Live-Ticker zur Griechenland-Debatte: Zahl der Nein-Sager in der Union steigt weiter
Nach ausführlicher Debatte hat der Bundestag mehrheitlich dem dritten Hilfspaket für Griechenland zugestimmt. Finanzminister Wolfgang Schäuble gab eine Regierungserklärung ab, Gregor Gysi und Anton Hofreiter lösten Heiterkeit aus. Lesen Sie hier die Ereignisse im Ticker nach.
Es war eine heftige Debatte im Bundestag über das dritte Hilfspaket für Griechenland. Am Ende bekam es eine breite Mehrheit. Die Debatte war teilweise sehr kontrovers, aber nicht so kontrovers wie frühere zu diesem Thema. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machte deutlich, dass schmerzhafte Anpassungsleistungen in Griechenland unvermeidlich seien, wenn das Land in der Währungsunion bleibe. Gregor Gysi wirbelte die Debatte durcheinander, weil er zunächst gar nicht über Griechenland sprach, sondern über andere Themen, die ihm wichtig waren. Schließlich kam auch ein Abweichler aus der Union zu Wort, Klaus-Peter Willsch. Er zweifelt daran, dass Athen wirklich den Staat reformieren will. Am Ende war die Zahl der Nein-Sager aus den Reihen der Union höher als noch bei der letzten Griechenland-Abstimmung im Juli.
Hier die Ereignisse zum Nachlesen in unserem Ticker.
13:10 Uhr - Die Zahl der Abweichler in der Union steigt weiter. Wie sich aus dem Protokoll der Abstimmung ergibt, stimmten diesmal 63 Abgeordnete von CDU und CSU mit Nein. Drei Parlamentarier enthielten sich, 228 waren für das dritte Hilfspaket. Bei der letzten Griechenland-Abstimmung im Juli hatte es noch 60 Nein-Stimmen aus den Reihen der Union gegeben.
12:12 Uhr - Bundestagpräsident Norbert Lammert gibt das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Bei insgesamt 585 abgegebenen Stimmen votierten 454 Abgeordnete mit Ja, 113 mit Nein. Es gab 18 Enthaltungen. Letzte Hürde für die Auszahlung der ersten Hilfstranche an Griechenland ist das niederländische Parlament, das am Nachmittag abstimmt.
Die Zustimmung im Bundestag fiel etwas größer aus als bei der Erteilung des Verhandlungsmandats im Juli. Damals gab es 439 Ja-Stimmen. Die größere Mehrheit könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Grünen mehrheitlich zustimmen wollten. Die Linke wollte bei ihrem Nein bleiben. Dass es diesmal insgesamt weniger Nein-Stimmen gab als bei der letzten Abstimmung im Juli (113 statt 119), könnte damit zu tun haben, dass am Mittwoch 13 Abgeordnete weniger im Plenum anwesend waren als noch im Juli. Möglicherweise waren unter den Abwesenden etliche Abweichler aus der Union.
12:01 Uhr - Die Abstimmungen im Bundestag beginnen.
11:56 Uhr - Der CSU-Mann Nüßlein hat noch etwas zu sagen. Am Ende der Debatte meldet sich noch einmal der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein zu Wort, der sich zuvor mit dem Grünen Sven-Christian Kindler ein bizarres Wortgefecht geliefert hatte. Nüßlein wirft Kindler vor, ihn in die Ecke von Holocaust-Leugnern gestellt zu haben und erklärt, er würde sich über eine Entschuldigung freuen. Zuvor hatte Kindler in der Debatte um mögliche Schuldenerleichterungen für Griechenland argumentiert, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg trotz der Ermordung der Juden einen Schuldenschnitt erhalten habe. Anschließend hatte Nüßlein eine Zwischenfrage mit einer historischen Vorbemerkung eingeleitet, ohne deren Kontext genauer zu verdeutlichen. Der CSU-Abgeordnete sagte, Kindler spreche viel über Fehler und Verantwortlichkeiten, auch in historischen Zusammenhängen, die er persönlich so nicht sehe. Möglicherweise wollte Nüßlein lediglich daran erinnern, dass Griechenland in der Amtsperiode einer rot-grünen Bundesregierung dem Euro beigetreten ist. Kindler sah aber offenbar die Zwischenfrage auf den Holocaust gemünzt und sprach von einem Skandal. Ob der Grüne und der CSU-Mann inzwischen noch einmal miteinander geredet haben?
11:37 Uhr - Klaus-Peter Willsch, einer der Wortführer der "Nein"-Sager in der Union: Klaus-Peter Willsch (CDU) glaubt nicht daran, dass die griechische Regierung wirklich die versprochenen Reformen angehen will und verweist auf aktuelle Äußerungen von Syriza-Mitgliedern. Außerdem gibt er zu Bedenken, dass Regierungschef Alexis Tsipras vermutlich in sehr naher Zukunft eine Vertrauensabstimmung im Parlament verlieren werde. Und was das Ergebnis von zu erwartenden Neuwahlen für die Reformversprechen aus Athen sei, da ist Willsch pessimistisch. Interessant wird sein, wie viele Fraktionskollegen sich bei der Abstimmung der Haltung von Willsch anschließen werden.
