Nach dem Brexit: Britische Großbank Lloyds plant Teilumzug nach Berlin
Um auch nach dem Brexit Zugang zum EU-Markt zu haben, will die britische Großbank künftig mit einem Tochterinstitut in Berlin vertreten sein.
Die britische Großbank Lloyds könnte ihr Europageschäft schon bald von Berlin aus verantworten. Finanzchef George Culmer sagte am Mittwoch, die Bank stehe kurz davor, Berlin als zusätzlichen Standort auszuwählen, um nach dem Brexit weiter Zugang zum EU-Markt zu haben. Lloyds wäre damit die erste britische Großbank, die sich aufgrund des EU-Austritts Großbritanniens für einen Teilumzug nach Berlin entscheidet.
Andere Banken haben sich für Frankfurt oder Paris entschieden
Konkurrenten wie HSBC und Barclays sowie US-Investmentbanken haben bislang Frankfurt am Main, Paris und Dublin als neue Standorte in der EU bevorzugt. Nötig wird dieser Umzug, weil die Banken durch den Brexit ansonsten sehr wahrscheinlich den Zugang zum EUMarkt verlieren würden. Bislang konnten sie von London aus ohne Probleme ihre Produkte auch in den anderen europäischen Ländern verkaufen. Da Premierministerin Theresa May sich nun aber klar gegen den Verbleib Großbritanniens im EU-Binnenmarkt ausgesprochen hat und nur noch einen Freihandelsvertrag mit der EU schließen will, könnten die Banken ein Problem bekommen. Allen voran Geldhäuser wie Lloyds, die bislang kein Tochterinstitut mit Sitz in einem EU-Land haben.
Schon jetzt arbeiten für Lloyds in Berlin 300 Banker
Dass sich die britische Großbank für Berlin und damit gegen Frankfurt am Main entscheiden könnte, macht dabei durchaus Sinn. Denn Lloyds hat schon jetzt unter ihrer Marke Bank of Scotland eine nicht unbedeutende Zweigniederlassung in Berlin. Sie gehört zur Zentrale der Bank of Scotland, die Lloyds 2008 übernommen aus. Von Berlin aus bietet das Institut Tagesgeldkonten für deutsche Kunden an und vertreibt Raten- und Autokredite. Bereits jetzt arbeiten für die Bank of Scotland und damit für Lloyds 300 Mitarbeiter in Berlin. Am wahrscheinlichsten ist, dass diese Zweigstelle nun in eine eigenständige Tochter umgewandelt wird. Berichten zufolge könnte das Institut eine entsprechende Lizenz noch in diesem Jahr beantragen. Inwiefern dann auch noch weitere Angestellte von London nach Berlin umziehen werden, ist allerdings unklar.
Lloyds dürfte langfristig versuchen, sich durch den Standort in Deutschland weniger abhängig vom Markt in Großbritannien zu machen. Noch laufen die Geschäfte dort zwar gut – Lloyds hat erst 2016 mit 4,2 Milliarden Pfund vor Steuern den höchsten Gewinn seit einem Jahrzehnt eingefahren. Doch angesichts des Brexit ist nicht gesagt, dass es so gut auch weitergeht. Ein Wirtschaftseinbruch in Großbritannien würde Lloyds empfindlich treffen: 97 Prozent des Geschäfts entfallen noch auf den Heimatmarkt. Schließlich ist Lloyds der größte Hypothekenanbieter in Großbritannien. In der Finanzkrise musste der Staat das Institut mit 20 Milliarden Pfund retten.