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An Schnullerbäumen können Kleinkinder ihren Schnuller aufhängen, um sich so leichter von diesem zu lösen.
© Julian Stratenschulte/dpa

Mehr Flexibilität: Arbeitszeitkonten für Familien

Auszeiten für Kinder, Weiterbildungen, Pflege: Auch die Union will im Wahlkampf bei Familien punkten – mit sogenannten Arbeitszeitkonten.

Wie beim ihrem Geldkonto sollen Familien Arbeitszeit ansparen und später wieder abbuchen können. Zum Beispiel, wenn Kinder ihre Aufmerksamkeit und Nähe brauchen, sie eine Weiterbildung machen wollen oder einfach mal eine Auszeit brauchen. Weil sich viele Familien solche Puffer wünschen, macht die Union mit der Idee von Arbeitszeitkonten für Familien jetzt Wahlkampf.

Die Vorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz (CDU), zeigte sich optimistisch, dass solche Konten nach der Bundestagswahl zügig eingeführt werden könnten. Es brauche mehr individuelle Flexibilität „von der Geburt der Kinder bis zur Pflege ihrer Eltern“. Mit den Tarifpartnern sollen nun entsprechende Modelle ausgearbeitet werden. Praktisch soll das Konzept so aussehen: Ein neues digitales Bürgerportal würde Daten aus gesetzlichen Zeitguthaben wie Elternzeit oder Familienpflegezeit mit Tarifleistungen wie etwa Urlaub zusammenführen. Ob die Familienzeitkonten am Ende beim Finanzamt, bei der Rentenversicherung oder anderswo verwaltet werden, sei noch offen, hieß es.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßte die Pläne. Dies sei angesichts des Fachkräftemangels eine gute Möglichkeit zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Allerdings dürfe es keine starren Regeln geben, um kleine und mittelgroße Betriebe nicht zu benachteiligen, warnte der Verband.

Was die anderen Parteien sagen

Im Wahlprogramm von CDU und CSU ist eigentlich nur von einem Prüfauftrag für die Schaffung von Familien- und Lebensarbeitszeitkonten die Rede. Anders als bei der SPD, die das Familienarbeitszeitmodell von Manuela Schwesig mit in ihr Programm aufgenommen hat: Danach können Vollzeit arbeitende Frauen und Männer, die ihre Eltern pflegen oder jüngere Kinder haben, ihre Wochenarbeitszeit auf 26 bis 36 Stunden reduzieren. Beide Elternteile erhalten dafür bis zu zwei Jahre lang jeweils 150 Euro „Familiengeld“ im Monat vom Staat als Ersatz für den Einkommensausfall.

Allein- und Getrennterziehenden steht die komplette Summe von 300 Euro zu. „Es kann nicht sein, dass die Familien immer arbeitsfreundlicher werden müssen“, sagte Schwesig im Frühjahr, als sie Familienministerin und noch nicht Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern war. Die Arbeit müsse familienfreundlicher werden.

Die Union kritisierte das Konzept damals zwar nicht im Ganzen, aber in Teilen deutlich. Die Grünen nannten Schwesigs Pläne unrealistisch und verwiesen auf ihr eigenes Modell. Durch eine „KinderZeit Plus“, die das Elterngeld ablösen soll, könnten Eltern ihre Arbeitszeit in bestimmten Phasen ebenfalls reduzieren. Auch sie wollen eine flexible Vollzeit, die es jungen Eltern ermöglicht, die Arbeitszeit in einem Korridor von 30 bis 40 Stunden zu wählen.

Kritik am Vorschlag der Union

Nun wirbt mit solch beliebten Gedankenspielen auch die Union. Ihr Vorschlag erinnert dabei übrigens an eine weitere SPD-Idee: Arbeitsministerin Andrea Nahles ist dafür, dass alle Bürger beim Start ins Arbeitsleben ein persönliches Erwerbstätigenkonto mit einem Startguthaben erhalten. Damit sollen Lohnausfälle bei Weiterbildung, Existenzgründung, Teilzeitphasen oder Auszeiten kompensiert werden.

Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Carola Reimann bezeichnete die aktuellen Vorschläge der Frauen-Union deswegen als „Feigenblatt, das kaschieren soll, dass die Union in der Familienpolitik blank ist“. Außerdem sei die Idee unausgegoren. „Junge Eltern sind überhaupt nicht in der Lage, schon ein entsprechendes Arbeitszeitpolster angespart zu haben“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Sie haben viel mehr davon, wenn sie vom Staat durch ein Familiengeld unterstützt werden.“ So wie es ihre Partei vorhat.

Marie Rövekamp, Cordula Eubel

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