Brigitte Zypries zu Air Berlin und BER: "Berlin nimmt seit Jahren Schaden"
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries spricht über die Zukunft von Air Berlin, den BER und die Frage, ob Tegel offen bleiben soll.
Frau Zypries, haben Sie einen Wunschkandidaten für die Übernahme von Air Berlin?
Nein. Ich habe den Wunsch, dass das Unternehmen so weitergeführt oder aufgeteilt wird, dass es für die Beschäftigten zu einer möglichst guten Lösung kommt.
Wäre das Ihrer Meinung nach bei Lufthansa eher gewährleistet als bei Easyjet oder Ryanair?
Verhandlungsführer sind das Management und der Insolvenzverwalter. Die Politik verhandelt nicht mit, das ist auch gut und richtig. Der Luftverkehrsmarkt weltweit befindet sich in einer Konsolidierungsphase. Als Bundesregierung haben wir natürlich ein Interesse, mit der Lufthansa ein starkes deutsches Unternehmen zu haben, das sich im europäischen und weltweiten Wettbewerb behaupten kann. Das gilt grundsätzlich, völlig unabhängig von den Verhandlungen um Air Berlin.
Haben Sie einen Einfluss auf die Verhandlungen?
Nein. Ich hoffe aber, dass am Ende eine Lösung stehen wird, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine möglichst gute Zukunftsperspektive gibt.
Ihr Kabinettskollege, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, spricht davon, dass Deutschland einen starken nationalen Champion in der Flugbranche braucht. Sehen Sie das auch so?
Den haben wir doch schon, die Lufthansa.
Als Wirtschaftsministerin sind Sie auch für den Wettbewerb zuständig. Wäre es nicht unter Wettbewerbsgesichtspunkten besser, wenn andere bei Air Berlin stärker zum Zuge kommen? Wenn Easyjet oder Ryanair Strecken von Air Berlin übernehmen und die Lufthansa-Wettbewerber gestärkt würden, dürften Verbraucher profitieren, weil die Tickets billiger wären.
Die Kartellbehörden werden den Wettbewerb sicherstellen, das ist ja auch ihre Aufgabe. Die von Ihnen genannten Airlines haben unterschiedliche Schwerpunkte, Easyjet und Ryanair beispielsweise sind Ferien- und Wochenendflieger, während Lufthansa und Air Berlin anders aufgestellt sind.
Wie schätzen Sie das Angebot von Herrn Wöhrl ein, Air Berlin als Ganzes zu übernehmen und fortzuführen?
Es gibt mehrere, von denen ich lese, dass sie Air Berlin als Ganzes kaufen wollen. Das ist auch legitim. Ob das substantiell ist, müssen diejenigen entscheiden, die die Verkaufsverhandlungen führen – nicht die Politik. Fest steht, dass Air Berlin mit seinem Geschäftsmodell seit vielen Jahren Verluste schreibt.
Für Air Berlin wird die Zeit knapp, die langfristigen Buchungen brechen ein, weil die Kunden dem Unternehmen nicht trauen. Die Bundesregierung hat mit einem 150-Millionen-Euro-Kredit der Staatsbank KfW geholfen. Wären Sie bereit, notfalls noch einmal Geld nachzuschießen?
Für derlei Spekulationen gibt es keinen Anlass. Am Mittwoch hat der Gläubigerausschuss getagt, und man hört, dass die Verhandlungen gut vorangehen.
Air Berlin war der Hauptcarrier für Berlin und wollte als einzige Airline am Flughafen BER ein Drehkreuz betreiben. Die Insolvenz ist daher ein großer Schaden für die Hauptstadt. Spielt das auch im Bundeswirtschaftsministerium eine Rolle?
Der Luftverkehrsstandort Berlin nimmt seit Jahren Schaden, und zwar durch die Nicht-Fertigstellung des BER. Berlin ist unsere Hauptstadt und wir wollen selbstverständlich gute Flugverbindungen nach Berlin haben. Es ist wichtig, dass das gewährleistet wird.
Herr Dobrindt möchte den Flughafen Tegel offen halten, auch wenn der BER eines Tages eröffnet. Sie auch?
Dazu gibt es verbindliche Festlegungen von Bundesregierung und Ländern sowie ein geordnetes Verfahren. Ich halte wenig von öffentlichen Spekulationen darüber, was man mit Tegel machen könnte oder nicht. Das scheinen mir teilweise eher populistische Überlegungen im Zusammenhang mit dem Wahlkampf zu sein.
Hat das Verkehrsministerium eine Mitschuld an der Pleite Air Berlins, weil es lange die Gemeinschafts-Codesharingflüge mit Etihad verboten hat?
Das sind Spekulationen, ich habe dafür keine Anhaltspunkte. Ich gehe davon aus, dass sich das Verkehrsministerium rechtskonform verhalten hat. Die Debatte, dass Etihad über seine Beteiligung an Air Berlin mehr Slots nach Europa bekommen wollte, ist nicht neu.
Sie haben den Wahlkampf angesprochen. Sie kandidieren nicht mehr für den Bundestag. Wollen Sie trotzdem weiterhin Bundeswirtschaftsministerin bleiben, wenn das politisch möglich ist?
Da ist die Logik des Politikbetriebes klar: Es ist zwar möglich, Ministerin ohne Bundestagsmandat zu sein – so habe ich als Bundesministerin der Justiz ja auch angefangen. Aber am Ende einer politischen Karriere, wie bei mir, ist das nicht realistisch.