Jahrestagung IWF: Christine Lagarde strebt zweite Amtszeit an
IWF-Chefin Christine Lagarde kann sich eine zweite Amtszeit vorstellen. Die Zustimmung dürfte hoch sein. Thema in Lima ist auch die Flüchtlingskrise.
IWF-Chefin Christine Lagarde hat sich offen für eine zweite Amtszeit gezeigt. Sollte sie darum gebeten werden, stehe sie bereit, sagte Lagarde auf einer Pressekonferenz während des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Donnerstag im peruanischen Lima.
Ihre derzeitige Amtszeit läuft bis Mitte 2016. Bislang hat kein Herausforderer seine Hand gehoben. Es wird breite Zustimmung erwartet, sollte Lagarde tatsächlich auf eine Fortsetzung drängen. Allerdings gibt es auch die Forderung, dass die Position nicht länger von einem Europäer besetzt wird, sondern von einem Kandidaten aus einem Schwellenland.
Aussichten seien nicht so düster
Die Aussichten für die Weltwirtschaft sind nicht so düster, wie sie zum Teil von Experten dargestellt werden. Kurz vor Beginn der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Lima wies Christina Lagarde, Direktorin des IWF, am Freitag Einschätzungen zurück, ein Wachstum der Weltwirtschaft von 3,1 Prozent in diesem Jahr sei zu wenig. „Viele sagen, dass sei nicht genug, um die Herausforderungen zu bestehen. Aber entscheidend ist, wie die Politik ihre Rezepte anpasst. Die Möglichkeiten sind noch nicht ausgereizt“.
Sie wolle kein dunkles Bild malen, zudem werde es 2016 mit 3,6 Prozent wieder ein stärkeres Wachstum geben. Als große Herausforderungen betrachten Lagarde und Weltbank-Präsident Jim Yong Kim die Flüchtlingswelle nicht nur in Europa. IWF und Weltbank wollen vor allem Staaten wie Libanon, Jordanien, der Türkei und dem Tschad unter die Arme greifen und ihren Haushalten mehr Spielraum verschaffen. In Europa gebe es auch Belastungen für die Haushalte, aber angesichts einer schrumpfenden Bevölkerung auch Chancen durch die Zuwanderung.
16 Millionen Menschen auf der Flucht
Lagarde und Kim betonten in der peruanischen Hauptstadt, dass derzeit 16 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht seien. In Peru und in ganz Südamerika ist es kein Problem, trotzdem ist die Flüchtlingswelle in Europa auch in der peruanischen Hauptstadt bei der Jahrestagung von IWF und Weltbank ein wichtiges Thema. Das werde die Haushalte in vielen Ländern, auch in Deutschland belasten, sagt Lagarde. Und es bedürfe hoher Anstrengungen, die Migranten zu integrieren.
Aber die vermeintliche Krise berge auch Chancen, betont Kim. „Alle Annahmen besagen, dass Migranten hart arbeiten werden und im Form von Steuern mehr in den Staaten, die sie aufnehmen, beitragen werden als sie soziale Leistungen in Anspruch nehmen“. Generell gehe es bei der Flüchtlingswelle nicht um Wochen oder Monate, sondern um eine starke Migration aus den ärmeren und ärmsten Ländern in die wohlhabendere Regionen, die für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zum Dauerzustand werde. „Im Schnitt bleibt ein Flüchtling 17 Jahre Flüchtling“, sagte Kim am Freitag.
„Kein Land kann all das allein bewältigen"
Lagarde zufolge wird die internationale Zusammenarbeit nicht nur bei der Bewältigung der Flüchtlingswelle immer wichtiger. Dies gelte genauso für die wirtschaftlichen Herausforderungen wie den Kampf gegen den Klimawandel. „Kein Land kann all das allein bewältigen. Aber es alles kann und muss gemanagt “.
Der IWF will dabei genauso wie die Weltbank eine wichtige Rolle spielen. Der Fonds, indem er in Ländern, die er derzeit mit einem Programm unterstützt, größeren Spielraum für die Haushalte eröffnet und zusätzliche technische Hilfe leistet. Die Weltbank durch die Vergabe zusätzlicher Kredite. Die Mittel der Bank dafür seien ausreichend, betonte Kim.
Ein anderer Kurs als vor 15 Jahren
Bei ihrer Unterstützung fährt der IWF heute einen anderen Kurs als noch vor 15 Jahren. Lange war der Fonds für seine harten, vor allem für die Ärmsten folgenreichen Auflagen für seine Hilfsprogramme kritisiert worden. „Der IWF hat sich verändert“, sagte Lagarde am Freitag. Das sei vor allem in Lateinamerika sichtbar, wo es immer scharfe Kritik am IWF gegeben hatte.
Die Beziehungen zu vielen Ländern seien heute von Partnerschaft und Kooperation gekennzeichnet. Der IWF habe sehr wohl die sozialen Folgen seiner Programme im Auge und mögliche Beeinträchtigungen beim Kampf gegen die Armut. Zugleich hätten sich auch die Länder Lateinamerikas verändert. Die Reformen zahlten sich etwa in Peru, Chile, Mexiko oder Kolumbien aus, auch wenn der Verfall der Rohstoffpreise ein großes Problem sei.
Wovor in Lima gewarnt wird
IWF und Weltbank verweisen auch in Lima auf die möglichen negativen Folgen nicht nur der anhaltend niedrigen Rohstoffpreise oder auch der möglichen Zinserhöhung durch die amerikanische Notenbank Fed Ende diesen Jahres oder 2016. Allein Großbanken könnten nur aus Asien bis zu 165 Milliarden Dollar abziehen, warnt der Weltbanken-Verband IIF in Lima. Der IWF verweist auf die dramatische Verschuldung der Schwellenländer von insgesamt rund drei Billionen Dollar. Sollten die Zinsen stiegen wären die Belastungen enorm.
Weltbank-Präsident Kim erklärte mit Genugtuung, dass die Zahl der weltweit Armen erstmals überhaupt in diesem Jahr mit einem Quote von 9,6 Prozent unter die Grenze von zehn Prozent der Weltbevölkerung sinken könnte. Das sei die beste Nachricht überhaupt und stütze die Hoffnung, dass die extreme Armut bis 2030 komplett überwunden werden könnte. Allerdings warnt Kim auch vor den Folgen der niedrigen Rohstoffpreise und möglicherweise steigender Zinsen für die ärmsten Länder. „Wir sind sehr besorgt“. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Weltbank 63 Milliarden Dollar an neuen Krediten ausgereicht, 21 Prozent oder zehn Milliarden Dollar mehr als im Jahr zuvor. (mit dpa)