Milliardenentlastungen fürl Unternehmen: Altmaier plant völlige Soli-Abschaffung – Scholz lehnt das ab
Auch Topverdiener und Firmen sollen den Solidaritätszuschlag nicht mehr zahlen müssen: So steht es in einem Zehn-Punkte-Plan für eine Unternehmensteuerreform.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will offenbar im Rahmen einer größeren Unternehmensteuerreform den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen – und geht damit auf Gegenkurs zum Koalitionspartner SPD. Denn im Koalitionsvertrag ist vereinbart, ihn bis 2021 nur für 90 Prozent aller Zahler des Zuschlags abzuschaffen. Zu den zehn Prozent, bei denen er noch länger erhoben würde, gehören dann neben den Topverdienern auch die Unternehmen, da der Zuschlag nicht nur auf die Einkommensteuer, sondern auch auf die Körperschaftsteuer erhoben wird.
In einem „wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm“ aus dem Ministerium Altmaiers heißt es, mit der vollständigen Abschaffung des „Soli“ auch für Unternehmen und Unternehmer solle die „internationale Attraktivität des Standorts Deutschland verbessert werden.
Das Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, trägt den Titel „Deutschlands Wachstumspotential sichern“ und enthält insgesamt zehn Vorschläge für steuerliche Verbesserungen zugunsten der Unternehmen. Die Entlastungswirkung „bei vollständiger Umsetzung“ wird auf 20 Milliarden Euro im Jahr beziffert.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz erteilte den Plänen umgehend eine Absage. Es gebe bereits eine Reihe wichtiger Maßnahmen, vom Entlastungspaket für Familien über Beitragssenkungen bei den Sozialabgaben gerade für Geringverdiener bis hin zur starken steuerlichen Entlastung beim Solidaritätszuschlag bis 2021, sagte der SPD-Politiker am Freitag am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Bali. „Das sind die Dinge, die sich die Regierung vorgenommen hat, und dabei wird es bleiben“, sagte Scholz.
Konjunkturprognose deutlich korrigiert
Das Altmaier-Papier wurde am Donnerstag bekannt – parallel zur Rücknahme der bisher sehr positiven Wachstumserwartungen der Bundesregierung. Altmaier gab bekannt, dass man nun mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,8 Prozent in diesem Jahr rechne. Im Frühjahr hatte die Regierung noch ein Plus von 2,3 Prozent erwartet. Für 2019 nimmt die Regierung in ihrer aktuellen Herbstprognose ebenfalls ein Wachstum von 1,8 Prozent an. Das hat auch Folgen für die Steuerschätzung Ende Oktober, die geringer ausfallen könnte – und damit auch für die Haushaltsplanung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
Als wachstumshemmende Kräfte gelten derzeit nicht zuletzt die Folgen der globalen Handelskonflikte, die US-Präsident Donald Trump angezettelt hat. Unter anderem deswegen hatte auch der Internationale Währungsfonds gerade erst seine Wachstumsprognosen deutlich nach unten korrigiert. Altmaier betonte jedoch, dass die deutsche Wirtschaft trotz der schlechteren Prognose werde im kommenden Jahr in ihr zehntes Wachstumsjahr gehen werde. Dies sei die längste Aufschwungsphase seit 1966. Dadurch stiegen auch die Löhne. Deutschland hat laut Altmaier jetzt nahezu Vollbeschäftigung. Eine Begleiterscheinung – den wachsenden Fachkräftemangel – will die Regierung nun durch die zügige Verabschiedung eines Zuwanderungsgesetzes für Fachkräfte angehen.
Merkel will Entlastung
Ob das Papier des Wirtschaftsministeriums den letzten Stand der internen Debatte wiedergibt, blieb am Donnerstag unklar. Altmaier sagte nur, „dass in einem so großen Haus Überlegungen angestellt werden, was man sinnvollerweise tun kann“. Er verwies jedoch auf die Reform in den USA mit geringeren Steuern für Firmen. Zusätzliche Spielräume im Bundeshaushalt sollten daher für Entlastungen genutzt werden, sagte Altmaier. Mit Blick auf den „Soli“ hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon Ende September beim Tag der Industrie in Berlin einen Vorstoß in Aussicht gestellt. Sie halte die Vereinbarung im Koalitionsvertrag nicht für gerecht, sagte sie. „Wir werden immer und immer wieder versuchen, an dieser Frage noch mal etwas zu ändern, weil ich glaube, es ist keine gute Nachricht gerade für die ganzen Unternehmen.“
Im Papier aus dem Altmaier-Ressort wird vor dem Risiko „konjunktureller Eintrübungen“ gewarnt. Um die Investitionen der Unternehmen zu unterstützen, soll auch der Bürokratieabbau fortgesetzt werden. Zu den Steuerplänen gehört auch eine höhere Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Zudem schlägt Altmaier vor, den Zinssatz für Steuernachzahlungen deutlich zu verringern – von derzeit sechs auf drei Prozent. (mit dpa)