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Im bayerischen Fürstenfeldbruck erhebt die Volksbank Raiffeisenbank erstmals Negativzinsen ab dem ersten Euro.
© imago/Manngold

Minuszinsen ab dem ersten Euro: "Das werden künftig noch viele andere Banken machen"

Die Entscheidung einer Volksbank Raiffeisenbank könnte nur der Anfang sein. Auch Commerzbank und Deutsche Bank wollen über Negativzinsen sprechen.

Bei den Anleihen-Zinsen entspannt sich die Lage aktuell. Doch Neukunden der Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck dürfte das wenig trösten. Denn nach Berechnungen des Finanzportals Biallo.de erhebt das Geldhaus Negativzinsen auf Tagesgeldkonten für Privatpersonen bereits ab dem ersten Euro - damit ist es das erste in Deutschland. Das „Verwahrentgelt“, wie es offiziell heißt, liegt bei minus 0,5 Prozent entsprechend dem Einlagezins, den derzeit die Europäische Zentralbank (EZB) Kreditinstituten in Rechnung stellt, die bei ihr Geld parken. „Der Minuszins von 0,50 Prozent kommt nicht von uns sondern ist durch die EZB vorgegeben“, weist man in Fürstenfeldbruck Kritik zurück. „Eingehende Gelder müssen wir auch wieder irgendwo parken. Und das verursacht im Moment eben diese Minuszinsen“.

Ausdrücklich betonen die Volksbanker aus Bayern, dass bei Bestandskunden unabhängig von der Höhe der Einlage auf dem Tagesgeldkonto „zunächst einmal keine Negativzinsen“ erhoben würden. Wie lange das noch so bleibt, lässt das Institut offen. Bei Girokonten gewährt die Bank weiter einen Freibetrag von 20.000 Euro.

Laut Biallo gelten Negativzinsen für Neukunden bei der Eröffnung eines Tagesgeldkontos ab dem ersten Euro bei zwei weiteren Banken. „Die Reaktion der Bank aus Fürstenfeldbruck überrascht mich nicht und darf nicht zu hoch bewertet werden“, sagt Finanzexperte Horst Biallo, der Inhaber des gleichnamigen Infodienstes. „Das werden künftig noch viele andere Banken machen, um Leute abzuschrecken, die nur zu ihnen kommen, weil sie woanders diese Zinsen schon zahlen müssen.“

150 Banken verlangen Negativzinsen

Insgesamt verlangten mittlerweile mehr als 150 Geldhäuser in Deutschland Negativzinsen, 52 davon auch für Privatkunden. Aber in der Regel gewähren die Institute dabei einen Freibetrag, bis zu dessen Höhe kein Verwahrentgelt anfällt. Oft liegt diese Grenze bei 100.000 Euro, in vielen Fällen auch darüber. Unlängst hatte auch Commerzbank-Finanz-Vorstand Stephan Engels betont, dass man mit vermögenden Privatkunden über Negativzinsen sprechen werde, Beobachter erwarten ähnliches auch bei der Deutschen Bank.

Erst am Montag hatte die Bundesbank berichtet, dass immer mehr Institute Negativzinsen erheben würden. Der Analyse zufolge meldeten Ende September 23 Prozent von rund 220 untersuchten Geldhäuser einen „negativen volumengewichteten Durchschnittszinssatz“ bei jederzeit verfügbaren Sichteinlagen privater Haushalte auf Giro- und Sparkonten. Das entspreche rund einem Viertel der gesamten Einlagen der privaten Haushalte.

Unklar ist aber wie viele Sparer tatsächlich betroffen sind. Vermutlich rührt der hohe Anteil daher, dass vor allem hohe Einlagen ab einer viertel, einer halben oder einer Million Euro von etlichen Instituten schon seit einiger Zeit mit Negativzinsen belegt werden. Noch stärker belasten die Geldhäuser die Unternehmen, so die Bundesbank. Danach gilt ein entsprechender negativer Durchschnittszinssatz für Sichteinlagen von Unternehmen bei 58 Prozent der 220 Institute. Damit seien fast 80 Prozent der Einlagen mit negativen Zinsen belegt. Der hohe Anteil resultiert nach Angaben der Bundesbank daher, dass vor allem hohe Einlagen - vermutlich in Millionenhöhe - mit negativen Zinsen belastet werden und die Geldhäuser ein Verwahrentgelt verlangen.

Scholz sieht "kein Massenphänomen"

Laut einer Umfrage des Deutschen Derivate Verbandes erwartet mehr als die Hälfte der deutschen Privatanleger eine Anhebung der Leitzinsen durch die EZB erst nach 2025. Bis zu diesem Jahr rechnet ein Fünftel mit einem solchen Schritt. 16 Prozent glauben, dass die Notenbank 2023 handelt, nur acht Prozent, dass die Leitzinsen, zu denen sich Banken bei der EZB mit Geld versorgen, schon im nächsten Jahr angehoben werden. Aktuell liegt der Leitzins bei null und der Einlagezins bei minus 0,5 Prozent. Bis zu Ende Oktober waren es noch minus 0,4 Prozent.

Im Durchschnitt zahlen Banken und Sparkassen laut dem Finanzportal FMH aktuell bei Tagesgeldkonten einen Zins von 0,05 Prozent - mit zuletzt fallender Tendenz. Die Top-Angebote für Neukunden liegen laut FMH und Biallo bei 0,5 Prozent, bei Bestandskunden sind es höchstens 0,310 Prozent. So oder so verlieren die Sparer nach Abzug der Inflationsrate von zuletzt 1,1 Prozent real Geld.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mahnt Banken und Sparkassen, Sparer nicht mit Negativzinsen zu belasten. „Ich glaube, dass die Banken schlecht beraten sind, wenn sie der breiten Masse ihrer Kundinnen und Kunden Negativzinsen in Rechnung stellen“, sagte er am Dienstag. Scholz glaubt, dass das in den meisten Fällen auch nicht möglich sei. Negativzinsen werden nach Ansicht des Ministers „kein Massenphänomen“. 

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