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Faszination Auto: Mit noch mehr Technik wollen die Hersteller künftige Modelle ausstatten.
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Internationale Automobilausstellung: BMW-Chef Krüger bricht bei Automesse zusammen

Schockmoment auf der IAA: Der 49-jährige BMW-Chef Krüger muss bei einer Präsentation am Dienstagmorgen von der Bühne getragen werden.

Autos, Emotionen und Neuerungen - der Glanz und Glamour der Branche strahlt von Frankfurt am Main in die Welt des Automobils. Doch schon am ersten Tag der Internationalen Autoausstellung (IAA) sorgt ein Zwischenfall für Aufregung: Der neue BMW-Chef Harald Krüger bricht bei einer Pressekonferenz zusammen.

Krüger wurde von der Bühne geleitet

Der 49 Jahre alte Manager war am Dienstagmorgen kurz nach Beginn seiner Rede auf der Bühne vor einigen Hundert Zuschauern plötzlich umgekippt. Er musste von Helfern gestützt und von der Bühne geleitet werden. Die Pressekonferenz wurde deswegen schon nach wenigen Minuten unterbrochen und sollte später nachgeholt werden. Er befinde sich derzeit in ärztlicher Behandlung, hieß es. „Nach ersten Untersuchungen ist sein Gesundheitszustand stabil.“ Schon am Morgen habe sich Krüger nicht wohlgefühlt. Erst kürzlich war er von Auslandsreisen der vergangenen zwei Wochen zurückgekehrt, unter anderem in den USA. Ihm sei es jedoch wichtig gewesen, für den IAA-Auftritt zur Verfügung zu stehen.

Die Aufregung und Strapazen der letzten Wochen seien Grund für Kollaps

Krüger ist erst seit Mai im Amt. Es war einer seiner ersten Auftritte als Vorstandschef auf großer Bühne. Trotz seines mit 49 Jahren vergleichsweise jungen Alters ist Krüger aber kein Frischling in der obersten Management-Etage. Seit fast sieben Jahren ist er bereits im BMW-Vorstand, erst als Personalchef, dann an der Spitze von Mini und Rolls-Royce. Vor seinem Schritt an die Konzernspitze verantwortete er die Produktion des Autobauers. Ein Job, in dem man die BMW-Werke auf fast allen Kontinenten regelmäßig abklappert. Eigentlich ist Krüger auch körperlich fit. In seiner Freizeit treibt er gern Sport - er joggt, fährt Ski, surft. Doch anstrengende Reisen und Drucksituationen können auch dem Top-Führungspersonal zusetzen. „Ich glaube, da ist vieles zusammengekommen“, sagte ein BMW-Sprecher. „Sicherlich auch ein bisschen Kreislauf, die Aufregung und alles.“

Gesundheit von Top-Managern kann für Kursturbulenzen sorgen

BMW war jedenfalls bemüht, Sorgen um Krügers Gesundheit schnell zu zerstreuen. An der Börse können Nachrichten zur Gesundheit von Top-Managern heftige Kursturbulenzen auslösen. Von Krügers Zusammenbruch blieb die Aktie dagegen weitgehend ungerührt. Auch für die Marke BMW dürfte Krügers Aussetzer nach Einschätzung eines Experten keine Auswirkungen haben. „Der Vorstandschef ist zwar die Galionsfigur des Unternehmens“, sagte Markenforscher Prof. Karsten Kilian von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. „Aber wenn es nichts Ernstes ist, passiert da gar nichts.“ Krüger ist nicht der erste Autoboss, der eine große Messe weitgehend verpasste. Auch Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hatte im Frühjahr kurzfristig für die Autoausstellung in Schanghai abgesagt. Mitten im internen Machtkampf mit dem VW-Patriarchen Ferdinand Piëch hatte sich Winterkorn laut VW eine Grippe eingefangen.

Autos in 230 000 Quadratmeter großen Schaufenstern am Main

Der war bereits am Montag zum Auftakt der Messe anwesend, als der Veranstalter zu rhetorischen Superlativen griff. Auf der „weltweit wichtigsten Automesse“ zeigen die „Leitanbieter der Weltmärkte“ so viele „Weltpremiere"“ wie noch nie, freute sich Autoverbandspräsident Matthias Wissmann am Montag. Die kommenden zwei Tage sind Fachbesuchern und Journalisten vorbehalten, am Donnerstag eröffnet die Bundeskanzlerin die Autoschau, und dann kann sich das gemeine Publikum die tollen Fahrzeuge anschauen. Emotion und Auto gehören zusammen, und deshalb ist die Inszenierung der Fahrzeuge in dem 230 000 Quadratmeter großen Schaufenster am Main ein tatsächlich einzigartiges Spektakel. „Für viele Menschen weltweit ist das Auto Ausdruck der Persönlichkeit“, glaubt Wissmann, der seit einigen Jahren oberster Lobbyist der deutschen Schlüsselbranche ist und es in den 1990er Jahren zum Forschungs- und Verkehrsminister gebracht hatte. „Leidenschaft, Enthusiasmus, Freude – all das macht das Auto so begehrenswert“, sagte der Präsident des Verbandes der Autoindustrie, der auch als Veranstalter der IAA fungiert.

