Vorsicht, Scheingeschäfte!: Wie Kriminelle Unbedarfte bei Geldwäsche einspannen
Um ihre Geschäfte zu verschleiern, waschen Kriminelle Geld. In Berlin werben sie nun verstärkt naive Menschen an, die ihnen dabei helfen sollen. Im Fokus: Geringverdiener, Senioren und Flüchtlinge.
Mal eben viel Geld verdienen: Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Dennoch fallen regelmäßig Berliner auf Anzeigen oder E-Mails herein, in denen ihnen genau das versprochen wird. Dubiose Firmen heuern sie als „Finanzagenten“ oder als „Mitarbeiter in der Zahlungsbearbeitung“ an. Was sich dahinter verbirgt, ist allerdings mehr als heikel: Die Betroffenen bekommen Geld auf ihr Konto überwiesen, das sie abzüglich einer Provision am Automaten abheben. Die Scheine überreichen sie dann einem Mittelsmann oder verschicken sie über eine Geldtransferfirma wie Western Union ins Ausland. Was die Betroffenen dabei meist nicht oder zu spät realisieren: Sie helfen Kriminellen bei der Geldwäsche. Und: Sie machen sich selbst strafbar. Im schlimmsten Fall droht ihnen eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.
„Die Finanzagenten sind die Fronttruppe der internationalen Großkriminalität“, sagt Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) – und kündigt an, verstärkt gegen sie vorzugehen. Denn in Berlin, sagt er, würden Kriminelle besonders oft Laien als Helfer für die Geldwäsche anwerben. Heilmann sieht daher etliche Berliner gefährdet, auf eine solche Masche hereinfallen zu können.
Die Gelder kommen aus der Internetkriminalität
Bundesweit meldet das Bundeskriminalamt schon jetzt jährlich tausende Verdachtsfälle, bei denen Finanzagenten für Kriminelle Geld gewaschen haben. Heilmann vermutetet, dass das Problem in Zukunft noch deutlich zunimmt. Denn die Gelder, die auf diese Weise gewaschen werden, stammen aus der Internetkriminalität – und die wächst. Gauner stehlen verstärkt Kreditkartendaten oder hacken Onlinekonten. Um nicht aufzufliegen, müssen sie verschleiern, woher das erbeutete Geld kommt. Und dabei kommen die Finanzagenten ins Spiel.
Wie das im Detail funktionieren kann, zeigt ein Fall, den die Berliner Ermittler kürzlich aufgeklärt haben. Der Haupttäter muss sich demnächst vor Gericht verantworten. Er soll mit gefälschten Kreditkartendaten auf der Internetseite der Deutschen Bahn Fahrkarten erworben und diese dann online weitervertickt haben. Abgewickelt hat er die Verkäufe über Konten, die Finanzagenten für ihn eingerichtet haben. Auf diese Weise hat er das ergaunerte Geld gewaschen und seine eigentliche Tat – nämlich den Datendiebstahl – verschleiert. Die Staatsanwaltschaft beziffert den entstandenen Schaden auf rund 290 000 Euro. Auch wenn der mutmaßliche Täter in diesem Fall am Ende gefasst worden ist: Er zeigt, welch wichtige Rolle die sogenannten Finanzagenten spielen.
Auch Flüchtlinge sollen für die Kriminellen Geld waschen
In der Regel spannen die Kriminellen für diese Handlangerjobs Menschen ein, die dringend Geld brauchen oder besonders gutgläubig sind. „Meist sind das Sozialschwache, Senioren sowie neuerdings auch Flüchtlinge“, sagt Heilmann. Gerade um letztere Gruppe macht der Justizsenator sich Sorgen. Weil Flüchtlinge das hiesige Rechtssystem nicht kennen, seien sie besonders gefährdet, auf die Tricks der Kriminellen hereinzufallen. Deshalb plant Heilmann eine Aufklärungskampagne in diversen Sprachen. Außerdem will er verstärkt mit den Banken zusammenarbeiten: Sie sollen den Ermittlungsbehörden ungewöhnliche Kontobewegungen schneller melden. Zum Beispiel dann, wenn jemand auf einmal besonders häufig Geld überweist oder abhebt. Heilmanns Hoffnung ist, dass Finanzagenten auf diese Weise früher enttarnt werden.
Das könnte dann auch der organisierten Kriminalität die Arbeit erschweren. Denn sie ist auf eine ganze Horde an Helfern angewiesen. „Die einzelnen Finanzagenten waschen in der Regel nur sehr kleine Summen an Geld“, sagt der Berliner Staatsanwalt Marcus Hartmann. Zum einen ist dann die Gefahr kleiner, dass sie auffliegen. Zum anderen trauen die Kriminellen auch den Finanzagenten nicht hundertprozentig: Sie könnten mit dem Geld schließlich auch durchbrennen – statt nur die Provision zu kassieren.
Auch über gehackte Nutzeraccounts wird Geld gewaschen
Das Fatale: Niemand ist hundertprozentig davor gefeit, in die Machenschaften von Geldwäschern hineingezogen zu werden. Auch wer sich nicht als Finanzagent einspannen lässt, kann doch betroffen sein. So überweisen die Kriminellen gerne auch mal ins Blaue hinein Fremden Geld – später fordern sie es dann per Mail oder telefonisch zurück. Anstatt die Summe zurückzuüberweisen, sollen die Betroffenen sie ihnen bar aushändigen. Wer das tut, ist ebenfalls an der Geldwäsche beteiligt.
In anderen Fällen sind Verbraucher betroffen, weil ihr Nutzeraccount etwa bei einem Onlinemarktplatz wie Ebay gehackt wird. Die Kriminellen verkaufen im Namen des Verbrauchers dann online Waren wie Smartphones, lassen sich das Geld auf das Konto eines Finanzagenten überweisen, liefern die Ware aber nicht aus. Der Nutzer selbst bekommt davon erst etwas mit, wenn die Täter längst über alle Berge sind – und sich die Polizei meldet, weil die Kunden Anzeige erstattet haben.
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