Mehr Wachstum, mehr Arbeit: Aufschwung in Deutschland soll anhalten
Für einen Januar sind die aktuellen Arbeitsmarktdaten ungewöhnlich gut. Die Bundesregierung prognostiziert: Der Aufschwung geht weiter.
Im Januar ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland gestiegen – was jedoch nur am Winterwetter liegt. In dieser Zeit ruht die Arbeit in Außenberufen wie beim Bau, in Gärtnereien oder der Landwirtschaft häufig. Betriebe trennen sich deswegen von einem Teil ihrer Beschäftigten. Saisonbedingt suchen demnach 185 000 Menschen mehr einen Job als im Dezember, was rund 2,6 Millionen sind. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,5 Punkte auf 5,8 Prozent. Die Bundesagentur für Arbeit verzeichnete trotzdem die niedrigste Januar-Arbeitslosigkeit seit 27 Jahren. Die Daten seien ungewöhnlich gut. Saisonbereinigt sank die Zahl der Jobsucher verglichen zum Vormonat sogar auf rund 2,4 Millionen.
Aus den gleichen Gründen ist die Arbeitslosigkeit in Berlin und Brandenburg kurzfristig angestiegen, aber langfristig gesunken. In Berlin lag die Quote zuletzt bei 8,8 Prozent; in Brandenburg bei 7,2 Prozent. Obwohl sogar die Langzeitarbeitslosigkeit verglichen mit Januar 2017 deutlich zurückging, ernannte Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) die nachhaltige Integration dieser Gruppe zum weiterhin wichtigsten Thema. „Auch wenn viele Menschen ohne Job wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, dauert diese Arbeit bei jedem Zweiten weniger als ein halbes Jahr“, sagte sie. „Statistiken belegen dies ebenso wie die Tatsache, dass es sich dabei oft um Helfertätigkeiten im Niedriglohnbereich handelt.“
Außerdem würden die starren Bundesprogramme in vielen Fällen zu einem „Maßnahme-Hopping“ führen – und nicht zu einem Dasein ohne Existenzängste und Unterstützung vom Amt. Die Gruppe der Hartz-IV-Bezieher ist bundesweit fünf Mal größer als die Gruppe der ALG-I-Empfänger. In Berlin ist sie sogar zehn Mal so groß.
Regierung erwartet höheres Wirtschaftswachstum
Unterdessen hofft die Bundesagentur für Arbeit auf eine baldige Regierungsbildung. Im Moment seien die Jobcenter mit Blick auf die Finanzierung beruflicher Förderprogramme für Hartz-IV-Bezieher noch ausreichend handlungsfähig. Bis zum Juni sollte die Bundesregierung ihren finanzpolitischen Kurs aber abgesteckt haben, sagte BA-Vorstandsmitglied Valerie Holsboer. Sonst könnten die Jobcenter nicht über das Jahr 2018 hinaus planen.
Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr indes ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum. Sie rechnet mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland um 2,4 Prozent. Im Herbst war noch ein Zuwachs von 1,9 Prozent prognostiziert worden. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer sehr guten Verfassung“, sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts. Hauptgründe seien der starke private Konsum und die starke deutsche Exportwirtschaft. Der Aufschwung, sagte Zypries weiter, komme auch bei den Arbeitnehmern an. Die realen Nettolöhne und -gehälter seien seit 2013 durchschnittlich um mehr als 1,6 Prozent pro Jahr gestiegen – und sie würden weiter steigen. Außerdem würden in diesem Jahr voraussichtlich 490 000 Menschen zusätzlich einen Arbeitsplatz finden.
Aufgaben: Digitalisierung, Fachkräftesicherung
Spitzenverbände der Wirtschaft mahnten, die gute Konjunktur dürfe den Blick auf die Herausforderungen nicht trüben. „Trotz der verbesserten wirtschaftlichen Lage bewerten die hiesigen Betriebe wichtige Standortfaktoren wie etwa die Verkehrsinfrastruktur, das Fachkräfteangebot oder das Steuersystem zunehmend schlechter“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Es sei wichtig, dass eine neue Bundesregierung den derzeitigen Schwung nutze, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer forderte, die neue Regierung müsse die Digitalisierung vorantreiben, den demografischen Wandel gestalten und die Energiewende steuern.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter beklagte, der Jahreswirtschaftsbericht strotze „vor Zahlenakrobatik, Eigenlob und Leerstellen“. Beim Breitband-Ausbau reiße die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) „erneut die selbst gesetzten Ziele, zu den Umweltkosten findet sich kein Wort und immer noch bleiben Millionen Menschen abgehängt“, erklärte Hofreiter. (mit dpa)
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