Vor dem Start der Australian Open: Wie sich Cori Gauff nachhaltig auf die Tennis-Landkarte spielt
Cori Gauff will bei den Australian Open den nächsten Schritt in die Tennis-Weltelite machen. In Runde eins trifft sie auf eines ihrer großen Idole.
Cori „Coco“ Gauff ermahnte ihren Vater: „Du sollst nicht fluchen!“ Der so Getadelte reagierte überrascht und fragte: „Habe ich geflucht?“ Tatsächlich hatte er und das alles war auch noch live im Fernsehen zu sehen. Denn Corey Gauff ist nicht nur Papa, sondern auch Trainer seiner Tochter. Auf der Tennistour der Frauen ist es bei normalen Turnieren erlaubt, dass die Coaches auf den Platz kommen und direkt Tipps geben.
Und da hatte sich Corey Gauff kürzlich in Auckland im Match gegen die Deutsche Laura Siegemund im Ton vergriffen. Wenn auch nur leicht, das Wort „damn“ fiel – zu Deutsch: „verdammt“. Aber so viel Benimm auf dem Tennisplatz muss sein, am Ende konnten Vater und Tochter darüber lachen, auch wenn das Spiel gegen Siegemund verloren ging.
Cori Gauff war schon als Juniorin ein riesiges Talent
Bei den Australian Open in der kommenden Woche wird sich Ähnliches nicht wiederholen, dort ist Coaching in dieser Form nicht gestattet. Trotzdem werden sich viele Augen auf Coco Gauff richten – allein schon wegen ihres Matches in der ersten Runde. Denn wie bei ihrem bemerkenswerten Grand-Slam-Debüt in Wimbledon vor einem halben Jahr trifft die 15-Jährige auf Venus Williams – und damit auf eines ihrer großen Idole.
Beim Rasenklassiker in London setzte sich der Tennis-Teenager 6:4 und 6:4 durch. „Das war ein echter Schock für mich“, sagte sie hinterher. Anschließend gewann Gauff noch zwei weitere Matches und scheiterte erst im Achtelfinale an der späteren Siegerin Simona Halep aus Rumänien.
Durch ihren Auftritt in Wimbledon hat sich Gauff nachhaltig auf die Tennis-Landkarte gespielt, die ehemalige Weltranglistenerste der Juniorinnen galt schon zuvor als riesiges Talent, so richtig wahrgenommen wird sie allerdings erst seit Wimbledon. Pressekonferenzen mit ihr waren so gut besucht wie die der Top-Stars, schließlich musste sie ja auch viel erklären. Zum Beispiel, dass sie „Coco“ gerufen wird, weil der Vorname ihres Vaters so ähnlich ausgesprochen wird wie ihr eigener und es deswegen immer wieder zu Missverständnissen kam.
Später im Jahr folgten der Einzug in die dritte Runde der US Open und der erste Turniersieg bei den Frauen in Linz. Dort hatte Gauff eigentlich schon in der Qualifikation verloren, rückte als „Lucky Loserin“ ins Hauptfeld und holte tatsächlich den Titel. „Das ist krank“, sagte sie hinterher. Angenehmer Nebeneffekt des Erfolges: Bei den Australian Open musste sie sich als Nummer 66 der Welt nun nicht mehr durch die Qualifikation spielen.
„2019 war so ein unglaubliches Jahr und ich habe so viele meiner Ziele erreicht. Dennoch arbeite ich natürlich an vielen Dingen in meinem Spiel“, sagte Gauff in Auckland gleichermaßen rückblickend wie vorausschauend. Ein wichtiges Datum wird für sie ihr Geburtstag am 13. März. Als dann 16-Jährige darf sie in den folgenden zwölf Monaten immerhin 16 Turniere auf der Frauentour spielen, zuvor waren es nur zehn. Ihr Aufstieg in die Weltspitze dürfte sich deshalb weiter beschleunigen, für das Frauentennis ist das eine gute Nachricht.
Gauff könnte das Erbe der Williams-Schwestern antreten
Die Ära von Venus und Serena Williams wird sich eher früher denn später dem Ende zuneigen, auch wenn Serena in Melbourne noch einmal die Spielerin sein dürfte, die es zu schlagen gilt. Venus ist davon schon lange weit entfernt, für ein paar Turniere greift sie aber auch als 39-Jährige immer noch zum Schläger. Spiele gegen Coco Gauff wie das am Montag in der Margaret-Court-Arena, dem zweitgrößten Platz in Melbourne, dürften dabei sogar als besondere Höhepunkte durchgehen.
Für die Veranstalter sind sie das sowieso. Auch wenn Coco Gauff bisher allein schon aufgrund ihrer Jugend noch wenig Erfolge vorweisen kann, so ist sie dennoch bereits ein absoluter Publikumsmagnet. Wie selbstverständlich bewegte sie sich am vergangenen Mittwoch bei der Benefizaktion für die Opfer der Buschfeuer in Australien inmitten der großen Stars der Szene.
Und die Popularität hat sich für Coco Gauff auch finanziell bereits ausgezahlt. Ein Sportartikelhersteller hat schon 2018 Millionen in sie investiert, inzwischen wird die US-Amerikanerin von Roger Federers Agentur vermarktet. Wer derart prominente Förderer hat, muss sich um seine Zukunft außerhalb des Profisports kaum noch sorgen – anders als um die Wortwahl auf dem Tennisplatz vor laufenden Kameras.