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In Krisenzeiten steigt der Goldpreis deutlich an.
© Xetra-Gold/obs

Europäische Konzerne verlieren Milliarden: Das Coronavirus ist an den Finanzmärkten angekommen

Am Montagnachmittag notiert kein einziger Dax-Konzern mehr im Plus. Angesichts der Unsicherheit steigt die Nachfrage nach Gold und Staatsanleihen deutlich.

Es hat erstaunlich lange gedauert. Aber am Montag ist die Coronavirus-Epidemie auch an den Finanzmärkten und an der Börse angekommen. Der Deutsche Aktienindex rutschte am Montag um mehr als vier Prozent ab und lag damit zeitweise unter der Marke von 13.000 Punkten. Noch Anfang vergangener Woche hatte das Börsenbarometer einen neuen Höchststand von fast 13.800 Punkten verbucht.

In ganz Europa zeigten die Kurse nach unten, nachdem der Internationale Währungsfonds (IWF) am Wochenende seine Wachstumsprognose reduziert und es in Italien auch die ersten Corona-Toten in Europa gibt. Binnen Stunden haben die europäischen Aktienkonzerne dadurch Milliarden an Börsenwert verloren.

„Spätestens nach den Entwicklungen über das Wochenende in Sachen Coronavirus dürfte auch dem letzten Anleger klar geworden sein, dass es zu früh, das Thema abzuhaken“, sagt Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader. Am Montagnachmittag notierte keine einzige Aktien eines Dax-Unternehmens mehr im Plus.

Am stärksten traf der Schock die Papiere von Wirecard, Lufthansa, Deutscher Bank, Daimler und Adidas mit Kursverlusten von bis zu acht Prozent. Indiz für die Wahrnehmung der Krise waren auch der weitere Anstieg des Goldpreises um rund 2,5 Prozent auf das Sieben-Jahres-Hoch von 1683 Dollar für die Feinunze. In Euro verbuchte die Notierung des Edelmetalls mit 1548 Euro ein neues Allzeithoch. Auch der Silberpreis stieg weiter. Edelmetalle gelten in Krisenzeiten als sicherer Hafen – ebenso wie Bundesanleihen und US-Staatsanleihen.

Italien bekommt Probleme mit Refinanzierung

Wegen der hohen Nachfrage rutschte zum Beispiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen noch weiter ins Negative auf minus 0,48 Prozent. Das war der tiefste Stand seit vier Monaten.

Probleme hingegen bekommt Italien bei der Refinanzierung. Die Kosten für die Ausfallversicherung für italienische Anleihen verteuern sich kräftig. Für fünfjährige Papiere sind nun 112 Basispunkte fällig – 13 Basispunkte mehr als am Freitag, wie IHS Markit mitteilt. Das ist so viel wie seit Ende Januar nicht mehr.

Ebenfalls reagiert hat der Ölpreis. Da ein vermutlich schwächeres Wachstum die Nachfrage drücken wird, verbilligte er sich weiter deutlich. Für das Fass der Nordsee-Sorte Brent wurden am Montag gut 56 Dollar verlangt, rund 4,5 Prozent weniger als noch am Freitag. Auch der Preis für die US-Öl-Sorte WTI zeigte nach unten.

[In unserem Super-FAQ zur Coronavirus-Epidemie beantworten wir die 40 wichtigsten Fragen.]

„Klar ist, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie erheblich sein werden“, sagt Michael Bissinger, Analyst bei der DZ Bank. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Epidemie weiter ausbreitet und sogar in eine Pandemie mündet. Carsten Brzeski, Chef-Volkswirt der ING befürchtet, dass eine Stabilisierung noch Monate dauern könnte.

Spekulation, ob Notenbanken eingreifen

Mittlerweile wird an den Finanzmärkten auch spekuliert, ob die Notenbanken eingreifen könnten. Die Europäische Zentralbank (EZB) etwa könnte die Zinsen weiter senken, etwa den Einlagesatz von minus 0,5 auf minus 0,6 Prozent. Den müssen Banken zahlen, wenn sie bei der EZB Geld parken. Krämer allerdings ist eher skeptisch, dass die EZB schon jetzt reagiert.

Der Commerzbank-Chef-Volkswirt schließt nicht aus, dass der Dax noch weiter fällt. Allerdings könne sich die Entwicklung auch schnell drehen. Die Händler und Anleger schauten „gierig“ auf jedes Signal, dass andeute, dass die Coronavirus-Krise zum Stillstand komme. US-Starinvestor Warren Buffett hält Aktien trotz der jüngsten Kursturbulenzen weiterhin für lukrativ. Der Ausbruch des Coronavirus sei „erschreckend“, sagte Buffett am Montag im Sender CNBC. „Es sollte aber nicht das beeinflussen, was man am Aktienmarkt macht.“ Er selbst werde trotz der derzeitigen Epidemie keine Aktien verkaufen.

Ralf Obertreis

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