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Erbschaftsteuer muss reformiert werden.
© imago/blickwinkel

Erbschaftsteuer: CSU lässt nicht locker und will weitere Verbesserungen für Unternehmer

Die Reform der Erbschaftsteuer dürfte für die Koalition noch ein schweres Stück Arbeit werden. Von allen Seiten wird gezerrt - nicht zuletzt aus München. Ein Überblick.

Der Termin ist gehalten: Wie geplant kommt die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer für Unternehmer an diesem Mittwoch ins Kabinett. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich im Juni darauf festgelegt. Doch der Versuch einer Kompromissfindung innerhalb der schwarz-roten Koalition am Sonntag hat keine wirkliche Befriedung gebracht. Der Entwurf von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) konnte in den Gesprächen zwischen den obersten Finanzpolitikern von CDU, CSU und SPD im Bundestag und Schäubles Staatssekretär Michael Meister (CDU) nicht mehr wesentlich verändert werden. Es gab kleine Zugeständnisse an die Christsozialen, welche sehr stark die Interessen der Unternehmer vertreten, und welche an die SPD, wo man schon die Änderungen vom Juni - im Vergleich zu Schäubles Eckpunkten vom Februar - als erhebliche Verwässerung empfunden hat. Der DGB hält sie gar für verfassungswidrig. Das weitere Verfahren in Bundestag und Bundesrat könnte daher noch turbulent werden. Das Bundesverfassungsgericht, das die Reform verlangt hat, räumte dem Gesetzgeber eine Frist bis Mitte 2016 ein. Die Zeit könnte also auch noch knapp werden.

CSU dokumentiert Unmut im Kabinett

Die CSU wird ihren Unmut an diesem Mittwoch im Kabinett dokumentieren – nach Informationen des Tagesspiegels werden alle CSU-Minister eine Protokollerklärung abgeben, in der die weitergehenden Forderungen des bayerischen Koalitionspartners nochmals aufgeführt seine sollen. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang. In den Ländern, denen die Steuer zufließt, wird das Geschehen in Berlin mit Verwunderung registriert. „Zuerst präsentiert der Bundesfinanzminister einen Entwurf, der die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ernst nimmt und erkennbare Korrekturen aufzeigt. Dann gibt es auf Druck einschlägiger Interessenkreise aus CDU und CSU eine Kehrtwende, bei der nicht zu erkennen ist, wie sie mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sein soll“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) dem Tagesspiegel. „Der Verdacht drängt sich auf, dass da die Abschaffung der Steuern auf Millionenerbschaften durch die Hintertür erfolgen soll.“

 Schäuble musste schon entgegenkommen

In der Tat kam Schäuble mit seinem Entwurf vom Juni der Schwesterpartei bereits deutlich entgegen. Doch die CSU will mehr. Die Regelungen für reine Familienunternehmen sollen noch günstiger für die Erben und Beschenkten ausfallen. Schäuble hat für diese Unternehmen bereits höhere Summen bei den Erbwerten vorgesehen, von denen an schärfere Regeln gelten als bei Kleinunternehmen. Diese Erbwerte werden nach dem begünstigten Betriebsvermögen bemessen – worunter alle Unternehmenswerte zu verstehen sind, die zu mehr als 50 Prozent dem Hauptzweck des Unternehmens dienen. Bei Unternehmen ab 15 Mitarbeitern und einem Erbwert bis zu 26 Millionen Euro müssen deutlich mehr Arbeitsplätze als bei kleineren Betrieben erhalten werden, um eine Steuerverschonung zu bekommen. Und von einem Erbwert von 26 Millionen Euro an sind die Anforderungen nochmals höher oder es muss eine Bedürfnisprüfung beantragt werden, wenn ein Erben glaubt, die Steuer ganz oder teilweise nicht zahlen zu können.  Für Familienunternehmen aber wurde diese Erbwertgrenze verdoppelt – auf 52 Millionen Euro, eine deutliche Vergünstigung. Freilich werden dafür recht strenge Vorgaben bei den Ausschüttungs-, Stimmrechts- und Veräußerungsbeschränkungen verlangt, die als typisch für Familienunternehmen mit oft sehr vielen Anteilseignern gelten. Diese Beschränkungen müssen „additiv“ vorliegen, wie es aus dem Finanzministerium am Dienstag hieß. Zudem müssen diese Beschränkungen in den zehn Jahre vor der Unternehmensübergabe gegolten haben, und zudem dreißig Jahre danach. Das vor allem will die CSU im Verein mit den Unternehmerverbänden noch korrigieren.