11:32 Uhr - Johannes Kahrs (SPD) hält eine ziemlich selbstgerechte und rechthaberische Rede. Hochfahrend ruft er in den Saal, dass das Hilfspaket genau so aussehe, wie seine Partei es haben wollte. Seiner Meinung nach nimmt jetzt alles einen guten Weg, Die griechische Regierung werde ihr eigenes Land reformieren und das eigen Land retten.
11:27 Uhr - Michael Stübgen (CDU) hebt hervor, dass das Hilfsprogramm eine soziale Grundsicherung vorsieht. Gregor Gysi warf er vor, zu Unrecht hervorzuheben, dass mit dem Hilfsprogramm die Banken gerettet würden. Die Bankenrekapitalisierung sei auch eine soziale Maßnahme, weil viele Rentner und Familien bei einem Bankenzusammenbruch ihre Ersparnisse verlieren würden. Der Abgeordnete ist der erste, der ermahnt werden muss, weil er seine Redezeit überzog.
11:19 Uhr - Drei Abgeordnete der Grünen haben ihre Babys in den Bundestag mitgebracht. Bei der Übertragung aus dem Bundestag werden immer wieder überraschend Bilder eingeblendet von drei weiblichen Abgeordneten der Grünen, die alle ihre Babys in den Plenarsaal mitgebracht haben. Das lenkt die Aufmerksamkeit zahlreicher Abgeordneten ab. Das kommt wohl selten vor. Die Frauen kümmern sich gegenseitig um die Babys. Unklar ist, ob es sich um ein politisches Statement handelt. Möglicherweise wollen die Frauen eine menschliche Note in die Debatte bringen, damit nicht immer nur um harte Fakten gerungen wird.
11:05 Uhr - Ralph Brinkhaus (CDU): "Wir haben uns entschieden, Griechenland zu helfen, wenn es innerhalb des Euros ist." In Athen habe eine Verhaltensänderung eingesetzt. Er verteidigte die Entscheidung, dass die Banken in Griechenland gerettet werden. Die vorübergehende Schließung der Banken zeige: "Banken sind die Straße, die man braucht, damit eine Wirtschaft funktionieren kann." Zugleich zeigt sich der Unionsfraktions-Vize mit Blick auf die zurückliegenden fünf Jahre der Griechenland-Rettung selbstkritisch. Wenn die Menschen in Griechenland nach fünf Jahren kein Licht am Ende des Tunnels sähen, dann müsse man auch dafür sorgen, dass die Kreditvereinbarung auch "kurzfristige Erfolge" brächten.
11:02 Uhr - Manuel Sarrazin (Grüne): "Geben Sie Griechenland mehr Investitionen und Schuldenerleichterungen." Er fordert, dass das Thema Grexit endlich vom Tisch ist.
10:55 Uhr - Norbert Spinrath (SPD), will das Bild vom "Fass ohne Boden", das Kritiker der griechischen Regierungspolitik immer wieder bemühen, nicht gelten lassen: "Das Fass hat einen Boden in einem solidarischen Europa."
10:47 Uhr - Kindler: "Schuldenerleichterungen sind notwendig, damit das Land wieder auf die Beine kommt." Die Strukturreformen in Griechenland seien notwendig, betont er. Aber er vermisse ein Investitionsprogramm in Griechenland.
10:46 Uhr - Sven-Christian Kindler (Grüne): "Volker Kauder hat die eigene Fraktion bedroht. In der Union brennt die Hütte." Kindler greift die Abweichler in der Union direkt an.
10:39 Uhr - Gerda Hasselfeldt: "Wer wird in einem Land investieren, wenn der Staat nicht funktioniert?" Die Strukturen müssten so geändert werden, dass wieder investiert wird.
10:32 Uhr - Gerda Hasselfeldt (CSU): Geld gibt es nur mit Reformen. Das Programm hätte sonst keinen Erfolg. Jedes Land müsse seine Hausaufgaben selber machen, es könne keine Vergemeinschaftung von Schulden geben. "Wir haben uns nicht erpressen lassen." Deshalb habe Athen eingelenkt.
10:26 Uhr - Gesine Lötzsch (Linke) bittet um Verständnis für die griechischen Regierung und fordert Solidarität. In Griechenland herrsche ein humanitärer Notstand. Das Hilfspaket sei eine Hilfe für die Banken.
10:23 Uhr - Carsten Schneider, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, greift die Linkspartei an.
10:11 Uhr - Kauder äußert sich zu Flüchtlingen. "Ich rate dringend dazu, das Thema nicht zu einem parteipolitischen Thema zu machen."
