Nach Strafzöllen: Berlin will Harley-Davidson-Standort werden
Der Motorradhersteller Harley-Davidson will mehr im Ausland produzieren. Berlin wäre als Standort geeignet wie kein zweiter - glaubt man in Berlin.
Noch ist es nur eine Idee, kaum mehr als eine herzliche Einladung, die dieser Tage ganz klassisch per Briefpost von Berlin nach Milwaukee geschickt worden ist. Dort, im ländlich geprägten US-Bundesstaat Wisconsin, residieren die Zentrale und das Stammwerk des weltweit wohl traditionsreichsten Motorradherstellers der Welt: Harley-Davidson. Diese Firma könnte ihre Bikes doch künftig auch in Berlin zusammenschrauben – und sie von hier aus zumindest in Europa verkaufen?
Stefan Franzke, Chef der offiziellen Standortförderagentur Berlin Partner, hatte von Harleys Ankündigung gelesen, erstmals auch im Ausland produzieren zu wollen. Damit wolle die Firma Strafzöllen entgehen, die die Europäische Union unter anderem gegen Harley verhängt hatte – als Reaktion auf die zuvor von US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle aus Stahl und Aluminium. Spekuliert wurde, Harleys würden bald in Vietnam produziert werden. Ausgerechnet. Trump überzog die Traditionsfirma per Twitter mit Spott und Häme.
Die "Freedom Machine" aus Berlin
Mitten hinein in diesen Handelskrieg schrieb Berlins Standortwerber Franzke am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, seinen Brief an „Dear Matthew“, Matthew Levatich, den Vorstandschef. Überschrift: „You are looking for freedom? Freedom Machine Berlin is our answer“. Damit outete sich Franzke nicht als Fan von David Hasselhoff, der 1989 mit seinem gleichnamigen Hit die Berliner Mauer fast im Alleingang zum Einsturz gebracht hatte. Franzke spielte auf Harleys Marketingstrategie an: Der Hersteller wirbt mit Sprüchen wie „All For Freedom. Freedom for all“ (Alles für die Freiheit, Freiheit für alle). Wo, wenn nicht in Berlin, der Stadt der Freiheit, könne man eine „Freedom Machine“ bauen – und entsprechend vermarkten?
Er wolle seine Aufmerksamkeit gern auf den „dynamischen Wirtschaftsstandort Berlin“ lenken, einen „Hotspot mitten im Herzen der Europäischen Union“, schrieb Franzke in seinem Brief. Berlin sei nicht nur die Hauptstadt der stärksten Volkswirtschaft Europas sondern auch das am schnellsten wachsende Bundesland. Internationale Konzerne würden hier Dienstleistungszentren, Labore und Digitaleinheiten aufbauen. „Berlin ist eine internationale und aufgeschlossene Stadt, die hochqualifizierte Talente aus aller Welt anzieht“, warb er.
Auch BMW ist in Berlin - seit Jahrzehnten
Zudem werde es den Harley-Chef vielleicht interessieren, dass auch BMW-Motorräder seit Jahrzehnten untrennbar mit Berlin verbunden sein. 2000 Mitarbeiter würden in Spandau rund 15.000 Maschinen im Jahr produzieren, erklärte Franzke dem Amerikaner – um dann auch schon direkt zum konkreten Angebot zu kommen: Er sei sich sicher, dass man Harley-Davidson nicht nur öffentliche Förderprogramme anbieten könne. „Wir werden Ihnen auch eine maßgeschneiderte Lösung anbieten, welche exakt den Bedürfnissen ihres Unternehmens entspricht“. Er möge ihn gern jederzeit anrufen. Die Handynummer schrieb Franzke per Hand unter den Brief.
Dieser ist mittlerweile in Milwaukee angekommen, hat Berlin Partner von der Post erfahren. Eine Antwort steht aber noch aus, sagte Franzkes Sprecher dem Tagesspiegel. Wie viele derartige Angebote aus aller Welt bereits in Milwaukee eingegangen sind – und was man dort von diesem Berliner Angebot hält, ist noch unklar. Antworten auf entsprechende Fragen der Redaktion liegen noch nicht vor.
Und was ist mit Jack Daniel's?
Derweil könnte sich Stefan Franzke ja um weitere Firmen bemühen, die ebenfalls neuerdings mit Zöllen durch die EU belegt sind und vielleicht in Europa produzieren wollen. Bekommen wir bald Jack Daniel's Halensee Whiskey oder Levi Strauss aus San Friedenau? Hat er denen schon geschrieben? „Nein, aber nur, weil uns keine konkreten Umzugspläne von Levi's bekannt sind“, lässt Franzke mittreilen. „Sollte sich das ändern, werden wir auch Chip Bergh anschreiben. Und auch jeden weiteren Konzernchef, der sich dazu entscheidet, seine Firmenpolitik nicht Populismus und Abschottung zu unterwerfen.“