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Niek Jan van Damme ist seit März 2009 Mitglied des Vorstands der Deutschen Telekom AG. Er verantwortet das Festnetz- und Mobilfunkgeschäft für Privat- und Geschäftskunden in Deutschland.
© Doris Spiekermann-Klaas

Telekom-Deutschlandchef Van Damme: "Das Internet bleibt frei, offen und ohne Diskriminierung"

Der Telekom-Deutschlandchef Niek Jan Van Damme über Breitbandausbau, Jobabbau, eine mögliche Partnerschaft mit Netflix und die Netzneutralität. Ein Interview.

Herr van Damme, die Bundesregierung hat ihren Entwurf für eine digitale Agenda vorgelegt. Ist das der netzpolitische Masterplan, der Deutschland voranbringt?

Die Erwartungen sind sicherlich hoch. Wir brauchen in Deutschland insgesamt viel größere Anstrengungen, um den Breitbandausbau voranzutreiben und im internationalen Vergleich nicht abgehängt zu werden. Insofern begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung. Der Breitband-Ausbau ist eine Gemeinschaftsaufgabe der gesamten Branche. Wir können die Herausforderungen nicht alleine stemmen. Und um auch entlegene Regionen an das schnelle Internet anzuschließen, braucht es zusätzlich eine deutliche finanzielle Förderung von der öffentlichen Hand.

Was ist für Sie entscheidend?

Das wichtigste Thema ist die Versorgung aller deutschen Haushalte mit schnellem Internet – also mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit –  bis Ende 2018. Der ursprüngliche Plan war ja, dass die Branche das bis Ende 2014 erreicht. Das ist uns allen nicht gelungen. Für 2018 haben wir bessere Chancen. Im Festnetzausbau kommen zumindest wir als Telekom gut voran und wir haben bereits 74 Prozent der Haushalte mit LTE versorgt, das ist schnelles Internet über Mobilfunk. Mit dieser  Kombination werden wir in der Lage sein, wirklich gut abzuschneiden. Aber die Wettbewerber sind natürlich auch gefragt. Ob wir 100 Prozent erreichen, ist eine andere  Frage. Die letzten Paar Prozent sind schwierig und teuer. Allein mit dem Festnetz werden wir das nicht schaffen – es sei denn, wir bekommen Fördermittel.

Sie wollen Fördermittel?

Wir haben bereits 2012 gesagt, dass wir 65 Prozent der Haushalte perspektivisch mit schnellem Internet versorgen werden. Was darüber hinausgeht, werden wir nur mit Fördermitteln ausbauen können. Die Realitäten haben sich nicht geändert, weil sich die Rahmenbedingungen nicht geändert haben.

Was für Fördermittel?

Die Kommunen bekommen Mittel von den Ländern, dem Bund und der EU.

In der digitalen Agenda ist vom Finanzinstrument „Premiumförderung Netzausbau“ die Rede sowie von zehn Millionen Euro jährlich aus der Gemeinschaftsaufgabe...

Zehn Millionen Euro? Nun, ein Kilometer Tiefbau allein kostet zwischen 50 000 und 60 000 Euro, nur der Tiefbau ohne Technik.

Wie sieht Ihre Agenda aus?

Im Moment versorgen wir 38 Prozent der Haushalte in Deutschland mit schnellem Internet über VDSL. Das bauen wir weiter aus. Nach der Freigabe durch die Bundesnetzagentur schalten wir das Vectoring ein. Das ist eine Lösung, mit der wir die Geschwindigkeit von VDSL auf bis zu 100 Megabit pro Sekunde verdoppeln werden. Der VDSL-Ausbau mit den bisherigen Geschwindigkeiten würde allein keinen Sinn machen, wenn gleichzeitig die Kabelnetzbetreiber den Kunden 100 oder 150 Megabit anbieten. Zudem vervierfachen wir die Upload-Geschwindigkeit auf 40 Megabit pro Sekunde, das kann der Kabler nicht bieten.

Was können Sie bieten?

Bis Ende des Jahres werden wir weltweit den ersten Hybrid-Router auf den Markt bringen, der das Festnetzsignal von bis zu 100 Megabit mit dem Mobilfunksignal kombiniert. Damit werden wir uns weiter vom Wettbewerber differenzieren. Wir liefern jetzt schon in Städten mit LTE eine Geschwindigkeit von bis zu 150 Megabit. Auf der Ifa in Berlin werden wir den Startschuss für LTE mit bis zu 300 Megabit pro Sekunde geben. Kombiniert liegen wir also auf jeden Fall deutlich über 100 Megabit. Im Gegensatz zum Kabel verbessern wir auch die Upload-Geschwindigkeit – von zehn auf 40 Megabit. Von dieser Geschwindigkeit können Kabelkunden nur träumen. So können unsere Kunden Musik, Fotos und Filme wesentlich schneller hochladen, die Cloud wird komfortabler.

