Frankreich leitet Ermittlungen gegen Monsanto ein: Bayer-Tochter soll geheime Kritiker-Liste geführt haben
Laut Medienberichten wollte Monsanto Kritiker "erziehen" und "überwachen". Nun wird wegen illegaler Erfassung privater Daten gegen den Saatgutkonzern ermittelt.
Dem Bayer-Konzern droht wegen seiner US-Tochter Monsanto erneut juristischer Ärger: Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen den Saatgut- und Pestizidhersteller ein, weil dieser eine geheime Liste mit Kritikern in Frankreich geführt haben soll. Laut einem Bericht des Senders France 2 wollte Monsanto kritische Politiker, Wissenschaftler und Journalisten "erziehen", besonders hartnäckige Gegner sogar "überwachen". Bayer betonte, keine Kenntnis davon gehabt zu haben.
Gegen Monsanto sei ein Ermittlungsverfahren wegen illegaler Erfassung privater Daten eingeleitet worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Paris mit. Sie reagierte damit auf eine Klage der Zeitung "Le Monde" und eines Journalisten, dessen Name auf der Liste stand.
PR-Agenturen sollen die Liste im Auftrag des US-Konzerns geführt haben. Darin waren laut dem Bericht von France 2 zuletzt rund 200 Namen aufgeführt - mit Noten von 0 bis 5, je nach Einfluss und Grad der Unterstützung für Monsanto. Die Politiker, Wissenschaftler oder Journalisten wurden mit Privatadresse, Telefonnummer und sogar ihren Hobbys gelistet.
Auch ehemalige französische Umweltministerin auf der Liste
Auch die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royal stand auf der Liste - als "null beeinflussbar", wegen ihrer ablehnenden Haltung zu dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Die Sozialistin nannte es "pervers", Menschen derartig einzustufen. Sie forderte Schritte, "um das System von schädlichem Lobbying zu säubern".
Auch vier Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AFP waren auf der Liste verzeichnet, die zur Hälfte Journalisten umfasst. Neben "Le Monde" kündigten auch der öffentliche Sender Radio France juuristische Schritte wegen Datenmissbrauchs an, andere Medien wollen die Datenschutzbehörde CNIL anrufen.
Auch die Organisationen Foodwatch und Générations Futures, die gegen Pestizide in Lebensmitteln vorgehen, bereiten nach eigenen Angaben Klagen vor.
Der Bayer-Konzern erklärte auf Anfrage von AFP, er habe "keine Kenntnis" von den Vorgängen bei seiner heutigen Tochter gehabt. Das Leverkusener Unternehmen betonte zudem die große Bedeutung des Datenschutzes.
Bayer steht wegen der Monsanto-Übernahme im vergangenen Jahr massiv unter Druck. Die Aktionäre von Bayer hatten Konzernchef Werner Baumann Ende April die Entlastung verweigert. Zuvor war der Aktienkurs eingebrochen, weil in den USA tausende Krebskranke wegen des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat klagen. (AFP)