Zwei Mitarbeiter der IAA helfen dem BMW-Chef Harald Krüger nach seinem Kreislaufzusammenbruch wieder auf die Beine.
Zwei Mitarbeiter der IAA helfen dem BMW-Chef Harald Krüger nach seinem Kreislaufzusammenbruch wieder auf die Beine.
© REUTERS

Rund sechs Prozent mehr Autos in Westeuropa verkauft

Begehrenswert also – aber das mit unterschiedlicher Intensität. Die Chinesen haben zwar nicht die Lust am Auto verloren, aber der ganz große Hype ist erst mal vorbei. Nach einem ordentlichen Absatzplus im ersten Halbjahr erwartet Wissmann auf dem größten Automarkt der Welt für 2015 insgesamt nur noch ein Wachstum von „null bis vier Prozent“ auf ein Gesamtvolumen um die 19 Millionen Autos. Das ist immer noch eine Menge, und „mittel- und langfristig“ bleibe China „klar auf Wachstumskurs“. Auffällig ist die Dynamik in Westeuropa, wo in diesem Jahr mit knapp 13 Millionen Autos voraussichtlich rund sechs Prozent mehr verkauft werden als 2014. Und der US-Markt legt vermutlich um drei Prozent auf knapp 17 Millionen Autos zu.

Zukunft ist das prägende Messethema

Messen sind Marketingveranstaltungen, und so erhofft sich Wissmann von der IAA einen Schub für die restlichen Jahresmonate. Doch das prägende Thema der Autoshow ist 2015 vor allem die Zukunft: Das selbst fahrende Auto, neue Fahrerassistenten, Elektromobilität und sicherer Verkehr. Aktuell ist jeder vierte Neuwagen mit einer Internetverbindung ausgestattet, in vier Jahren sind es Wissmann zufolge schon 80 Prozent. Allein die deutsche Autoindustrie mit VW und Mercedes, Audi, Porsche und BMW, Bosch und Continental an der Spitze werde in den kommenden vier Jahren bis zu 18 Milliarden Euro „in die Forschung und Entwicklung zum vernetzten und automatisierten Fahren investieren“, kündigte Wissmann an. Und Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, blies ähnlich kräftig ins Horn. „Wir sind dabei, Europas größten Automobilkonzern neu zu erfinden: technologisch, wirtschaftlich und was die Strukturen angeht.“ Bis 2020 kündigte der Konzernchef 20 weitere Elektroautos und Plug-In-Hybrid-Modelle an – vom Kleinwagen bis zum nächsten Phaeton und Audi A8: „Klarer kann man sich nicht zur Elektromobilität bekennen“, sagte Winterkorn in Frankfurt.

Das Auto soll zum "rollenden Smartphone" werden

Selbstverständlich sei auch die Digitalisierung „längst Teil der DNA von Volkswagen“. Bis Ende des Jahrzehnts „machen wir jedes unserer neuen Autos zum rollenden Smartphone“. Völlig neue, digitale Bedienkonzepte wie die Gestensteuerung seien bei Volkswagen „keine Science-Fiction, sondern schon in Kürze Realität in unseren Autos“. Das Auto der nächsten Generation ist sicher, Unfälle dürften Wissmann zufolge kaum noch passieren. „Da bremst das Auto von selbst, wenn plötzlich ein Fußgänger die Straße überquert. Da hilft der Notausweichassistent, um einem Hindernis auszuweichen, da verhindert der Linksabbiegeassistent Kollisionen in Kreuzungsbereichen, da unterstützt der Baustellenassistent den Fahrer in engen Autobahnbaustellen.“ Und für die gestressten Großstadtbesucher hat der Autopräsident noch einen „technologischen Leckerbissen“ parat. „Das Auto kann künftig seinen Parkplatz selbst suchen und finden – und parkt dann durch einen einfachen Druck auf das Smartphone automatisch in kleinste Lücken ein.“

Wissmann hofft auf Unterstützung von Merkel

Ebenso wie Winterkorn betonte auch Wissmann die Relevanz der Elektromobilität – für den Klimaschutz, umweltverträglichen Verkehr in Städten und für das Gelingen der Energiewende. Doch der Autopräsident, bestens vernetzt in die CDU und zur CDU-Bundeskanzlerin, merkte zum wiederholten Mal an, dass „die Politik die Rahmenbedingungen für den Leitmarkt Deutschland auf den Weg bringen muss“. Konkret geht es ihm um Sonderabschreibungen für Flottenfahrzeuge, also Dienstwagen mit Elektroantrieb. Rund 200 Millionen Euro im Jahr würde das kosten und den bis heute dümpelnden Absatz womöglich in Schwung bringen. Wissmann hofft auf eine entsprechende Zusage Merkels am kommenden Donnerstag.

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