Die  digitale Agenda sieht nur eine Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit vor. Ist das nicht viel zu wenig?

Wenn wir eine Familie betrachten, wie sie heute das Netz normal nutzt, in der also nicht alle gleichzeitig 3D-Fernsehen schauen, Videospielen und Filme hochladen, dann reichen 35 bis 40 Megabit aus. Mit 50 Megabit sind sie also super versorgt. Ich schätze, für die Mehrheit der  Bevölkerung wird das 2018 ausreichend sein. Alles weitere werden wir sehen. Die Technik entwickelt sich ja rasant. Wir sind in jedem Fall gut vorbereitet.

Aber Sie  wollen Ihren Kunden doch immer mehr Dienste verkaufen.

Ja, das stimmt. Und die brauchen mehr Bandbreite, deshalb wird es bei 50 Megabit auch nicht aufhören. Aber wir müssen das schrittweise angehen. Wir bauen ja auch Glasfaserleitungen bis in die Häuser, da geht es rauf bis 200 Megabit. Heute sehen wir aber auch, dass der Bedarf nur langsam wächst.

Was muss passieren, damit der Breitbandausbau weiter vorangeht?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es werden bald neue Mobilfunkfrequenzen versteigert. Wir haben zuletzt für die LTE-Frequenzen 1,3 Milliarden Euro bezahlt. Die Einnahmen aus der nächsten Auktion könnte der Staat dem Markt zum Beispiel im Rahmen von Fördergeldern wieder zur Verfügung stellen.

"Wir versuchen, den Kunden für das gleiche Geld mehr zu bieten"

"Bis Ende des Jahres werden wir weltweit den ersten Hybrid-Router auf den Markt bringen, der das Festnetzsignal von bis zu 100 Megabit mit dem Mobilfunksignal kombiniert", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
"Bis Ende des Jahres werden wir weltweit den ersten Hybrid-Router auf den Markt bringen, der das Festnetzsignal von bis zu 100 Megabit mit dem Mobilfunksignal kombiniert", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
© Doris Spiekermann-Klaas

Parallel zum Netzausbau bauen Sie auch Ihre Netzplattform um. Künftig soll alles über das Internetprotokoll (IP) laufen. Daran arbeiten Sie seit Jahren, warum dauert das so lang?

Das ist immer eine Frage der Perspektive: Niemand in Europa hat bereits so viele IP-Anschlüsse wie wir. Aber das Vorhaben ist nicht trivial. Wir müssen dazu alle 23 Millionen Anschlüsse in Deutschland anfassen. Hinzukommen zwölf Millionen Breitbandkunden, da sind sehr komplexe Lösungen für Geschäftskunden dabei. Daneben gibt es besondere Herausforderungen in Bezug auf Alarmanlagen, Fahrstuhlsteuerungen und Bankautomaten. Das liegt zum Beispiel daran, dass die alten Kupferkabel Strom führen, Glasfaserkabel aber nicht. Das ist alles lösbar, aber es ist eben komplex. Bis Ende 2018 werden wir das Netz komplett umgebaut haben. Das ist eine Mammutaufgabe, Umbau im laufenden Betrieb.

Wie viele Kunden nutzen schon die neue Plattform?

Wir haben bereits rund drei Millionen Kunden umgestellt. In den Städten in denen wir die erste VDSL-Technik aufgebaut haben müssen wir sogar diesen VDSL-Kunden kündigen um sie auf neue Technik umzustellen.

Sie kündigen allen Kunden?

Ja, absurd, aber dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Alle Kunden erhalten einen neuen Vertrag, was einen enormen administrativen Aufwand bedeutet. Es wäre natürlich gut und würde vieles beschleunigen, wenn wir solche Schleifen nicht drehen müssten. Aber gut, positiv ist die Rückmeldung dieser Kunden auf unser neues Angebot und das freut uns.

In welchen Regionen schalten Sie die Kunden zuerst um?

Also vorweg, die Umstellung auf IP-Technik läuft bereits, wie gesagt rund drei Millionen Kunden sind bereits umgestellt. Die Umstellung erfolgt nicht gebietsweise, jedem Kunde der einen neuen Vertrag abschließt, bieten wir den Anschluss auf Basis der IP-Technik an.

Es wird viele Kunden geben, die auch nach einem Umzug ihren gewohnten Anschluss behalten wollen.

