Nach geplatzter Fusion: Commerzbank will im Herbst Strategie vorlegen
Auf der Hauptversammlung musste Commerzbank-Chef Martin Zielke sich viel Kritik anhören. Bis Herbst will er klären, wie es bei dem Geldhaus weitergeht.
Die Aktionäre der Commerzbank haben am Mittwoch auf der Hauptversammlung mehrheitlich das Ende der Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank begrüßt. Es sei zwar richtig gewesen, den Zusammenschluss zu prüfen, aber die Commerzbank solle alleine vorankommen. „Alleine stehen wir besser da, viel besser“, sagte Aktionär Wolfgang Aleff. „Besser als mit einer anderen fußlahmen Bank.“
Vorstandschef Martin Zielke nannte die Gespräche mit der Deutschen Bank „richtig und wichtig“ ebenso wie das Ende der Verhandlungen. Verhandlungen mit anderen europäischen Banken gebe es nicht. Die Gespräche mit der Deutschen Bank hätten aber auch gezeigt, „wo wir unsere Strategie möglicherweise nachschärfen sollten“. Details allerdings will Zielke erst im Herbst nennen.
Aktionäre ärgern sich über den niedrigen Kurs
Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW sprach zwar von „ordentlichen“ Zahlen der Bank, andere aber kritisierten den viel zu niedrigen Aktienkurs. „Dafür erhalten sie von mir, Herr Zielke, die rote Karte“, sagte Aktionär Hans Oswald, der daran erinnerte, dass die Aktie einmal 262 Euro gekostet habe. Kapitalerhöhungen herausgerechnet seien es heute nur noch 73 Euro-Cent. Seit zehn Jahren müssten die Aktionäre eine bittere Pille nach der anderen schlucken, hieß es bei anderen. Kritik gab es auch daran, dass die Erträge der Bank viel schneller zurückgehen würden als die Kosten.
Zielke warb vor rund 1000 Aktionären im Wiesbadener Congress Center um Verständnis für die schwierige Lage des Instituts. Die Branche stecke im gewaltigsten Umbruch, den sie je erlebt habe. Er verneinte, dass es derzeit Gespräche über eine Fusion mit anderen europäischen Instituten gebe, etwa mit der niederländischen ING. Er treffe regelmäßig die Chefs anderer Banken. Auch mit Ralph Hamers von der ING habe er in den letzten zwölf Monaten zwei Mal gesprochen. "Dabei hat es kein konkretes Angebot zur Aufnahme von Verhandlungen gegeben." Die Commerzbank werde aber weiter alle Möglichkeiten prüfen, um das Wachstum zu beschleunigen. "Das schließt Partnerschaften nicht aus".
Anleger fürchten Übernahme
Aktionäre sprachen sich allerdings klar gegen neue Partnerschaften und Fusionen aus. Wenn es nach der derzeitigen Rosskur wieder aufwärts gehe, wolle man alleine die Früchte ernten und nicht mit einer anderen Bank teilen. Außerdem habe die Commerzbank genug eigene Baustellen, die abgearbeitet werden müssten. Je besser die Bank in Zukunft dastehe, desto besser sei sie vor feindlichen und auch freundlichen Übernahmen gewappnet. "Der Ausverkauf der Bank sollte ein Jahr vor dem 150jährigen Jubiläum im nächsten Jahr obsolet sein", forderte Aktionär Aleff.
Heftige Kritik musste sich der Vorstand auf der Hauptversammlung für die Finanzierung von Rüstungsunternehmen anhören, die Waffen in den Jemen liefern. "Die Situation ist dramatisch. Über 3.000 Menschen, davon 749 Kinder sind umgekommen", sagte Ali Jameel von der jemenitischen Organisation Mwatana. Er war eigens nach Wiesbaden gekommen.
Auch an den Krediten für Rüstungskonzerne gibt es Kritik
Trotzdem finanziere die Commerzbank die Rüstungskonzerne Rheinmetall und die britische BAE Systems. "Dass muss umgehend beendet werden. Die Bank hat eine entsprechende Richtlinie", sagte auch Barbara Hoppe von der deutschen Organisation Urgewald. Noch 2018 habe die Bank BAE einen neuen Kredit bewilligt. "Was muss noch passieren, bis Sie endlich reagieren?"
Vorstandschef Zielke ging nur indirekt auf die Kritik ein. "Was im Jemen passiert ist schrecklich und Menschen verachtend. Wir machen es uns nicht einfach". Allerdings könne er einzelne Kundenbeziehungen nicht kommentieren. Die bereits 2008 formulierte Richtlinie für die Unterstützung von Rüstungsfirmen gelte weiter. Damit sei die Lieferung von Waffen in Spannungsgebiete ausgeschlossen, behauptete Zielke. Alle Vorgänge würden sorgfältig geprüft. "Wenn es konkrete Hinweise gibt lehnen wir solche Geschäfte ab. Wir übernehmen Verantwortung".
Heftige Vorwürfe erhob auch Vincent Lohmann von Fridays for Future. Die Commerzbank finanziere weiter klimaschädliche Industrien und leiste damit einen Beitrag zur Zerstörung des Planeten, sagte der junge Mann. "Dieses Unternehmen ist vieles, aber sicher nicht klimafreundlich". Mit der 2018 für RWE gebilligten Kreditlinie von fünf Milliarden Euro "verbrennen Sie die Zukunft ihrer Kinder". Auch wenn die Commerzbank ihre Umweltrichtlinie ab 2020 verschärfe, finanziere sie auch dann noch klimaschädliche Industrien. "Warum nehmen Sie sich kein Vorbild an Investoren, die vollständig aus fossilen Energien aussteigen?" kritisierte Lohmann.