Berlin geht das Geld aus: Die Kasse klingelt – nicht
Der Prosegur-Streik trifft auch den Einzelhandel in der Hauptstadt: Einige Läden bitten ihre Kunden, mit EC-Karten zu zahlen, da das Wechselgeld knapp wird. Andernorts bleiben die Tresore voll, weil die Umsätze nicht abgeholt werden. Ein Statusbericht.
Geld ist bekanntlich nicht alles auf der Welt. Und doch trifft der unbefristete Streik des Geld-Transportdienstes Prosegur immer mehr Menschen in der Stadt. Bankautomaten sind leer, Tageseinnahmen werden nicht abgeholt, Geschäfte haben kein Wechselgeld.
Vor einer Reichelt-Filiale in Wilmersdorf stand in den vergangenen Tagen sogar ein Schild mit der Bitte an die Kunden, doch mit EC-Karte zu zahlen – wenn irgendwie möglich: Das Wechselgeld war knapp. Am Mittwoch allerdings kommt wieder ein Schub Wechselgeld in die Kassen, der Supermarkt in der Wiesbadener Straße ist gut besucht, viele zahlen ihre Brötchen und Süßigkeiten erneut bar.
Im Reformhaus am Rüdesheimer Platz sieht die Situation anders aus. Zwar hängt hier kein Schild, das Wechselgeld sei dennoch knapp, sagt eine Mitarbeiterin. Noch könne man aber auf genügend Ressourcen zurückgreifen. Sonst liefere Prosegur der Filiale das Wechselgeld. Der Geldtransportdienst erklärt, alles daranzusetzen, die Kunden so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.
In einer Bäckerei wurde das Geld nicht abgeholt
In einer Bäckerei in der Nachbarschaft gab es ein ähnliches und doch ganz anderes Problem: Fülle statt Knappheit. Prosegur holt normalerweise mehrmals in der Woche das Geld aus der Filiale ab und bringt die Einnahmen zur Bank; EC-Kartenzahlen ist in der Bäckerei nicht möglich. Doch weil niemand kam, wurde der Tresor immer voller. Dann habe der Chef einfach selbst das Geld weggebracht und getauscht. „Ohne Wechselgeld wären wir aufgeschmissen.“
Im Kiez hat auch Claudia Heise ihren Laden. Die blonde Frau mit dem freundlichen Lächeln verkauft Zeitungen, Zigaretten, Briefmarken und nimmt Pakete an. „Als ich von dem Streik gelesen habe, hat mein Atem schon kurz gestockt“, sagt sie. Dann aber kam die Erleichterung: Glücklicherweise sei ihre Bankverbindung nicht betroffen. Probleme mit Wechselgeld hat sie heute nicht: Ein Mann, der Zigaretten kauft, zahlt passend, ein anderer fragt, ob er ihr auch Zwei-Cent-Stücke geben dürfe. „So, wie Sie es loswerden wollen“, sagt Heise, die seit 1996 Inhaberin des Ladens ist.
An einigen Bankautomaten ist nichts mehr zu holen
Rund 150 der 300 Prosegur-Mitarbeiter aus Potsdam befinden sich momentan im Streik. Sie beliefern Bankautomaten, Bankfilialen und auch Geschäfte mit Geld. Betroffen sind unter anderem die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Sparda-Bank. An vielen Automaten dieser Banken war in den letzten Tagen nichts mehr zu holen, Kunden mussten auf Automaten anderer Anbieter ausweichen und Zusatzgebühren in Kauf nehmen. So mancher holte sich gleich ein paar mehr Scheine, weil ja nicht klar ist, ob der Automat auch noch morgen Geld ausgeben wird.
Nicht betroffen sind die Automaten der Sparkasse, was sich offenbar so langsam herumgesprochen hat. So ist es in der Filiale in Wilmersdorf prompt ziemlich voll. In der Sparda-Bank-Filiale ein paar hundert Meter weiter ist der Andrang weniger groß. Die Geldautomaten seien aber wieder gefüllt, versichert eine Angestellte. „Gestern haben wir eine Lieferung bekommen.“
Rewe bietet weiterhin Bargeld-Abhebung an
Zurück in die Wiesbadener Straße: Beim Rewe-Markt nicht weit von der Reichelt-Filiale holen viele Kunden statt Scheine und Münzen gleich ihre EC-Karte hervor. Doch auch auf große Scheine können die Kassenmitarbeiter problemlos herausgeben. Schichtleitung Charlott Küster bestätigt, dass dieser Rewe-Markt nicht vom Streik der Prosegur-Mitarbeiter betroffen sei.
„Wir beziehen unser Geld direkt von der Deutschen Bank und hatten keine Probleme“, sagt sie. Wie viele große Rewe-Märkte bietet auch die Filiale in der Wiesbadener Straße ihren Kunden an, bei einer Kartenzahlung ab 20 Euro kostenfrei Bargeld abzuheben. Dies sei während des Streiks weiterhin möglich.
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