden die iranische Bevölkerung mit Ruhanis Politik ist, bedeutet das nicht, dass im Iran der wirtschaftliche Zusammenbruch und der Regimewechsel bevorsteht. Vor etwa einem Jahr hatten die USA nach ihrem Ausstieg aus dem internationalen Atomvertrag mit dem Iran die Sanktionen gegen die iranische Ölindustrie wieder eingeführt. Die Trump-Regierung hoffte darauf, mit ihrer Politik des „maximalen Drucks“ die Islamische Republik zu weitreichenden Zugeständnissen in der Atompolitik zwingen zu können. Jeder Abnehmer von iranischem Öl wird seitdem vom lukrativen amerikanischen Markt ausgeschlossen – ein wirksames Druckmittel.

Dass die amerikanischen Sanktionen die Iraner hart treffen, steht außer Zweifel. Nach einer Schätzung des Internationalen Währungsfonds wird die iranische Wirtschaft in diesem Jahr um fast zehn Prozent schrumpfen. Die Hauptlast tragen nicht die Mullahs oder andere hohe Vertreter des Regimes, sondern die Normalbürger. Drei von vier Iranern hätten mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, sagt Ruhani.

Abhängigkeit vom Öl soll gesenkt werden

Dennoch hat sich die iranische Wirtschaft nach der Wiedereinführung der US-Sanktionen als widerstandsfähger erwiesen, als sich das viele Politiker in Washington gewünscht haben. Dafür gibt es mehrere Gründe. Da ist zum einen der nationale Vermögensfonds, dessen Volumen auf mehr als 90 Milliarden Dollar geschätzt wird und der als Puffer benutzt werden kann, um Einnahmeausfälle an anderer Stelle auszugleichen. Zudem habe sich unter seiner Regierung die Selbstversorgung des Landes mit Nahrungsmitteln erheblich verbessert, sagte Ruhani laut dem iranischen Präsidialamt in seiner Haushaltsrede.

Zudem bemüht sich die Regierung in Teheran, die Abhängigkeit des Landes vom Öl zu senken. Hilfe aus dem Ausland zu bekommen, ist für den weitgehend isolierten Iran zwar schwierig, aber nicht unmöglich, wie der russische Kredit zeigt. Mit einer engeren Anbindung an die Eurasische Wirtschaftsunion von Russland, Armenien, Belarus, Kasachstan und Kirgisien will der Iran den Außenhandel stärken. Auch die Zusammenarbeit mit China wird ausgebaut.

Irans Präsident Hassan Ruhani sieht die USA nach deren Wirtschaftssanktionen als Feind an.
Irans Präsident Hassan Ruhani sieht die USA nach deren Wirtschaftssanktionen als Feind an.
© AFP

Trotz der US-Strafmaßnahmen verdient der Iran außerdem nach wie vor am Ölexport, auch wenn das Geschäft sehr gelitten hat. Vor Trumps Sanktionen lieferten die Iraner rund 2,5 Millionen Barrel pro Tag (je 159 Liter) ins Ausland, derzeit sind es laut der Nachrichtenagentur Reuters nur noch 400.000 Barrel. Ruhanis Haushaltsentwurf geht von täglichen Ausfuhren von 500.000 bis zu einer Million Barrel aus.

Hunderte Menschen wurden bei Protesten getötet

Das ist kein bloßer Zweckoptimismus. Schließlich sind die Iraner an den Umgang mit – und an die Umgehung von – Sanktionen gewöhnt: Ihr Land liegt seit der Gründung der Islamischen Republik mit den USA im Clinch. Im Sommer scheiterten die USA beim Versuch, einen vollbeladenen iranischen Öltanker im Mittelmeer zu stoppen. Das Öl wurde vermutlich an Abnehmer in Syrien geliefert.

Ruhanis Haushaltsentwurf hat ein Volumen von etwa 40 Milliarden Dollar, eine Steigerung um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit Subventionen für Nahrungsmittel und Medizin, die teilweise mit den Mehreinnahmen aus den umstrittenen höheren Spritpreisen bezahlt werden sollen, will Ruhani etwas für die ärmsten Bevölkerungsschichten tun, auch mit Blick auf die Parlamentswahl im Februar. Die Gehälter im öffentlichen Dienst sollen ebenfalls steigen.

Dass damit die Protestbewegung zufriedengestellt werden kann, ist nicht zu erwarten. Das Regime ist jedoch entschlossen, Unruhen mit eiserner Härte zu begegnen. Die Sicherheitskräfte töteten bei den jüngsten Demonstrationen gegen die Benzinpreiserhöhungen laut Menschenrechtlern mehr als 200 Menschen, die US Regierung spricht sogar von mehr als 1000 Toten. Mittelfristig hofft Teheran, dass Trump bei der Präsidentenwahl in einem Jahr aus dem Weißen Haus geworfen wird und dass sein Nachfolger die amerikanische Politik des „maximalen Drucks“ beendet. Zumindest bis dahin wird die iranische Wirtschaft weiter Mittel und Wege finden, ohne den US-Markt zu überleben.

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