Aktienkurse brechen ein: Anleger auf der Achterbahn
An den Börsen wächst die Nervosität, Experten rechnen mit weiteren Kursverlusten – aber auch mit einer baldigen Erholung
Das „Angst-Barometer“ hatten die Börsianer schon länger nicht mehr im Blick. Aber nach den kräftigen Kursverlusten am Aktienmarkt zieht der V-Dax wieder Aufmerksamkeit auf sich: Am Montag stieg er auf den höchsten Stand seit fast einem Jahr. Das Barometer misst, wie nervös die Märkte sind – oder technisch: die vom Terminmarkt erwartete Schwankungsbreite des Aktienindex Dax, seine „implizite Volatilität“. Steigt der V-Dax, geht es weiter turbulent zu. Fällt er, werden die Kurse weniger stark schwanken. Über die Richtung der Ausschläge sagt der V-Dax allerdings nichts.
Das Signal, das der Aktienmarkt gibt, ist eindeutig: Es geht abwärts. Seit seinem Höchststand am 23. Januar (13596 Punkte) hat der Dax schon rund sieben Prozent verloren. Auch die Neben- und Technologiewerte fallen – nicht nur in Deutschland. Aktienanleger sind derzeit weltweit auf dem Rückzug. An der US-Börse brachen am Freitag die Kurse so stark ein wie zuletzt vor zwei Jahren.
Die Sorge vor Inflation und steigenden Zinsen
Die höheren Zinsen am Anleihemarkt und der starke Euro seien „ein gefährlicher Cocktail“ für den deutschen Leitindex, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Analyst Christian Henke vom Broker IG Markets verwies auf die Korrektur an der Wall Street, die ein wichtiger Taktgeber für den deutschen Markt sei. An den Märkten wächst die Sorge vor einer Rückkehr der Inflation, einer strafferen Geldpolitik und steigenden Zinsen, die Aktien unattraktiver machen. Doch unter die Pessimisten mischen sich auch Stimmen, die vor Panik und überstürzten Verkäufen warnen.
Mark Haefele zum Beispiel, Global Chief Investment Officer der Großbank UBS, glaubt nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um Aktien zu verkaufen. Vor allem mit Blick auf die sehr gut gelaufenen US-Börsen ruft Haefele Investoren in Erinnerung, dass sie eine lange Phase mit „außergewöhnlichen Rahmenbedingungen“ hinter sich hätten. Der letzte Tagesverlust von mehr als fünf Prozent liege bereits mehr als 400 Handelstage zurück – dies sei „der längste Aufschwung seit den 1950er Jahren“. Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass es nun eine Korrektur nach unten gibt, ist groß – und normal. Das globale Wirtschaftswachstum und die Gewinnsituation der Unternehmen blieben aber gleichzeitig stark, die US-Steuerreform werde einen zusätzlichen Wachstumsschub geben. Bis auf einige Enttäuschungen hätten die Unternehmen die Gewinnerwartungen im vierten Geschäftsquartal 2017 erfüllt. Keine zwingenden Gründe also, sich jetzt hektisch von Anteilsscheinen zu trennen.
"Aus technischer Sicht überhitzt"
Auch die Analysten der DZ Bank rechnen nicht mit einem massiven Einbruch der Kurse, „solange die Zinsen niedrig bleiben“. Das schließe weitere Korrekturen aber nicht aus. Denn: „Die Aktienmärkte sind aktuell aus technischer Hinsicht so überhitzt wie seit langer Zeit nicht mehr“, warnen die Banker. Das gelte vor allem für die US-Börsen. Eine baldige Konsolidierung am Aktienmarkt sei „nur noch eine Frage der Zeit“. Europa werde aber wohl „nicht so stark leiden“ wie der US-Aktienmarkt.
Dafür sprechen auch die unterschiedlichen Bewertungen. So ist der S&P500-Index, der die 500 größten US-Konzerne bündelt, mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von fast 22 (auf Basis der Gewinne des Jahres 2017) vergleichsweise hoch bewertet, also teuer. Der langfristige KGV-Durchschnitt liegt bei gut 15. Das KGV ist eine populäre Kennzahl zur Bewertung von Aktien. Sie setzt für einen bestimmten Zeitraum den Aktienkurs ins Verhältnis zum Gewinn je Aktie. Der Dax kommt auf ein KGV (2017) von 15,2 und liegt damit etwa auf dem langfristigen Durchschnitt, auf Grundlage der 2018 Gewinne sind es 13,7 – eine sehr moderate Bewertung deutscher Aktien also. Und dies bei einer üppigen Dividendenrendite im Dax von aktuell drei Prozent.
Anstieg der Kursschwankungen ist gutes Zeichen
„Dass Aktienkurse auch einmal deutlich fallen können, hatten wohl viele Anleger angesichts der fast linear steigenden Notierungen seit September 2017 schlicht verdrängt“, mahnt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel, zu mehr Realismus. Zwischenzeitliche Korrekturen um zehn bis 15 Prozent seien an den Aktienbörsen keine Seltenheit. „Es ist gut möglich, dass genau so eine Entwicklung bevor steht“, schreibt Mumm. Dem gestiegenen V-Dax kann der Banker etwas positives abgewinnen: „Diese Entwicklung lässt für die kommenden Wochen hoffen.“ Zwar könne es nun zunächst noch weiter abwärts gehen. Ein deutlicher Anstieg der Volatilität sei aber „ein gutes Zeichen“. Viele Anleger hätten sich offensichtlich bereits in einem Anflug von Panik von Positionen getrennt, „um aufgelaufene Gewinne zu sichern“. Diese Anleger würden aber mangels guter Alternativen früher oder später wieder an den Markt zurückkehren müssen. Nach dem stabilen Aufwärtstrend der vergangenen Monate – 2017 gewann der Dax mehr als zwölf Prozent – müssen sich Anleger also 2018 an eine Achterbahnfahrt gewöhnen: nach der steilen Abfahrt könnte es bis zum Jahresende ebenso steil wieder nach oben gehen.
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