Berlins Energieversorger Gasag: Der Erfolg weckt Begehrlichkeiten
Geschäftemäßig läuft es ganz gut für Berlins traditionsreichen Energieversorger Gasag. Trotzdem gärt es hinter den Kulissen. Sogar über eine Zerschlagung wird spekuliert.
Die Zahlen fürs Geschäftsjahr 2015 sind ziemlich langweilig. Diesen Umstand verkaufen die Chefs der Gasag als gute Nachricht. Womöglich zu Recht: Es gibt Stabilität bei Umsatz, Gewinn und Mitarbeiterzahl – und das in Zeiten der Energiewende, in denen die größten Spieler der Branche Sparprogramme auflegen und Milliardensummen abschreiben. Zwei dieser angeschlagenen Konzerne, Eon und Vattenfall, halten seit den 90er-Jahren jeweils rund ein Drittel der Anteile an der Gasag. (Dazu kommt die französische Engie, ehemals GDF Suez). „Unsere drei Eigentümer sind begeistert von uns“, fasst Vorstandschefin Vera Gäde-Butzlaff am Dienstag in Berlin die Stimmung zusammen.
Damit beschreibt sie zugleich ihr größtes Problem: Die Gasag weckt Begehrlichkeiten! Das Land Berlin, respektive Teile der Regierungspartei SPD, wünschen sich einen Rückkauf und damit vor allem den Zugriff auf den Berliner Teil des 14.000 Kilometer langen Rohrnetzes, durch das auch 270 Konkurrenten ihr Erdgas leiten. Das Netz wirft stabile Renditen ab. Zunächst hatte der Senat also versucht, die Konzession für den Betrieb der kleinen landeseigenen Gesellschaft Berlin Energie zuzuschlagen. Doch die Gasag klagte wegen Fehlern bei der Ausschreibung. Der Rechtsstreit ist noch anhängig.
Der Plan des Finanzsenators
Vor einem Monat erklärte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) dann gemeinsam mit dem Düsseldorfer Eon-Konzern, der mit 36,85 Prozent den größten Anteil hält, man habe sich auf eine enge Kooperation für die Weiterentwicklung der Gasag geeinigt. Die Vereinbarung sehe neben einer Mehrheitsbeteiligung des Landes am Netz in Berlin eine neue Beteiligungsstruktur vor. In Kollatz-Ahnens Verwaltung skizzierte man bereits verschiedene Szenarien, doch der Pakt war offenbar nicht mit denen abgesprochen, die zumindest ein Wörtchen mitzureden haben: Vattenfall, Grundversorger und Stromnetzbetreiber in Berlin, zum Beispiel. Dort sieht man nicht ein, warum man Kontrolle abgeben sollte. Und der Koalitionspartner.
Die scheidende Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer ist, wie fast alle in ihrer Berliner CDU, gar nicht von den Rekommunalisierungsplänen der SPD überzeugt. Die Opposition auch nicht – zumindest nicht in der Form. Bei den Grünen, die ab Herbst womöglich mitregieren, hält man einen jahrelangen Rechtsstreit für schädlich und lehnt eine Zerschlagung der Gasag oder einer Kooperation des Landes mit Atomkonzern Eon ab. Zudem sei die Gasag bei aller Bemühung um Nachhaltigkeit zu sehr alte Energiewirtschaft, sagt Michael Schäfer, Sprecher für Klimaschutz und Energiepolitik der Grünen im Abgeordnetenhaus. Da sollte das Land nicht aktiv mitmischen. „Die 3,2 Milliarden Euro, die Berlin jedes Jahr für den Kauf fossiler Brennstoffe wie Kohle und Gas ausgibt, sollte man lieber in die energetische Sanierung von Gebäuden und erneuerbare Energien stecken.“
Bei der Gasag selbst sieht man sich naturgemäß an der Spitze der ökologischen Bewegung. Die Gasag und ihre Töchter, darunter die Stadtwerke Forst, bauen stetig Stromgeschäft aus. 80000 Kunden habe man 2015 beliefert, in diesem Jahr sollen es 140000 werden. 2017 sogar 200000. Aktuell beziehen 55000 Haushalte und Gewerbekunden davon den Ökostrom der Gasag AG. Das Unternehmen erzeugt auch Biogas in Brandenburger Anlagen, will dieses Geschäft, das mit der geplanten Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes unattraktiver wird, vorerst aber nicht ausbauen. Vera Gäde-Butzlaff erklärte, dass man dafür kurz vor dem Kauf eines Windparks südlich von Berlin stehe.
Wie das Geschäft so die Preise: stabil
Das Kerngeschäft rund ums Erdgas schrumpfte zuletzt. Der Absatz ging 2015 um acht Prozent auf 18,7 Millionen Terawattstunden zurück, geht aus dem am Dienstag vorgelegten Bericht hervor. (Hier eine Kurzzusammenfassung). Gleichwohl gewann die Gasag erstmals wieder Kunden. 70 Prozent der Neukunden Berlins lassen sich an ihr Netz anschließen. Auch das Contracting-Geschäft, bei dem die Gasag Heizanlagen betreibt, wuchs um zehn Prozent. Insgesamt fiel der Jahresumsatz leicht von 1,099 auf 1,055 Milliarden Euro. Der Vorsteuergewinn (Ebit) stieg leicht von 95 auf 113 Millionen, der Jahresüberschuss von 32 auf 44 Millionen. Grund waren vor allem Auflösungen von Rückstellungen in der Pensionskasse, nichts aufregendes also.
Gas-Kunden des Unternehmens können sich immerhin auf mittelfristig auf stabile Preise einstellen. Vor zwei Jahren hatte der Versorger die Tarife zuletzt gesenkt. Man werde den Markt in diesem Jahr weiter beobachten, erklärte Gäde-Butzlaff. Dann werde man entscheiden, ob man die Preise gen Ende des Jahres nochmal senkt.