Außerdem möchte Horst Seehofers Partei die Verbesserungen für Kleinunternehmen, die ohnehin schon erfolgt sind, noch weiterdrehen. Die Obergrenze, bis zu der relativ günstige Voraussetzungen für eine Steuerverschonung gelten, soll nach CSU-Vorstellungen von 15 auf 20 Mitarbeiter erhöht werden. Dabei hat der Kompromiss vom Sonntag schon ergeben, dass Beschäftigte in Ausbildung, Mutterschutz, Elternzeit und Langzeiterkrankung nicht mitgezählt werden. Wohl aber Teilzeitkräfte.

 Was machen die Länder?

Wie weit im parlamentarischen Verfahren nun noch Änderungen kommen, ist offen. Denn was die CSU fordert, dürfte die SPD ablehnen. Und dann ist da noch der Bundesrat. Den Ländern fließt die Erbschaftsteuer zu, doch einen eigenen Entwurf über die Länderkammer brachten sie nicht zustande. Die Interessen liegen stark auseinander. So hat der baden-württembergische  Finanzminister Nils Schmid (SPD) die Eckpunkte Schäubles vom Februar als zu wenig mittelstandfreundlich kritisiert und sieht sich jetzt bestätigt. Allerdings will er im weiteren Verfahren genau beobachten, ob der Mittelstand im Südwesten nicht doch noch stärker belastet wird. „Gerade bei dieser enorm komplexen Reform steckt der Teufel im Detail“, sagte er am Dienstag. Dagegen liegt Walter-Borjans näher an den Vorstellungen der SPD-Fraktion. „Millionenerben haben sich, wie vom Verfassungsgericht verlangt, angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen“, sagt er. Dabei dürften familiengeführte Unternehmen und ihre Arbeitsplätze zwar nicht gefährdet werden. Doch „was jetzt vorliegt, macht die Ausnahme zur Regel und verwässert den ursprünglichen Schäuble-Vorschlag enorm“.

In Hessen missfällt Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) ein anderer Punkt im Schäuble-Entwurf: an der Definition des begünstigten Vermögens als betriebsnotwendiges Vermögen. Schäubles Vorschlag bedeutet eine Abkehr vom bisherigen Bewertungsmodus, der am so genannten Verwaltungsvermögen ansetzte – also beim nicht betriebsbedingten Vermögen. Diese Umkehr hatte zu Unmut in den Finanzverwaltungen der Länder geführt. Schäfer sagte dazu dem Tagesspiegel: „Es bleibt ein Rätsel, warum das Bundesfinanzministerium auf Regelungen beharrt, deren verfassungsrechtliche Notwendigkeit sich aus dem Karlsruher Urteil nicht erschließt.“ Dies gelte vor allem für die Abgrenzung des begünstigten Vermögens nach dem „Hauptzweck“ – „auch die Bundessteuerberaterkammer sieht diese Änderung sehr kritisch“. Allerdings konnte Meister diesen Kernpunkt des Schäuble-Modells bisher durch alle Gespräche kämpfen. Schäfer wie auch die CSU sehen zudem die Einbeziehung des vorhandenen Vermögens eines Erben in die Verschonungsbedarfsprüfung kritisch. Sie sei zwar  gesetzestechnisch regelbar, „aber in Karlsruhe ist so manche Norm schon an Vollzugsdefiziten gescheitert", sagt der hessische Finanzminister. "Warum dieses Risiko auch hier eingehen, wo doch der Gesetzgeber in dieser Frage einen Erwägungsspielraum hat?“

 Unternehmerverbände fordern weitere Vergünstigungen

Die Unternehmerverbände werden ihre Klagelieder in jedem Fall noch lauter vortragen als bisher schon. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) bezeichnete die „Überwachungsfrist“ von 30 Jahren bei den Gesellschafterverträgen als „praxisfern“. Zudem kritisierte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber, es sei nach wie vor vorgesehen, das bereits vorhandene Vermögen eines Erben nicht von der Steuerzahlung auszunehmen. Immerhin sieht der Kabinettsentwurf aber vor, dass bei einer Bedürfnisprüfung das verfügbare Vermögen nur zu 50 Prozent herangezogen wird. Auch die Stiftung Familienunternehmen forderte „Nachbesserungen an vielen Stellen“. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, urteilte: „Auch die Kabinettsvorlage wird die Übertragung von Familienbetrieben erheblich erschweren.“

Albert Funk

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