Kabelstreit: Analoges Kabel: ARD/ZDF zahlen nichts, Privatsender und Kunden schon
Das Schwarze-Peter-Spiel: Wer trägt eigentlich die Verantwortung dafür, dass immer mehr öffentlich-rechtliche Programme aus dem analogen Kabelnetz fliegen?
Nein, natürlich sind der ARD die Millionen Zuschauer nicht egal, die einen analogen Kabelanschluss haben, die nun viele Dritte Programme nicht mehr empfangen können und sich darüber mächtig aufregen. Der Sprecher des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Walter Kehr, hat sich jetzt erstmals zur Zuspitzung im sogenannten Kabelstreit geäußert, in dem ARD und ZDF eine Figur abgeben, die nicht für alle Gebührenzahler nachvollziehbar ist. Hintergrund ist die Strategie von Kabel Deutschland, vermehrt Dritte Programme aus den analogen Netzen zu werfen. Kein Geld, keine Leistung: Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten dem Kabelbetreiber nach 30 Jahren ab 2013 keine Einspeiseentgelte mehr für die Weiterleitung ihrer Programme gezahlt.
Wer hat da nun den Schwarzen Peter? Es bleiben Fragen offen, auch in Richtung der Privatsender, die weiter Einspeiseentgelte an die Kabelbetreiber bezahlen und sich davon möglicherweise etwas versprechen. Zuletzt flogen in Berlin und Brandenburg NDR, MDR und WDR aus den analogen Kabelnetzen, dafür kamen RTL Nitro, Servus TV und Disney Channel hinein. Sender, von denen gerade ältere Zuschauer wenig gehört haben. Als Drittes Programm bleibt der örtliche Anbieter, der RBB. Rund 600 000 TV-Haushalte, die keinen digitalen TV-Anschluss haben, sind von dieser „Umbelegung“, wie es Kabel Deutschland nennt, betroffen.
Must Carry, Must Pay
Es geht um Millionen. Insgesamt rund 100 Millionen Euro hatte Kabel Deutschland im Geschäftsjahr 2012 als Einspeiseentgelt eingenommen (bei einem Gesamtumsatz von 1,7 Milliarden Euro), davon entfielen rund 27 Millionen auf die Öffentlich-Rechtlichen. Der Rest kam und kommt von RTL, Sat1 & Co., auch wenn konkrete aktuelle Zahlen von Kabel Deutschland nicht genannt werden. In der Tat nutzen Sender wie RTL Nitro. Disney Channel und Servus TV die Chance zum Einstieg – und zahlen dafür. Branchenexperten gehen davon aus, dass sich die Kosten für eine analoge Vollversorgung bundesweit im Kabel auf einen Betrag um die zwei Millionen Euro im Jahr belaufen. Zwei Argumente sprechen für die Investitionen. Die genannten Sender sind werbefinanziert, da ist eine möglichst große Reichweite für möglichst hohe Werbeeinnahmen unabdingbar. Zum anderen unterliegen die allermeisten privaten Programme in Deutschland nicht der „Must Carry“-Regelung, anders als bei ARD/ZDF, wo die Kabelnetzler Programmplätze für einzuspeisende Programme bereithalten müssen. Für Berlin und Brandenburg sind das bei den Öffentlich-Rechtlichen ARD, ZDF, RBB, Arte, 3sat, Phoenix und Kika.
Der Eintritt in die Kabelverbreitung läuft bei den Privaten also nur über Geld, die Entgelte garantieren die Einspeisesicherheit. Das soll so nicht bleiben. Claus Grewenig, Geschäftsführer des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, sagte dem Tagesspiegel: „Der VPRT teilt grundsätzlich die Auffassung der öffentlichen-rechtlichen Anstalten, den Wert der Inhalte bei den Einspeisebedingungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Einspeiseentgelte.“ Auch die Privaten wollen Entlastung.
Von den für den privaten Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten erwartet der VPRT, „dass sie je nach Ausgang der Verfahren bei ARD und ZDF die Diskriminierungsfreiheit auch für die privaten Sender durchsetzen“. Bislang haben ARD und ZDF alle Prozesse gewonnen, in denen Kabel Deutschland erzwingen will, dass die Zahlung für die Einspeisung ins analoge Netz fortgesetzt wird. Überhaupt verweisen die Sender gerne auf das US-amerikanische Modell: Dort zahlt nicht der Sender an die Kabelunternehmen für die Verbreitung, sondern die Unternehmen für die Bereitstellung audiovisueller Inhalte. VPRT-Geschäftsführer Grewenig blickte in die Zukunft: „Damit sich der Streit um die analoge Verbreitung im digitalen Bericht nicht fortsetzt, muss ein tragfähiges Migrationskonzept für den Umstieg aufgesetzt werden.“
Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen so lange mit dem Missmut der analog versorgten Zuschauer (33 Prozent in Berlin-Brandenburg, 20 Prozent bundesweit) leben. „Wir sehen die Verantwortung bei den Kabelbetreibern, die in Sachen Leistungsspektrum eine unternehmerische Entscheidung getroffen haben“, sagt MDR-Sprecher Kehr. In dem Zusammenhang weist die ARD darauf hin, dass Kabel-Kunden mit Satellit, IPTV oder auch übers Internet Empfangsalternativen zur Verfügung stehen, so dass diese vom Kabelstreit und seinen Konsequenzen nicht beeinträchtigt werden.
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