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Lichtgestalt. Zinedine Zidane war nicht nur ein fantastischer Spieler. Auch als Trainer eilte er von Erfolg zu Erfolg.
© Benjamin Cremel/AFP

Real Madrid: Zinedine Zidane ist am Ende der Balance

Der Franzose hört als Trainer bei Real Madrid auf – nach drei Champions-League-Siegen in Folge. Spaniens Presse schlägt drei Nachfolgekandidaten vor.

Der Souverän trug ein schwarzes Hemd zum dunklen Jackett. Aber schon die mit gestylten Flicken übersähte Jeans deutete darauf hin, dass sich etwas ändern würde, was die Prioritäten im Leben des Zinedine Zidane betrifft. Da kam einer als Trainer und ging als Privatier. Zidane mag nicht mehr. Nach zweieinhalb Jahren auf der Trainerbank des reichsten und erfolgreichsten und verrücktesten Fußballklubs der Welt. Das war schon ein wenig überraschend.

Nicht einmal fünf Tage, nachdem Real Madrid in Kiew zum 13. Mal die Champions League gewonnen hatte, dabei die vergangenen drei Male en suite, jeweils unter der Leitung des bescheidenen Weltstars aus Marseille. „Aus meiner Sicht ist das eine angemessene Entscheidung“, sprach Zidane und vielleicht komme er ja auch einmal wieder, aber das sei zurzeit kein Thema.

Neben ihm saß Reals Präsident Florentino Perez, ein älterer Herr, der unbeholfen mit Papierbögen raschelte und nicht so recht wusste, was er sagen sollte. „Ich habe ihn als Spieler und als Trainer verehrt“, sprach der Bauunternehmer. „Aber er hat eine Entscheidung getroffen, die müssen wir respektieren. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet.“ Und selbstverständlich habe er keinen Kandidaten für die Nachfolge an der Hand.

Die für gewöhnlich genauso gut informierten wie fantasiebegabten spanischen Reporter brachten schon mal drei Trainer aus London ins Gespräch: Den Argentinier Mauricio Pochettino von Tottenham Hotspur, Chelseas wahrscheinlich scheidenden Italiener Antonio Conte und lustigerweise auch Arsene Wenger, der gerade nach 22 Jahren beim FC Arsenal ausgeschieden ist.

Wer von ihnen könnte schon ein neuer Zidane sein?

Der Fußballspieler Zinedine Zidane war der beste seiner Zeit, beginnend mit den späten Neunziger Jahren bis zum WM-Finale 2006 von Berlin, das er mit seinem legendären Kopfstoß gegen den Italiener Marco Materazzi beendete. Dass er auch ein großartiger Trainer sein würde, war nicht unbedingt vorauszusehen. Zidanes Kunst hatte sich zu seiner aktiven Zeit im Umgang mit dem Ball entfaltet. Als großer Stratege mit dem Blick fürs Ganze aber war er nie in Erscheinung getreten.

Zwar genoss er in der Mannschaft ein anderes Renommee als etwa seine Vorgänger Rafael Benitez oder José Mourinho, die nie auf höchstem Niveau gespielt hatten. Der Maßstab aber war der gemütliche und allseits beliebte Carlo Ancelotti, mit dem Real 2014 in Lissabon die Champions League gewonnen hatte und der dazu als ehemaliger italienischer Nationalspieler in der Kabine von so unterschiedlichen Charakteren wie Sergio Ramos oder Cristiano Ronaldo respektiert wurde.

Niemand redet heute bei Real noch über Carlo Ancelotti

Zinedine Zidane übernahm Anfang 2016 ein in sich zerstrittenes und kriselndes Real von Rafael Benitez. Er geht mit neun Titeln und als Einziger, der dreimal in Folge die Champions League gewonnen hat. Fußballtechnisch musste er seiner Mannschaft nichts mehr beibringen. Dafür gelang es ihm meisterhaft, die Stimmung unter den Spielern auszutarieren, etwa den Narziss Ronaldo zugleich ruhig zu stellen und immer wieder zu neuen Höchstleistungen zu motivieren. Das hat Kraft gekostet. „Es gab tolle Momente und wir haben mit einem großen Moment aufgehört, mit dem Gewinn der Champions League“, sagte Zidane zum Abschied. „Aber es gab auch schwierige Momente während der Saison.“

Als er ein paar Tage vor dem großen Finale von Kiew gefragt wurde, ob der Gegner aus Liverpool nach langen Jahren ohne europäischen Titel nicht ein wenig hungriger sei, da reagierte der sonst so leise und ausgleichend formulierende Zidane laut und beinahe beleidigt: „Niemand kann sagen oder behaupten, dass wir weniger Hunger haben als die anderen. Niemand. Wir sind Real Madrid und wollen immer mehr!“ Vielleicht macht er doch nur eine Pause.

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