"Dear Mr. CEO": Air-Berlin-Mitarbeiter dichten Pink-Song um
Das Original war ein Protest gegen George W. Bush. Nun kritisieren Angehörige der Fluggesellschaft mit einer Neufassung Vorstandschef Winkelmann. Ein Interview.
Ende September hat ein anonymer User, oder eine Userin, mit dem Namen "AB Staff" (für Air Berlin Belegschaft) ein Video auf Youtube hochgeladen. Zu sehen sind Filmschnipsel gefilmt an Bord einer Air-Berlin-Maschine. Unterlegt sind die Bilder mit dem Song "Dear Mr CEO - airberlin 2017". Darin dreht es sich um das Gefühl des Verrats durch das amtierende Management unter dem Vorstandschef (Chief Executive Officer, CEO) Thomas Winkelmann. Die Melodie stammt von dem Song "Dear Mr. President" der US-amerikansischen Sängerin und Songwriterin Pink. Sie hatte das Lied im Jahr 2006 als Protest-Ballade gegen die Politik des damaligen US-Präsidenten George W. Bush veröffentlicht.
Die Redaktion haben die Urheber angeschrieben. Sie legen größten Wert auf Anonymität, da sie Nachteile bei der nun anstehenden Jobsuche fürchten. Zu einem persönlichen Gespräch waren er oder sie nicht bereit. Allerdings hat der oder die Person Fragen schriftlich beantwortet. "Ich kann Ihnen versichern, dass wir gar nicht vorhaben mit dem Song berühmt zu werden oder in die Charts zu kommen. Allein weil wir auch die Rechte des Songs nicht besitzen, wird mit dem Upload kein Cent Geld verdient. Und da wir eben trotz allem um unsere Jobs bangen, auch bei einem zukünftigen Arbeitgeber - muss ich das alles so anonym wie möglich gestalten", hieß es zur Erklärung.
Ein paar Worten zu Ihnen: Wer sind die Sänger?
Sie sind Mitte 20 und Anfang 40 und beide bei airberlin beschäftigt
Haben die singenden Personen auch den Text verfasst – und wenn nein: wer war es dann?
Die Sänger haben den Text nicht getextet, das war Ich - ebenfalls bei airberlin beschäftigt.
Sind sie enge Kollegen – oder gar auch privat befreundet oder ein Paar?
Ja, wir sind Kollegen und zu der Sängerin besteht auch privat ein freundschaftliches Verhältnis, den männlichen Part haben wir durch Kollegen empfohlen bekommen, da dieser bereits einen offiziellen Song für airberlin vor einigen Jahren gesungen hat.
Haben Sie die Musik der Künstlerin Pink selbst eingespielt oder eine Karaoke-Version genommen?
Wir haben eine Cover-Version von Youtube von genommen, der Künstler heißt Leandro Leonardi.
Wie und wann genau kam es zu der Idee?
Die Idee kam spontan, als das Lied "Dear Mr. President" im Hintergrund lief, und ich einen internen Brief von unserer Geschäftsleitung durchlas. Da machte es Klick, und dachte mir, ich könnte den Songtext doch mal umschreiben.
Wie viel Zeit brauchten Sie für die Umsetzung?
Für den Songtext brauchte keine 30 Minuten, die Produktion des Songs und Videos hat zusammen vier Tage gedauert.
Gab es noch andere Songs als Basis für den Song zur Auswahl?
Nein, gab es nicht. Da es eine "Schnapsidee" war, und dieser Song passte, wurde daran kein Gedanke verschwendet.
Sind weitere Songs geplant?
Nein, wir wollten mit diesem Song einfach etwas schaffen, was uns Airberlinern ein wenig Gehör verschafft, und vielleicht als Abschiedshymne in Erinnerung bleibt.
Haben Sie sich Kollegen gegenüber „geoutet“: Wenn ja, wie waren die Reaktionen?
Die Reaktionen von Kollegen waren überaus gut - sowohl die Resonanz in sozialen Medien als auch auf dem Flieger selbst, wenn man es Kollegen gezeigt hat. Ich habe persönlich öfter die Reaktion bekommen: "Jetzt ist der Punkt gekommen, der mich zum weinen gebracht hat. Endlich die Emotionen rauslassen, das hat gut getan, Danke dafür."
Im Titel („CEO“) und natürlich mit der letzten Textzeile spielen Sie auf Thomas Winkelmann an, ohne ihn persönlich zu nennen: Inwieweit wollen Sie tatsächlich Winkelmann für die Entwicklung verantwortlich machen? Oder steht er für Sie nur stellvertretend für verschiedene CEOs und Board-Member der Gegenwart und Vergangenheit?
Natürlich spielt Thomas Winkelmann eine entscheidende Rolle in der ganzen Insolvenz - auch wenn er diese nicht verbockt hat, was auf frühere Managementfehler zurückzuführen ist. Und in so einer Situation 4,5 Millionen Gehalt sichern lassen, obwohl bald tausende Airberliner auf der Straße stehen, ist ebenfalls höchst verwerflich.
Wer oder was trägt die Hauptschuld an der Insolvenz?
Wer die Hauptschuld trägt, ist als "normaler Mitarbeiter" natürlich schwer zu sagen. Wir wissen auch nur von schweren Managementfehlern, wie die viel zu teuren Leasingverträge mit TUI, den Leasinggesellschaften unserer A330 Flotte usw. Das Wachstum, damals unter Achim Hunold hat auf jeden Fall dazu geführt, dass airberlin heute da steht wo Sie ist - vor dem AUS. Wie die ganze Insolvenz jetzt abgewickelt wird, da haben Politik, der aktuelle CEO und die Führung der Lufthansa Group unserer Meinung nach die Fäden gezogen.
Haben Sie für sich schon eine berufliche Perspektive gefunden?
Für uns persönlich gibt es bisher keine Jobalternative, die zu akzeptablen Bedingungen eine Weiterbeschäftigung in der Flugbranche ermöglicht. Weder bei Eurowings noch bei Easyjet.
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