10:06 Uhr - Kauder: Es gibt viele Gründe, dem Antrag zuzustimmen. Kauder stand im Fokus, weil er Abweichler in der Union disziplinieren wollte.
10:03 Uhr - Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der Union, Verständnis für die Zweifel an dem Hilfspaket. Aber das vereinbarte Ergebnis zeige, dass es richtig sei.
9:58 Uhr - Hofreiter: Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie mit Ja, sagt er in Richtung der widerständigen Unions-Abgeordneten. Merkel solle vorangehen, Europa brauche eine Vision. Seine Fraktion werde trotz aller Irrtümer in dem Hilfspaket zustimmen. Dies sei aber keine Zustimmung zur Bundesregierung.
9:54 Uhr - Anton Hofreiter startet etwas verunglückt in seine Rede. Der Grünen-Fraktionschef begrüßt Angela Merkel namentlich und wird dafür ausgelacht - von der Union.
9:48 Uhr - Oppermann betont die Vorteile des Hilfspakets. Vor allem solle der Staat funktionsfähig gemacht werden.
9:41 Uhr - Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann geht auf Gregor Gysi ein und zeigt sich "maßlos" enttäuscht. Gysi falle mit seiner Ablehnung des Hilfspakets seiner Schwesterpartei Syriza in den Rücken.
9:39 Uhr - Gysi weist darauf hin, die 14 griechischen Regionalflughäfen würden an den Frankfurter Flughafen Fraport verkauft, der wiederum weitgehend in öffentlicher Hand sei.
9:35 Uhr - Gysi: Ich bin ein Anhänger der Logik. Das Rettungspaket bedeute für Griechenland eine Katastrophe. Das Land brauche Investitionen.
9:30 Uhr - Bundestag ist irritiert: Gregor Gysi redet nicht über Griechenland, sondern über Flüchtlinge, PKK und Netzpolitik. Dabei lacht er zwischendurch und freut sich, dass er eine solche Aufmerksamkeit erfährt. Er rechtfertigt sich damit, dass diese Themen die Leute interessieren.
9:27 Uhr - Nach der Regierungserklärung spricht Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linken. Gysi redet erst einmal über den Skandal um Netzpolitik.org und löst eine Überraschung aus.
9:23 Uhr - Schäuble: Es gibt keine Garantie, dass das Vorhaben klappt. Er zeigte sich aber zuversichtlich. Ein starkes Europa gehe nicht ohne Verlässlichkeit und Solidarität.
(Eine Zusammenfassung der Rede des Finanzministers lesen Sie hier.)
9:18 Uhr - Schäuble: IWF muss beteiligt sein. Die Eurogruppe teile die Auffassung, dass der IWF an der Griechenlandrettung beteiligt werden muss. Der IWF habe seine Bereitschaft erklärt. Die Schuldentragfähigkeit Griechenlands solle ohne einen Schuldenschnitt erreicht werden. Nicht der Schuldenstand sei entscheidend, sondern die Tragfähigkeit des Schuldendiensts.
9:14 Uhr - Schäuble: Es geht um die Bekämpfung der Korruption und die Rekapitalisierung der Banken. Der tatsächliche Bedarf müsse erst noch ermittelt werden. 25 Milliarden Euro seien vorläufig für die Banken vorgesehen.
9:11 Uhr - Schäuble erläutert das dritte Hilfspaket für Griechenland. Das Stabilisierungsprogramm werde alle drei Monate überprüft. Erst dann komme es zu weiteren Auszahlungen für Griechenland.
9:08 Uhr - Schäuble: Reformen sind unverzichtbar, wenn Griechenland in der Währungsunion ist. Anpassungsleistungen seien unvermeidlich, auch wenn dies für die Bevölkerung schwierig sei.
9:06 Uhr - Schäuble: Griechenland war von Anfang an ein schwieriger Fall. "Bis Ende des vergangenen Jahres war Griechenland trotz aller Schwierigkeiten auf gutem Weg."
9:04 Uhr - Wolfgang Schäuble gibt Regierungserklärung ab.
9:00 Uhr - Die Sitzung des Bundestages hat begonnen. Parlamentspräsident Norbert Lammert hat die Sitzung eröffnet. Die Debatte soll zwei Stunden dauern.
8:50 Uhr - Rating-Agentur Fitch stuft Griechenland hoch. Die Ratingagentur Fitch hat die Bonität Griechenlands um eine Stufe auf "CCC" von "CC" heraufgesetzt. Die Einigung mit den europäischen Institutionen auf ein drittes Hilfspaket habe das Risiko eines Zahlungsausfalls bei privaten Gläubigern verringert, teilte die Agentur am Dienstag mit. Es werde jedoch einige Zeit dauern, bis das Vertrauen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern wiederhergestellt sei. (mit Reuters/dpa/AFP)