Kampf gegen Kriminalität: Bundesbank stoppt Ausgabe der 500-Euro-Scheine
Die Bundesbank stellt an diesem Freitag die Ausgabe von 500-Euro-Scheinen ein. Ob das illegale Geschäfte aber tatsächlich einschränkt, ist umstritten.
Glaubt man Bushido, ist die Sache klar: „Lila Scheine lügen nicht.“ Den 500-Euro-Scheinen hat er extra einen eigenen Song gewidmet. Doch nicht nur Rapper wie er lieben die großen Banknoten – sondern auch Kriminelle. Sie nutzen die 500er, um Geld zu waschen, Drogen zu kaufen oder Waffen. Davon geht zumindest die Europäische Zentralbank (EZB) aus und verabschiedet sich vom 500-Euro-Schein. Mit Deutschland und Österreich stellen an diesem Freitag die beiden letzten Euro-Staaten die Ausgabe der lilafarbenen Banknoten ein. Die übrigen Mitgliedsstaaten der Währungsunion haben sich bereits im Januar vom 500-Euro-Schein getrennt.
Illegale Geschäfte sollen schwerer werden
Dahinter steht der Wunsch, die Schattenwirtschaft einzudämmen. Kriminelle sollen es künftig schwerer haben, illegale Geschäfte bar abzuwickeln. Je kleiner die Stückelung der Scheine, desto schwerer wird schließlich der Transport – und zwar im wahrsten Wortsinn. Wollte man etwa zehn Millionen Euro im Koffer überbringen, käme der vollgepackt mit 500-Euro-Scheinen gerade einmal auf ein Gewicht von 22 Kilogramm. Weicht man dagegen auf 100-Euro-Scheine aus, sind es gleich 100 Kilogramm.
Ob aber der Ausgabestopp des 500ers tatsächlich hilft, illegale Zahlungen zurückzudrängen, ist umstritten. Zumal die Scheine, die bereits im Umlauf sind, ihre Gültigkeit behalten. Und das sind einige: Laut Bundesbank waren im März noch 540 Millionen lilafarbene Banknoten im Wert von 270 Milliarden Euro im Umlauf. Diese Scheine müssen nun nicht zwangsläufig umgetauscht werden, sie bleiben ein legales Zahlungsmittel. Ob man sie aber in der Praxis auch los wird, ist eine andere Sache. Schon jetzt verweigern viele Händler die Annahme der großen Scheine. Auch Bankmitarbeiter schicken Kunden, die damit ankommen, schon mal zur Hauptstelle oder gleich zur Bundesbank.
Banken geben zum Teil weiter die großen Scheine aus
Wie die Geschäftsbanken künftig mit 500-Euro-Scheinen umgehen, ist ihnen überlassen. Auch sie müssen die großen Scheine, die Kunden bei ihnen einzahlen, nicht zwangsläufig an die Bundesbank weiterreichen, sondern dürfen sie auch künftig wieder an den nächsten Kunden auszahlen. Einzig neue 500er-Scheine können die Institute künftig bei der Bundesbank nicht mehr bestellen: Die Produktion ist von diesem Wochenende an EU-weit eingestellt.
Die Banken reagieren unterschiedlich auf die Umstellung. Die Commerzbank etwa behält sich vor, „eingezahlte Noten wieder auszugeben“. Die Deutsche Bank will im Einzelfall entscheiden, ob die jeweilige Filiale eingezahlte 500-Euro-Scheine im Bestand behält oder sie an die Bundesbank zurückgibt. Die Geldautomaten des Instituts würden aber schon jetzt keine 500er mehr ausspucken, sagte ein Sprecher. Die Berliner Sparkasse verabschiedet sich hingegen komplett vom 500-Euro-Schein. Nur noch bis Freitagabend gibt sie die lilafarbenen Scheine noch aus. Ab Samstag werden sie durch 100er und 200er ersetzt. Bei der Berliner Sparkasse steckten die 500-Euro-Scheine zuletzt aber ohnehin nur noch in 78 der 600 Geldautomaten.
Die Bundesbank schreddert alte Banknoten
Tauschen Banken künftig 500er bei der Bundesbank ein, werden sie entsorgt. Ebenso wie alte, abgenutzte Scheine werden die 500er dann in einer speziellen Maschine geschreddert. Anschließend landen sie in der Müllverbrennung.
Doch nicht nur wegen der Entsorgung ist der Ausgabestopp für die Bundesbank eine Herausforderung. Im Vergleich zu den Notenbanken anderer Euro-Staaten hat sie auch besonders viele 500-EuroScheine in Umlauf gebracht: Einem Sprecher der Behörde zufolge stammen 70 Prozent aller momentan in der Welt zirkulierenden 500-Euro-Noten von der Bundesbank. Er erklärt das damit, dass von Deutschland aus besonders viele Wechselstuben im Ausland mit Euro-Scheinen beliefert werden.
Für die Bundesbank ist der Ausgabestopp des 500ers deshalb so komplex, weil sie nun sehr viel mehr Scheine kleinerer Stückelung (also 100er und 200er) herstellen lassen muss. Auch Lagerung und Transport werden teurer. Wie hoch die Mehrkosten ausfallen, kann die Behörde noch nicht beziffern. Das hänge davon ab, wie viele 500er im Umlauf bleiben.
Umstritten ist, wie wichtig Bargeld noch für Kriminelle ist
Dabei sind die Mehrkosten das eine. Das andere sind die Zweifel der Experten, ob der Ausgabestopp des 500ers überhaupt etwas bringt. Der Linzer Ökonom Friedrich Schneider, der seit Jahren die Schattenwirtschaft erforscht, sagt: „Einen Koffer mit Bargeld tragen die Kriminellen nur noch im ,Tatort’ durch die Gegend.“ Die meisten illegalen Zahlungen liefen längst über Bankkonten. Da würden falsche Rechnungen ausgestellt oder echte Rechnungen mehrfach bezahlt und schon sei das Geld gewaschen. Schneider glaubt deshalb, dass selbst die komplette Abschaffung des Bargelds das organisierte Verbrechen allenfalls um sieben bis 15 Prozent eindämmen könnte. Auf die Terrorismusfinanzierung hätte das sogar keinen messbaren Effekt.
Verbreitet ist diese Ansicht aber längst nicht überall. In Großbritannien geben die Wechselstuben zum Beispiel bereits seit 2010 keine 500-Euro-Scheine mehr aus. Die Londoner Regierung hat das untersagt, nachdem die britische Sicherheitsbehörde erklärt hatte, die meisten 500er befänden sich im Besitz von Kriminellen. Auch Dänemark will von den 500-Euro-Scheinen nichts mehr wissen. Das Land hat zwar wie Großbritannien eine eigene Währung, trotzdem akzeptieren viele Geschäfte den Euro. Um Geldwäsche zu verhindern, will das dänische Parlament nun ab dem nächsten Jahreswechsel den 500-Euro-Schein verbieten: Man soll dann mit ihm nicht mehr zahlen können, auch Wechselstuben dürfen ihn nicht mehr annehmen oder ausgeben.
Beliebt ist die lilafarbene Banknote dagegen in Spanien: Dort sollen ein Viertel aller 500-Euro-Scheine im Umlauf sein. Die Spanier haben der Banknote deshalb einen Spitznamen verpasst. Sie nennen sie „Bin Laden“. Der Grund: Wie einst im Fall des Terroristen weiß beim 500Euro-Schein jeder von seiner Existenz – gesehen haben aber will ihn keiner.