Wir können die Kunden natürlich verstehen. Aber wir befinden uns mitten in einer technischen Revolution. Heute denkt die Welt IP. ISDN zum Beispiel ist die Technik von gestern. Wir können keine Technik weiter vermarkten, deren Ende gekommen ist. Dafür haben die allermeisten Kunden auch Verständnis. Das ist heute in Beratungsgesprächen häufig auch kein Thema mehr.

Das nehmen die Kunden einfach hin?

Nicht alle, ist doch klar. Jede Veränderung kann dazu führen, dass sich Kunden auch beschweren. Das ist so ungefähr wie vom Wechsel von der Schreibmaschine auf den PC. Natürlich gibt es immer noch Leute, die sagen, dass sie ihre Schreibmaschine nicht abgeben. Aber es wird immer schwieriger jemanden zu finden, der einem die Schreibmaschine repariert oder neue Farbbänder zu bekommen. Wir begegnen den Vorbehalten mit offener und ehrlicher Kommunikation. Transparenz ist hier das Zauberwort.

Wird telefonieren und surfen teurer, wenn Sie so viel Geld in neue Netze investieren?

Nein, wir versuchen, den Kunden für das gleiche Geld mehr zu bieten – das können Zusatzdienste sein, Sicherheitspakete, mehr HD-Sender oder zusätzliche Speicherkapazität. Aber es gibt auch Kunden die für die gleiche Leistung weniger bezahlen. Das ist in unserer Industrie so.

Wird das noch lange so weiter gehen?

Im Festnetz beobachten wir bereits eine Stabilisierung. Unity Media und Kabel Deutschland haben sogar angekündigt, ab Oktober die Preise um knapp fünf Prozent zu erhöhen. Aber wie es dann weitergeht, ist noch offen.

"Mehr als 1,5 Millionen Kunden haben zu uns zurückgefunden"

"Wir sprechen mit Google wie mit allen anderen Unternehmen auch", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
"Wir sprechen mit Google wie mit allen anderen Unternehmen auch", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
© Doris Spiekermann-Klaas

Rechnen Sie damit, dass verärgerte Kunden dann wieder zu Ihnen wechseln?

Hm, ich glaube nicht, dass Preisänderungen uns Kunden zurückbringen. Ich denke, dass es unsere Qualität ist. Mehr als 1,5 Millionen Kunden haben schon den Weg zu uns zurückgefunden. Unser Service ist auch viel besser geworden. Die Telekom von heute ist nicht mehr die Telekom von vor zehn Jahren. Die Kunden wissen, dass Sie bei uns eine gutes Preis-Leistungsverhältnis und guten Service erhalten.

Ach ja?

Klar, stellen Sie sich vor, jeden Tag erhalten wir rund  400 000 Anrufe. Eine gigantische Zahl. Das ist eine deutsche Großstadt. Das sind Aufträge, Terminabsprachen und Nachfragen. Bei diesen Größenordnungen wäre es doch schwer zu behaupten, dass da nie etwas schief geht. Die Frage ist doch, wie geht man damit um. Die Zahl der Beschwerden hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast halbiert.

Wie hoch ist die Zahl?

Nur so viel: Jede Beschwerde ist eine zu viel.

Wenn Sie ihre Netze auf  Internetprotokoll umstellen, geht vieles automatisch. Was passiert mit den Technikern, die dann nichts mehr zu tun haben?

Vorweg, diese Entwicklung ist ja von uns geplant und vollzieht sich gesteuert. Wir haben unterschiedliche Programme, um uns darauf vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere die  Altersteilzeit. Die Altersstruktur unserer Mitarbeiter passt relativ gut zu dem massiven und notwendigen Umbau, den wir vor uns haben. Wir haben viele Kollegen im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, das Durchschnittsalter liegt im Festnetzbereich bei 49 Jahren. Wir brauchen die Erfahrung dieser Kollegen und sind froh, dass sie den Umbau begleiten, ehe sie in einigen Jahren in den Vorruhestand oder Ruhestand gehen. Zusätzlich gibt es in anderen Bereichen Bedarf, zum Beispiel im Innendienst, und wir bauen das Angebot aus und um, wie zum Beispiel mit unserem IT-vor-Ort-Service. Seien Sie sicher, wir bekennen uns zu unserer sozialen Verantwortung für die Menschen und ihren Familien.

Es gibt also kein neues Programm zum Stellenabbau?

