zum Hauptinhalt
Abgestorben: Von Borkenkäfern geschädigte Fichten im Harz
© dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Millionen für klimaresistenten Waldumbau: Damit die Bäume wieder in den Himmel wachsen

800 Millionen Euro hat Ministerin Klöckner am Mittwoch zum „Nationalen Waldgipfel“ mitgebracht. Nicht nur der Forst ist in Not, sondern auch die Branche.

Die Dorotheenstraße in Berlins Mitte ist nicht gerade das, was man einen naturnahen Ort nennt. Die Forstgewerkschaft IG BAU stört das jedoch nicht. Gewerkschaftsmitglieder schütten Erde auf den Bürgersteig und beginnen, kleine Laubbäume zu pflanzen. Das soll ein Zeichen sein: für den Wald, der dringend Hilfe braucht, und für ihren Berufsstand. 11.000 Forstarbeiter fehlen in Deutschland, sagt Gewerkschaftsvize Robert Feiger. Ohne Menschen, die tote Bäume aus dem Wald räumen und stattdessen junge, gesunde anpflanzen, kann die Rettung des Waldes nicht gelingen.

Über die Waldrettung wird an diesem Mittwoch im Tagungshotel debattiert, vor dem sich die Gewerkschaft versammelt hat. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat Politiker und Verbandsvertreter zum „Nationalen Waldgipfel“ eingeladen. Die Lage ist ernst: Von den elf Millionen Hektar Wald sind inzwischen 180.000 Hektar zerstört. Sie sind Bränden, Stürmen, der Dürre und Schädlingen zum Opfer gefallen. Junge Triebe, die das überlebt haben, werden von Rehen angefressen und gehen ein. Bei ihren Besuchen vor Ort hat Klöckner 200 Jahre alte Buchen gesehen, die nicht mehr genug Wasser im Boden finden. „In ein, zwei Jahren sind sie tot“, fürchtet die Waldministerin. „Der Wald stirbt in einigen Teilen“, sagt Klöckner.

Die Länder sollen weitere Millionen zuschießen

Die Ministerin will das verhindern. Zum Gipfel kommt sie nicht mit leeren Händen. Zusätzlich zu den Millionen, die ohnedies schon als Hilfen für Waldbesitzer und Bauern vorgesehen sind, die unter Extremwetterlagen leiden, hat Klöckner in der Bundesregierung weitere 547 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre akquiriert. Ein Großteil der Bundeshilfen ist so ausgelegt, dass die Länder weitere Millionen zuschießen. Insgesamt, sagt Klöckner, werden 800 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die Waldbesitzer hatten im Vorfeld 2,3 Milliarden Euro gefordert. „Der Bund wird nicht alle Schäden ersetzen“, sagt die Ministerin. Aber man wolle denen helfen, die kein Geld haben, um ihre Wälder wiederaufzuforsten.

Doch wie genau soll das gehen? Nötig seien klimaanpassungsfähige, naturnahe und nachhaltig bewirtschaftete Mischwälder, meint die Ministerin. Klöckner bevorzugt heimische, standortangepasste Baumarten. Die Waldbesitzer liebäugeln dagegen mit exotischeren Baumarten, der japanischen Lärche etwa, der nordamerikanischen Küstentanne, der Douglasie oder der türkischen Haselnuss. Sie wollen ihre Wälder umrüsten und sie resistenter machen für den Klimawandel.

Wertvolles Ökosystem - nicht nur reiner Holzlieferant

Im Umweltministerium sieht man diese Umtriebigkeit nicht gern. Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, rät zu „Gelassenheit“ bei der Wiederaufforstung. Jessel vertritt Umweltministerin Schulze, die am Gipfel wegen Terminschwierigkeiten nicht teilnehmen kann. „Der Wald ist ein wertvolles Ökosystem“, sagt Jessel – und damit mehr als ein reiner Holzlieferant. Die 800 Millionen Finanzhilfe sollen nach Meinung des Umweltministeriums nur an solche Waldbesitzer fließen, die ihre Wälder naturnah umgestalten. Der Wald ist ein Klimaretter. Er bindet Kohlendioxid – und zwar 14 Prozent der deutschen Kohlendioxidäquivalente. Das ist eine Menge.

Klöckner denkt pragmatischer. Sie will eine große Holzbauoffensive anstoßen, doch um diese umzusetzen, braucht man Nadelholz. Das wächst schnell, ist leicht zu verarbeiten, bringt hohe Erträge. Sie will zudem den Abtransport des Holzes erleichtern. Holz-Lkw sollen deshalb dauerhaft 44 statt 40 Tonnen wiegen dürfen, und es sollen ausreichend Lagerplätze für das Holz geschaffen werden. Zudem will sie sich für die grünen Berufe engagieren. „Wir brauchen eine Werbeoffensive für Forstberufe“, sagt Klöckner. Leider können die Demonstranten das nicht hören. Sie haben ihre Sachen gepackt und den Bürgersteig gefegt. Das Politpflaster ist wieder sauber.

Zur Startseite