Das Geschäft mit dem Handball: An der Stelle von Adidas
Der Handball-Sieg ist auch der Sieg einer kleinen Firma aus Baden-Württemberg: Kempa rüstet die Spieler aus und lässt sich das einen halbe Million im Jahr kosten.
Es ist weit mehr als ein Achtungserfolg: Mit dem Sieg der Deutschen Handball-Nationalmannschaft im EM-Finale zerren die Spieler um Bundestrainer Dagur Sigurdsson den Handball in das Rampenlicht – und bescheren einer kleinen Firma aus der baden-württembergischen Kleinstadt Balingen Popularität. Die Rede ist von dem Ausrüster der Nationalmannschaft: Kempa. Während die Fans mit Bier feierten, knallten in der Chefetage bei Kempa die Sektkorken. Die Nationalspieler sind in diesen Tagen omnipräsent – und damit auch Bälle, Trikots, Schuhe und Hoodies mit Kempa-Logo. Das Unternehmen wurde erst vor 14 Jahren von dem deutschen Sportartikelhersteller Uhlsport gegründet – und von Anfang an auf den Handball angesetzt.
Sportsponsoring macht 3,3 Milliarden Euro aus
Werbung im Sport „überträgt Emotionen, erreicht Kunden deutlich besser und wird mit Erfolgen von Mannschaften oder Spielern verknüpft“, erklärt Mark Schober, Generalsekretär des Deutschen Handballbundes (DHB). Denn wenn Werbung Erfolg haben soll, muss sie eine Brücke zwischen Emotionen und Kaufbereitschaft schlagen - und der Sport leistet diese Verknüpfung.
Mehr als 3,3 Milliarden Euro flossen 2015 über Sponsoring-Verträge in den deutschen Sport – rund 20 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Oftmals zählt Beharrlichkeit, wie das Beispiel Kempa zeigt: Denn in den vergangenen Jahren war der deutsche Handball auf internationalem Parkett vom Pech verfolgt: 2008 kam das deutsche Team nicht über die Gruppenphase hinaus – ein ernüchternder neunter Platz war die Folge. Zu den Olympischen Sommerspielen in London im Jahr 2012 schaffte die Mannschaft noch nicht einmal die Qualifikation. Der damalige Ausrüster Adidas warf das Handtuch. Der weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller hatte erst vier Jahre zuvor Kempa als Hauptausrüster abgelöst – nachdem die Nationalmannschaft 2004 Europameister geworden war. 2007 folgte die Weltmeisterschaft. Danach gab es Niederlagen in Serie, und damit verlor der Handballsport auch etwas Aufmerksamkeit der Medien – und mit auch potenzielle Kunden. Im Sommer 2013 trat Kempa dann die Nachfolge von Adidas an. Das Unternehmen aus Balingen hatte bereits von 2004 bis 2008 die Ausrüstung der Handballer gestellt.
Sechs Teams bei der EM trugen Kempa
Pro Jahr überweist das kleine Unternehmen 300000 Euro an den Deutschen Handballbund. Inklusive der Ausrüstung gibt der Mutterkonzern Uhlsport damit rund eine halbe Million Euro im Jahr für den Sport aus. Eine Menge Geld für eine Firma mit etwa 65 Millionen Euro Umsatz. „Damit wird nicht nur die Nationalmannschaft unterstützt, sondern auch Jugendmannschaften ausgerüstet“, erklärte Schober vom Deutschen Handballbund am Montag auf Nachfrage.
Auch ohne den Sieg des DHB–Teams wäre die Europameisterschaft ein Erfolg für Kempa geworden: Sechs Kempa- Teams spielten in Polen mit. Und auch hierzulande stattet Kempa Mannschaften aus allen möglichen Handball-Liegen aus – unter anderem den TVB 1898 Stuttgart aus der 1. Bundesliga. Wegen der höheren Bekanntheit ist die Ausstattung der Nationalmannschaft aber selbstverständlicher deutlich wichtiger.
Kempa hat einen Vertrag bis 2019
Mit seiner Marke Kempa setzt der Mutterkonzern Uhlsport alle Hoffnungen in den Handball. Schon der Firmenname leitet sich ab von der Göppinger Handballlegende Bernhard Kempa, sagt Melanie Merz von Uhlsport. Kempa möchte dabei den Erfolg im Sport auf Mode für die Straße übertragen: neben Hoodies und Schuhen bietet das Unternehmen eine komplette Linie von Freizeitbekleidung an – und zwar passend zur Ausrüstung der erfolgreichen Handballer aus der Nationalmannschaft.
Die Rechnung scheint für Uhlsport und Kempa aufzugehen – der Breiten- und Spitzensport Handball gewinnt auch hierzulande immer mehr Anhänger: „Gerade große Siege wie die Europameisterschaft strahlen nicht nur auf die Männermannschaft aus, sondern bringen natürlich einen positiven Effekt für unsere Frauen- und Jugendkader“, freut sich DHB-Generalsekretär Schober.
Und Kempa plant mit dem DHB voraus: Die Schwaben haben sich die Rechte für die Ausstattung der Nationalmannschaft bis 2019 gesichert. Olympiade und Weltmeisterschaft inklusive.
Daniel Mosler