Nein. Wir bauen seit Jahren den Konzern Deutsche Telekom kontinuierlich um. Das tun wir sozialverträglich und wenden pro Jahr über eine Milliarde Euro auf. Unser Hauptaugenmerk ist immer erst die Weitervermittlung und Weiterqualifizierung im Konzern. Damit waren wir in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich. Wir sammeln jetzt die ersten Erfahrungen, was die Umstellung wirklich bringt, welche Tätigkeiten sich verändern. Diese ganze Entwicklung erfolgt in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern. Die unterstützen unser Vorgehen. Von daher stellt sich diese Frage für uns derzeit nicht.

Sie haben sich vergangenes Jahr viel Kritik eingehandelt, weil sie Flatrates drosseln wollten...

Ja, wir haben viel einstecken müssen. Dennoch muss ich sagen, es war richtig, dass wir die Diskussion geführt haben. Zugegeben, wir haben das nicht sehr gut gemacht. Erstens haben wir es nicht geschafft zu erklären, dass es auch in Zukunft eine Flatrate geben wird. Zweitens konnten wir  nicht vermitteln wie unfair es ist, dass 97 Prozent der Kunden von unserem Vorschlag gar nicht betroffen waren, aber heute für drei Prozent der Kunden zahlen, die wirklich riesige Datenvolumen im Netz nutzen. Für diese drei Prozent der Intensiv-Nutzer müssen wir viel Geld investieren, das die anderen bezahlen. Wir finden es nur fair, dass jemand, der so viel mehr Leistung nutzt, in Zukunft auch mehr bezahlt. Wir reden nicht über große Beträge, sondern über fünf bis zehn Euro im Monat. Wenn ich mehr Strom oder Wasser verbrauche, muss ich auch mehr bezahlen. Wir werden diese Diskussion führen müssen.

Sie werden die Flatrates also drosseln?

Nein. Flatrates bleiben Flatrates und die wird es auch weiterhin geben. Das heißt aber nicht, dass es neben den Flatrates nicht auch Volumen-basierte Tarife geben kann. Wir arbeiten daran. Kunden, die weniger nutzen, werden weniger bezahlen. Aber es gilt, offen und fair zu kommunizieren. Wir sehen ja bereits, dass Telefónica-O2 versucht, eine Drosselung einzuführen. Andere Anbieter wie 1&1 haben längst Produkte mit Volumenbegrenzung.

Wann wollen Sie das einführen?

Wir reden von 2016 oder 2017.

"Das Internet muss sich auch bei uns weiterentwickeln können"

"Wir freuen uns, dass der deutsche Bundestag, der bisher die Dienste von Verizon genutzt hat, zur Telekom zurückkehrt", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
"Wir freuen uns, dass der deutsche Bundestag, der bisher die Dienste von Verizon genutzt hat, zur Telekom zurückkehrt", sagt Telekom-Deutschlandchef Van Damme.
© Doris Spiekermann-Klaas

Das Video-Portal Netflix hat in den USA  wegen seines  großen Erfolgs und des hohen Datenverbrauchs die Netze verstopft. Jetzt startet Netflix in Deutschland. Was tun Sie?

Wir sehen da für uns erhebliche Chancen. Wir wollen unser Fernsehangebot Entertain zu einer Plattform ausbauen, auf der Kunden alle Fernsehdienste nutzen können. Wir haben mit Sky oder Maxdome erste Erfahrungen gemacht. Wir reden mit vielen über Partnerschaften, das ist Teil unserer Strategie. Wir werden sehen.

Sie haben keine Sorge, dass Netflix die Netze verstopft?

Nein, wir sind für die Zukunft gut aufgestellt.

Wie weit sind Ihre Gespräche mit Netflix?

Wie gesagt, wir reden mit vielen über Partnerschaften, das ist Teil unserer Strategie.

Bisher ist es so, dass alle Daten im Netz gleich behandelt und so schnell wie möglich weitergeleitet werden müssen (best effort). Sie wollen speziellen Diensten Vorrang einräumen. Kritiker sehen die Netzneutralität in Gefahr.

Das Internet bleibt frei, offen und ohne Diskriminierung. Wir haben auch nicht vor, Dienste zu behindern – das würden die Kunden gar nicht akzeptieren. Darauf wartet der Wettbewerb nur. Fakt ist aber, dass es Dienste gibt, die höhere Qualitätsansprüche haben als andere. Große Internetunternehmen können ihre Angebotsqualität beispielsweise durch weltweite Serverparks schon heute verbessern. Kleine Unternehmen haben bisher aber keine Chance, weil es für sie keine Angebote gibt. Ist das fair? Das Internet muss sich auch bei uns weiterentwickeln können, sonst verlieren wir noch stärker den Anschluss an die USA und Asien. Was als Netzneutralität verkauft wird, ist in Wahrheit die Privilegierung der großen amerikanischen Internetkonzerne. Und das geht zu Lasten von kleinen Start-ups.

