Viel Verwaltung, wenig Mittelstand: Berlin ist zu arm an Unternehmen
Regelmäßig prüft das Bankhaus Metzler einen Gang in die Hauptstadt. Doch es lohnt sich nicht: Es gibt zu wenig Familienunternehmen in der Hauptstadt.
„Wir haben keine neuen Kunden gewonnen. Das ist nicht der Fall.“ Michael Klaus, Partner beim renommierten Bankhaus Metzler hat im Geschäft nichts von den Fusionsgesprächen zwischen Commerzbank und Deutscher Bank gespürt. Dabei sieht man bei Metzler durchaus die Notwendigkeit, dass es zu einer Konsolidierung in Deutschland und auch in Europa kommen muss. „Ob es ein nationaler Champion sein muss? Das weiß ich nicht. Der Begriff ist mir zu diffus“, sagt Partner Emmerich Müller, bei Metzler für das operative Geschäft verantwortlich.
In Deutschland seien dafür eigentlich Zusammenschlüsse über die drei Säulen des Bankenmarktes hinweg von privaten Banken, Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken notwendig. Solange dies nicht möglich ist – und Müller glaubt, dass das noch lange so bleibt – werde es kaum sinnvolle Zusammenschlüsse geben.
Beim Familienunternehmen Metzler selbst gibt es keinerlei Konsolidierungsdruck und -bedarf. Das Geschäftsmodell mit Asset Management, Capital Markets, der Firmenkundensparte und Private Banking habe sich auch 2018 trotz eines schwierigen Umfeldes bewährt, für ein erfolgreiches Geschäftsjahr gesorgt und der Familie wieder eine Dividende von 2,3 Millionen Euro beschert. Dass der ausgewiesene Jahresüberschuss von 11,4 auf 2,3 Millionen Euro gesunken ist begründet Müller mit Kapitalmaßnahmen.
Kunden in Westdeutschland
Allerdings ringen auch Metzler und die 850 Beschäftigten mit den niedrigen Zinsen. Der Zinsüberschuss rutschte von acht auf fünf Millionen Euro ab. Andererseits war die Bank im Geschäft mit Firmenkunden bei der Absicherung von Währungsrisiken und der Beratung von Fusionen, Übernahmen und Verkäufen erfolgreich. Die Zahl der Mandate habe sich weiter erhöht, bei deutschen und internationalen Konzernen, Familienunternehmen und Finanzinvestoren, sagt Müller.
Neben dem Stammsitz in Frankfurt ist die renommierte, unabhängige Privatbank mit Ablegern in Hamburg, Köln, München und Stuttgart sowie an sechs Standorten in den USA, Japan, China und Irland vertreten. Warum nicht auch Berlin? „Das prüfen wir immer mal wieder“, sagt Müller. „Und haben es immer wieder negativ beschieden.“ In der deutschen Hauptstadt sei angesichts der „besonderen“ Struktur mit viel Verwaltung und der Regierung kaum rentables Geschäft möglich. „Es gibt in Berlin und Umgebung wenig Mittelstand und wenige Familienunternehmen. Das ist unsere typische Klientel. Die sitzt eher in Westdeutschland, vor allem in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen.“ Rolf Obertreis