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Neuer Sharing-Van der BVG: Der "BerlKönig".
© Paul Zinken/dpa

Nahverkehr in Berlin: BVG und Daimler starten Ride-Sharing-Dienst

Die Ergänzung zum ÖPNV soll 2018 mit 50 Vans in Betrieb gehen und ohne festen Fahrplan auskommen. Der Dienst wird zunächst in drei Bezirken angeboten.

Zehn U-Bahn-Linien, 22 Straßenbahn- und mehr als 150 Buslinien, sechs Fähren: Im weiten Netz der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind jeden Tag drei Millionen Menschen unterwegs. Einige von ihnen werden im kommenden Jahr einen weiteren Transportweg nutzen können: Ride-Sharing – einen app-basierten, flexiblen Mitfahrdienst auf Abruf.

Zunächst nur in drei Bezirken

Zusammen mit dem Autobauer Daimler bringt die landeseigene BVG ab Frühjahr 2018 Minibusse auf die Straße, die per App bestellt werden können und die – ähnlich wie ein Sammeltaxi – von Fall zu Fall Fahrgäste ansteuern, die ein ähnliches Ziel haben. Feste Fahrpläne gibt es nicht, zu den BVG-Haltestellen kommen virtuelle Haltepunkte.

Im Hintergrund berechnen Algorithmen, welches Fahrzeug in der Nähe ist und den Kunden am besten mitnimmt und welche Fahrgäste mit ähnlichen Wünschen noch mitfahren können – entsprechend wird die Route geplant. Die Software stammt vom US-Unternehmen Via, mit dem Daimler vor Monaten ein Joint-Venture gegründet hat. Via betreibt ähnliche Fahrdienste in New York, Washington und Chicago mit inzwischen mehr als einer Million Kunden.

In Berlin wird der neue Mobilitätsdienst im Frühjahr 2018 an den Wochenenden und abends zunächst mit 50 Fahrzeugen an den Start gehen, 300 sollen es nach den Plänen der Partner in der auf zwei Jahren angelegten Kooperation werden. Zu den anfangs noch mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren fahrenden Mercedes-Vans sollen ab Sommer 2018 auch Elektro-Fahrzeuge hinzukommen.

Die Ticketpreise stehen noch nicht fest, werden sich aber zwischen dem ÖPNV- und dem Taxi-Tarif bewegen. Unterwegs sind die „Berlkönig“ genannten Mercedes Vito, V- und B-Klassen im östlichen Innenstadtgebiet, also in Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Prenzlauer Berg. Eine Ausweitung des Geschäftsgebiets ist möglich, wenn sich während des Probebetriebs genug Fahrgäste finden.

Das Projekt ist im Senat umstritten

„Ride-Sharing ist eine ideale Ergänzung zum ÖPNV in Berlin“, sagte BVG-Chefin Sigrid Nikutta am Mittwoch in Berlin. Es gehe darum, Verkehr, Lärm und Emissionen in der Stadt zu reduzieren – und nicht darum, den ÖPNV zu schwächen. Das im Berliner Senat durchaus umstrittene Pilotprojekt müsse sehr genau analysiert werden, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther.

„Wir müssen sicher sein, dass nicht einfach mehr Verkehr in der Stadt entsteht.“ Zielgruppe seien Autofahrer, denen man eine komfortable Alternative zum eigenen Pkw anbiete. „Es ergänzt optimal, was wir schon haben, und Berlin liegt verkehrspolitisch damit ganz weit vorne.“

BVG und Daimler sind allerdings nicht allein mit ihrem Vorhaben. Die VW-Tochter Moia geht 2018 mit einem ähnlichen Modell in Hamburg an den Start – mit Elektro-Vans und in Kooperation mit der Hamburger Hochbahn. Die Deutsche Bahn erprobt mit ihrer Tochter ioki ebenfalls Ride-Sharing; ab 2018 soll das Angebot in Hamburg zur Verfügung stehen. Auch in Berlin sind app-gesteuerte Mitfahrdienste schon unterwegs, zum Beispiel Clever- Shuttle oder Allygator. Sie sind aber nicht in den ÖPNV eingebunden.

Daimler: "Eine günstige und komfortable Ergänzung"

„Wir sehen uns als Partner der Städte“, sagte Volker Mornhinweg, Leiter der Van-Sparte von Mercedes. „Wir wollen nicht möglichst viele Fahrzeuge in die Stadt bringen, sondern sie möglichst effizient einsetzen.“ Daimler entwickele sich vom reinen Hersteller zum Anbieter von Mobilität. Das Berliner Angebot werde für BVG-Kunden eine günstige und komfortable Ergänzung sein.

Die Partner sind auf einem schmalen rechtlichen Grat unterwegs, den das Personenbeförderungsgesetz ihnen lässt. Dort gibt es eine „Experimentierklausel“, die die praktische Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel auf Zeit, wie diesen atypischen Busverkehr mit Haltepunkten, gestattet.

Der entsprechende Antrag muss noch genehmigt werden. „Anfangs werden wir noch defizitär sein“, sagte BVG-Finanzvorstand Henrik Haenecke. Wichtig sei für die Nutzer ein transparentes Preismodell. Ride-Sharing sei „Teil unserer DNA“, sagte Haenecke. BVG-Chefin Nikutta würde die Verkehrsbetriebe gerne noch schneller modernisieren – etwa im Bereich Elektromobilität.

Doch es fehlt an bezahlbaren Elektrobussen. „Wir können es uns nicht leisten, Jahre lang zu warten“, appellierte auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop an die Fahrzeughersteller.

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