Wie stellen Sie sich das also vor?

Es gibt wird zusätzliche Dienste geben, bei denen wir ein Qualitätsversprechen abgeben müssen. Bei Videokonferenzen, medizinischen Diensten oder bei vernetzten Autos können wir nicht sagen, die Latenzzeit ist hier und da ein wenig länger. Oder würden Sie Aussetzer bei einer  telemedizinischen Anwendung tolerieren? Andererseits ist es für Sie unerheblich, ob eine Email mit zwei Sekunden Verzögerung ankommt.

Aber wenn Sie für solche Dienste ein Qualitätsversprechen abgeben, bedeutet das doch im Umkehrschluss, dass andere Daten warten müssen, wenn es eng wird.

Das bedeutet vor allem, dass wir zusätzliche Kapazitäten aufbauen müssen.

Kapazitäten, die für andere Daten nicht zur Verfügung stehen...

Von mehr Kapazität profitiert auch der normale Internetverkehr. Ich glaube, dass Kunden selbst entscheiden können, ob sie für mehr Qualität bereit sind, auch mehr zu bezahlen. Das können sie beim Fliegen oder Bahnfahren ja auch. Ich frage mich immer, warum wir dem mündigen Kunden so wenig Vertrauen und ihm die Verantwortung für sein Handeln absprechen.

Google lebt vom Datenverkehr, zahlt aber dafür nichts. Wie wollen Sie das ändern?

Wir sprechen mit Google wie mit allen anderen Unternehmen auch. Wer von Infrastruktur profitiert, sollte sich auch an den Kosten beteiligen. Ein Modell wäre auch hier garantierte Qualität, beispielsweise für Youtube-Videos in HD.

Was hält Google davon?

Ich glaube, das wäre auch für Google interessant, wenn sie ihr Angebot verbessern könnten. Wir wollen niemand etwas wegnehmen, sondern etwas Zusätzliches bieten. Auch Google sieht diese Interessen.

Große Internetunternehmen können es sich leisten, für bessere Qualität im Netz zu zahlen, Start-ups nicht.

Dieser Mythos wird von der Netzgemeinde sorgfältig gepflegt, stimmt aber schlicht und ergreifend nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Start-ups haben häufig Anwendungen, die auf gesicherte Qualität angewiesen sind. Wir sind völlig offen für neue Geschäftsmodelle. Wir sehen uns als Partner der Internetindustrie. Wir können Start-ups die Möglichkeit bieten, ihre Dienste in unterschiedlichen Qualitätsklassen anzubieten. Im Gegenzug werden wir an den Einnahmen beteiligt. Wie wichtig Start-ups für die Telekom sind, zeigt unsere Inkubator Hubraum in Berlin, mit dem wir gerade junge, innovative Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützen.

Seit der Aufdeckung der NSA-Abhöraffäre ist sichere Kommunikation ein großes Thema. Profitieren Sie davon?

Wir freuen uns, dass der deutsche Bundestag, der bisher die Dienste von Verizon genutzt hat, zur Telekom zurückkehrt. Wir betrachten das als Auftrag und Verpflichtung. Auch bei der  E-Mail made in Germany und bei der  Cloud made in Germany spüren wir große Interesse, wir werden sehen wie sich die Diskussion entwickelt.

Kann man das auch in Kundenzahlen ausdrücken?

Das ist eine Frage der Zeit.

Im Moment tut sich eine Menge auf dem deutschen Markt: Vodafone und  Kabel Deutschland verschmelzen, ebenso Telefónica-O2 und E-Plus. Ist das gut oder schlecht für Sie?

Zuerst einmal zeigt es, dass die Anbieter es allein nicht geschafft haben. Es ist auch eine Bestätigung für unsere Entscheidung von 2009, Mobilfunk und Festnetz zusammenzulegen. Wir haben also einen Vorsprung, wir sind heute da angekommen, wo andere noch hinwollen. Da kann ich mal mit Stolz auf unsere Leistung schauen und sagen: Gut gemacht Telekom, weiter so. Das ist übrigens ein Versprechen auch mit Blick auf unsere Wettbewerber. Wir werden weitermachen und werden keinen Millimeter unseres Vorsprungs preis geben. Nicht einen. Wir wollen klar die Nummer Eins bleiben.

Halten Sie es für möglich, dass ein neuer Wettbewerber die Chance nutzt und in den Markt einsteigt?

Ich schließe nichts aus. Aber noch habe ich nichts davon gehört.

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